Werner Bohleber
Erinnerung, Trauma und kollektives Gedächtnis - Der Kampf um die Erinnerung in der Psychoanalyse
Psyche, 2007, 61(4), 293-321
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Verlag: Klett Cotta/Psychosozial-Verlag
29 Seiten, Geheftet
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Lebensgeschichtliche Erinnerung und die Rekonstruktion der
Vergangenheit haben in der gegenwärtigen klinischen Theorie der
Psychoanalyse ihre zentrale therapeutische Funktion eingebüßt, die
sie bei Freud hatten. Der Autor zeichnet diese Entwicklung nach und
zeigt, wie das Trauma und seine Erinnerung dazu quer steht. Er
diskutiert das Problem der Veridikalität von Erinnerungen.
Traumatische Erinnerungen unterliegen beim Wiedererinnern nicht
einer Transformation durch die Gegenwart. Sie bilden eine Art von
Fremdkörper im psychisch-assoziativen Netzwerk, stellen aber keine
exakte Replik des traumatischen Ereignisses dar, sondern sind
spezifischen Umarbeitungen ausgesetzt. Einige der psychischen
Vorgänge in diesem abgekapselten Bereich werden beschrieben. Um die
dort herrschende Dynamik aufzulösen und Phantasie und traumatische
Realität zu entflechten, bedarf es der Erinnerung und einer
Rekonstruktion der traumatischen Ereignisse in der analytischen
Behandlung. Der Autor beschreibt im Anschluss daran im Zusammenhang
mit den man made disasters die vitale Bedeutung des
gesellschaftlichen Diskurses über die historische Wahrheit für das
betroffene Individuum und die Gesellschaft. Oft setzt hier ein
Nichtwissenwollen ein, um sich nicht mit den Verbrechen, dem Grauen
und dem Leid der Opfer konfrontieren zu müssen. Vor allem beim
Holocaust stellt sich für die historische Beschreibung das
zusätzliche Problem, ihn nicht sinnstiftenden Kategorien zu
unterwerfen, in denen der Horror und der traumatische Charakter der
Ereignisse verschwinden. Verbrechen zu erinnern entwickelt eine
besondere Dynamik. Der Autor beschreibt diese sowie deren
transgenerationelle Wirkungen für die deutsche
Nachkriegsgesellschaft. Er zieht folgendes Fazit: Sich den
Problemen einer vielfältigen traumatischen Realität zu stellen
heißt auch, einen Kampf darum zu führen, der Erinnerung wieder
einen angemessenen Platz in der Psychoanalyse zu verschaffen. (c)
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