Horst-Eberhard Richter
Kindheit in der postmodernen Gesellschaft (PDF-E-Book)
Psychoanalytische Familientherapie 2004, 5(1), Nr. 8, 3-14
EUR 5,99
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Verlag: Psychosozial-Verlag
12 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen im Juni 2004
Bestell-Nr.: 29036
Die in der ersten Nachkriegszeit in Deutschland aufwachsenden
Kinder erlebten ein Klima, das infolge von jahrelanger Zerreißung
oder Vertreibung der Familien von der Sehnsucht nach engem
Zusammenhalt geprägt war. Der Überlebenskampf in Armut und inmitten
von Bombentrümmern machte bewusst, dass man unmittelbar aufeinander
angewiesen war. Die Zweierbeziehung und die Familie boten sich als
eine kompensatorisch erfüllende Gegenwelt inmitten einer materiell
und moralisch geschlagenen Gesellschaft an. In meinem Umkreis,
überwiegend Familien mit Rückkehrern aus Kriegsgefangenschaft,
freute man sich trotz Armut, Hunger und Stress auf Kinder. Nach
jahrelanger Isolierung voneinander durch Krieg, Evakuierungen und
Gefangenschaft war das Zusammenleben mit Kindern etwas wie die
Wiederherstellung einer vollständigen Lebensgemeinschaft. Aber das
bedeutete für viele Kinder auch eine emotionale Überforderung. Sie
bekamen zu spüren, dass die psychisch geschädigten Eltern sie
unbewusst stark mit eigenen Erwartungen beanspruchten. Sie sollten
Freude stiften, sollten helfen, psychische Entbehrungen zu
kompensieren, sollten aber auch erfolgreich funktionieren, um
Selbstwertdefizite der Eltern wettzumachen. Sie hatten Eltern, die
mit ihrer Vergangenheit im totalitären System des Hitler-Krieges so
oder so traumatisiert waren, sei es durch entwürdigende Anpassung,
sei es durch aktive Verwicklung in Ungerechtigkeit oder
Inhumanität, sei es durch Erleiden von Verletzungen und Verlusten.
Das trugen die Eltern meist sprachlos mit sich herum. Viele wollten
sich darin nicht mehr wieder erkennen, was sie vor kurzem noch
gedacht und getan hatten. Die Kinder empfanden dumpf etwas von
dieser Last, aber nur indirekt, indem sie – unbewusst – mithelfen
sollten, die Eltern von dieser psychischen Bürde zu befreien.