Günter Franzen
Vor den Müttern sterben die Söhne - Marginalien zu einer demographischen Randerscheinung (PDF-E-Book)
Freie Assoziation 2004, 7(3), 101-111
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Verlag: Psychosozial-Verlag
11 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 21039
In Deutschland liegt die durchschnittliche statistische
Lebenserwartung für Frauen derzeit bei 83, für Männer bei 80
Jahren. Die wenigen Neugeborenen, die heute in Westeuropa das Licht
der Welt erblicken, dürfen nach realistischen Prognosen sogar damit
rechnen, dass sich das vor ihnen liegende Zeitkontingent noch
einmal um zehn Prozent erhöht. Wenn man den demokratischen
Selbstregulierungskräften unserer Gesellschaft zutraut, die aus der
demographischen Entwicklung resultierenden Belastungen für die
sozialen Sicherungssysteme auf lange Sicht zu meistern, wenn man
zudem das Leben liebt oder auch nur am ihm hängt, weil die Aussicht
auf das Jenseits für den Bewohner des Abendlandes wenig verlockend
erscheint, ist das Privileg eines langen Lebens eine sicher
allseits dankbar begrüßte soziale Errungenschaft. Wendet man sich
von der objektiven Datenlage ab und dem statistisch gewiss
unerheblichen subjektiven Erleben zu, verfestigt sich allerdings
der Eindruck, dass meinen männlichen Altersgenossen, den Kriegs-
und Nachkriegskindern der Geburtsjahrgänge 1940 bis 1950, aus denen
sich die Studentenbewegung rekrutierte, die Teilhabe an der
allgemeinen Errungenschaft eines langen und womöglich
beschwerdefreien Lebens in bedrängend hoher Zahl verwehrt bleibt.
Viele sind gestorben, und das Sterben will kein Ende nehmen. Wir
stehen an den Gräbern unserer Wegbegleiter, und im Zustand der
Verlassenheit, in dem das erhabene Gewahrwerden des endgültigen
Verlustes und das gemeine Selbstmitleid eine undurchdringliche
Mischung eingehen, drängt sich eine martialische Metapher auf: Die
Einschläge, so das bange Empfinden, werden dichter.