Jan Weisser
Für eine anti-essentialistische Theorie der Behinderung (PDF-E-Book)
Behindertenpädagogik 2007, 46(3-4), 237-249
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Verlag: Psychosozial-Verlag
13 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 23081
In diesem Aufsatz geht es darum, Elemente einer
anti-essentialistischen Theorie der Behinderung zu formulieren. Als
essentialistisch bezeichne ich grundsätzlich jede Konzeption,
welche Menschen und Dinge als durch ihnen zukommende, angeblich
spezifische und feste Eigenschaften bestimmt sehen.
Anti-essentialistisch meint dann eine Konzeption, welche sich
erstens gegen alle Formen von Essentialismus richtet. Das ist die
kritische Komponente, die ich als Resultat eines historischen
Lernprozesses im Umgang mit gesellschaftspolitischen Fragen nach
dem Zweiten Weltkrieg begreifen und verteidigen werde.
Anti-essentialistisch meint zweitens eine Konzeption, welche im
positiven Sinne Apparaturen bereitstellt, die
nichtessentialistische Formen der Thematisierung von Behinderung
ermöglichen. Das ist die konstruktive Komponente, die ich als
konsolidiertes Ergebnis von Studien zur Wissenskonstruktion rund um
das, was wir heute Behinderung nennen, zur Diskussion stelle. Diese
Apparatur verfügt über drei Komponenten: Erstens wird Behinderung
als historischer Konflikt zwischen Fähigkeiten und Erwartungen
verstanden. Zweitens wird dieser Konflikt nicht als Konflikt des
Individuums mit der Gesellschaft, sondern als Problem der
Zugehörigkeit begriffen. Drittens wird das Problem der
Zugehörigkeit nicht statisch, sondern prozessual konzipiert als
politischer Prozess und als Erfahrung. Alles, was wir als
Eigenschaft von Menschen und Dingen zu verbuchen versucht sind,
wird auf diese Weise als zeitliche Lösung eines gesellschaftlichen
Widerspruchs erkenn- und behandelbar.