6. Februar 2018 (Hamburg)
2018-02-06
Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung »Kulturelle Sicht auf Seelische
Not. Zur Anthropologie von Gesundheit und Krankheit«
Die medizinische Sicht dominiert die
Wahrnehmung seelischer Not. Und doch ist sie nur eine Variante, historisch
betrachtet nur eine Episode. Lange Zeit war die Philosophie
selbstverständlicher Teil der Medizin und der Ausbildung zum Arztberuf. Die
sozialen Aspekte seelischer Not sind ebenfalls wichtig; Armut entscheidet mit
über die Schwere, Häufigkeit und Dauer psychischer Erkrankungen.
Der kulturelle Vergleich kann helfen, den Blick wieder zu öffnen für den
gesellschaftlichen Zusammenhang.
Ziel der Vorlesungsreihe
Anthropologische Psychiatrie ist seit ihrem Start im Jahr 2000, ein
menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die
Abweichung von statistischen Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu
reduzieren. Philosophische Betrachtungen zu Menschenbild und therapeutischem
Handeln eröffnen einen neuen Diskurs zwischen sozialer und somatischer
Psychiatrie, Medizin und Psychologie, zwischen Betroffenen, Angehörigen und
Profis, beruflichen Experten und solchen Experten aus eigener Erfahrung.
»›Der Sinn für die Darstellung meines traumhaft innern Lebens….‹ – Zu
Franz Kafka«
Dr. Torsten Flögel / Dr. Marlies
Graser, Beratungsstelle Albatros, Berlin-Pankow
In den Texten von Franz Kafka kommen existentielle Erlebnisse und Erfahrungen
des Menschen zur Sprache, die uns auch in der Anthropologischen Psychiatrie
beschäftigen: Fremdheit und Verfremdung; Sinn und Sinnlosigkeit; Verlust von
(Selbst-) Verständlichkeit; die Not des Menschen durch ein Ausgeliefertsein an
anonyme Mächte – sowie eine fortlaufende Bewegung im Text, die nie an ihr Ziel
kommt. Welche Berührungen sind in den Texten zu psychotischem Erleben, aber
auch zu der Realität, in der wir leben? Wir gehen dieser Frage nach,
vornehmlich anhand von Textstellen aus den beiden Romanfragmenten „Der Process“
und „Das Schloss“ sowie aus Tagebüchern und Briefen Kafkas.
Termin:
6. Februar 2018, 18–20 Uhr
Koordination:
Prof. Dr. Thomas Bock / Prof. em. Dr. Dr. Klaus Dörner
beide Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Veranstaltungsort:
Universität Hamburg
Hauptgebäude
Edmund-Siemers-Allee 1, Hörsaal A
20146 Hamburg
Weitere Informationen:
www.zfw.uni-hamburg.de