Jonathan Lear
Den Untergang einer Kultur durcharbeiten
Psyche, 2007, 61(4), 345-367
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Verlag: Klett Cotta/Psychosozial-Verlag
23 Seiten, Geheftet
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Am Beispiel der Crow-Indianer, eines Stammes, der in der Prärie im
Nordwesten Nordamerikas lebte, und ihres letzten bedeutenden
Häuptlings, Plenty Coups, wird beschrieben, wie eine Kultur die
Probleme durcharbeitet, mit denen sie aufgrund ihrer drohenden
Vernichtung konfrontiert ist. Vor allem die kollektive Benutzung
von Träumen und Traumdeutung ermöglichte es dem Stamm, ein neues
Ich-Ideal zu entwickeln und herkömmliche Scham- und
Demütigungszuweisungen auf diese Weise zu transformieren. Dies
schuf zudem die Voraussetzung für eine Transformation der
psychischen Struktur und eröffnete den Crow-Indianern neue
Möglichkeiten, als Crow ein gutes Leben zu führen. Umgekehrt kann
die Gefahr eines Zivilisationszusammenbruchs neue Möglichkeiten für
die konzeptuelle Entwicklung der Psychoanalyse aufzeigen. Die
Psychoanalyse muss insbesondere anerkennen, dass eine Destruktion
auf der Ebene der Kultur erfolgen kann, ohne dass die Individuen
körperlichen Schaden nehmen. Die psychischen Zustände der
betroffenen Individuen sind unterschiedlich und komplex und können
nicht unter die Kategorie Trauma subsumiert werden. Eine Kultur
kann vernichtet werden, ohne dass es eine Eins-zu-eins-Beziehung zu
den psychischen Zuständen der Individuen gibt, die ihr angehören.
Gleichzeitig werden zahlreiche psychische Zustände durch den
Zusammenbruch einer Lebensweise unmöglich gemacht. Diese Phänomene
verstehen zu lernen ist eine unverzichtbare Voraussetzung, wenn man
begreifen möchte, wie eine Kultur die Gefährdung ihrer eigenen
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