Gerald Hüther
Die Angst vor der Einsamkeit im Alter. Neurobiologische Hintergründe und therapeutische Implikationen (PDF-E-Book)
Psychotherapie im Alter 2012, 9(4), 477-485
EUR 5,99
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Verlag: Psychosozial-Verlag
9 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 20338
Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verbundenheit einerseits und
nach Autonomie und Freiheit andererseits bringt jeder Mensch bei
seiner Geburt bereits mit auf die Welt und die Suche nach
Möglichkeiten zur Stillung dieser beiden Grundbedürfnisse bestimmt
den Lebensweg aller Menschen bis zum Tod. Die dabei im Laufe des
Lebens gemachten Erfahrungen werden in Form spezifischer neuronaler
Verschaltungsmuster im präfrontalen Cortex verankert. Sie bestimmen
unsere Bewertungen, lenken unsere Aufmerksamkeit, unser Denken,
Fühlen und Handeln. Zu diesen prägenden Erfahrungen zählen auch
Erfahrungen eigener Ohnmacht und Hilflosigkeit, nicht selten noch
eigene Schuldzuschreibungen, Verletzungen und psychische
Traumatisierungen. Diese negativen, Angst und Verunsicherung
auslösenden und das eigene Selbstverständnis, Selbstvertrauen und
Selbstwirksamkeitskonzept unterminierenden Erfahrungen machen
Menschen vor allem in ihrer Beziehung mit den ihnen emotional
nahestehenden Bezugspersonen. Den meisten Erwachsenen gelingt es,
diese negativen Erfahrungen und die damit einhergehenden Ängste
durch unterschiedliche Bewältigungsstrategien, durch vielfältige
Aktivitäten im Familienund Berufsleben mehr oder weniger effizient
zu verdrängen, zu kompensieren oder zumindest vorübergehend zu
vergessen. Mit zunehmendem Alter und dem Wegfall dieser
Kompensationsmöglichkeiten durch eigene Aktivitäten einerseits und
dem Verlust Sicherheit bietender Bindungsbeziehungen andererseits
werden jedoch die früher gemachten negativen Erfahrungen wieder
wach und aktivieren das Angstund Stresssystem im Gehirn. Oft sind
ältere Menschen diesen Ängsten dann hilflos ausgeliefert. Ihre
bisher eingesetzten Bewältigungsstrategien sind unbrauchbar
geworden und nennenswerte Erfahrungen von erfolgreich bewältigten
Ängsten haben sie in ihrem Leben nicht gemacht. Sie fühlen sich
einsam, hilflos und ohnmächtig und entwickeln individuell bisweilen
sehr unterschiedliche, angstbedingte somatische oder psychische
Störungen. Der damit einhergehende Verlust an Autonomie erzeugt
weitere Verunsicherung und Angst, und so entsteht sehr leicht ein
Teufelskreis, aus dem ältere Menschen allein keinen Ausweg mehr
finden. Im Fokus der Bemühungen bei der Begleitung älterer Menschen
muss daher die Wiedererlangung verlorenen Vertrauens stehen: durch
Erfahrungen eigener Kompetenz, durch Erfahrungen emotionaler
Verbundenheit und durch Erfahrungen der Sinnhaftigkeit und
Eingebettetheit der eigenen Lebensgeschichte in einem
transpersonalen Kontext.
Abstract:
The need of belonging and of solidarity on the one hand and of
autonomy and freedom on the other is innate in every person. The
search for ways to fulfill these two basic needs defines every
person’s way of life until he or she dies. The experiences
throughout one’s life are fixed in the form of specific neuronal
networks in the prefrontal cortex. They determine one’s assessment,
guide one’s attention, one’s thinking, feelings and actions. Among
others, these experiences are those of one’s own powerlessness and
helplessness, oftentimes also blaming oneself, injuries or psychic
traumatic experiences. These negative experiences which cause fear
and insecurity and undermine one’s self-conception, self-confidence
and concept of one’s own efficiency especially occur to people in
relationships with emotionally close psychological parent. Most
adults more or less achieve to repress, compensate or at least
temporarily forget these negative experiences and the accompanying
fears with the help of different strategies of coping and various
activities in family and work life. With increasing age and the
discontinuation of these opportunities of compensating by own
activities and the loss of relationships which are affected by
attachment that offer security, negative experiences from younger
age awaken again and activate the fear and stress system of the
brain. Old people are oftentimes at the mercy of these fears.
Strategies of coping which they formerly applied have become
useless. They feel lonely, helpless and powerless and individually
develop occasionally very different somatic or psychic disorders
caused by fear. The loss of autonomy involved produces further
insecurity and fear, which easily causes a vicious circle that
older people cannot escape on their own. Efforts in accompanying
older people should focus on regaining lost trust: by experiencing
their own competence, emotional attachment and sensibility and
embeddedness of their own story of life in a transpersonal context.