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Liedermacher erinnert an Gefängnis und Folter
Wenn der Psychoanalytiker und Liedermacher Karl-Heinz Bomberg
zu seiner Gitarre greift, Geschehnisse aus seiner DDR-Haft besingt oder in
seinem Buch »Heilende Wunden – Wege der Aufarbeitung politischer Traumatisierung
in der DDR« andere Zeitzeugen, ehemalige Häftlinge zu Wort kommen lässt, dann
ist es im Pforzheimer DDR-Museum mucksmäuschenstill. Denn das Erlebte berührt,
geht unter die Haut. »Die Zelle war zirka 2,5 mal 3,5 Meter groß, düster und kaum
Licht vorhanden. Es gab kein Wasser und kein Waschbecken. In der Ecke stand ein
runder Blechkübel mit Deckel, worin ich meine Notdurft verrichten musste. Der
Gestank von Ammoniak lag in der Luft«, schildert der Arzt, Autor und Liedermacher
aus Berlin das Schicksal von Gino Kuhn, der als Fluchthelfer tätig war und das
im Gefängnis Erlebte später auch in Kunst, in düsteren und beklemmenden Bildern
aufarbeitete, die ebenfalls in Pforzheim zu sehen waren. »Der Mensch ist ein soziales
Wesen. Wir brauchen die Mitmenschen. Das bemerkt man spätestens in der Zelle«,
sagt der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, der immer
wieder Menschen wegen ihrer politischen Traumatisierung behandelt.
»Die Anfangszeit im Gefängnis ist die schlimmste«, weiß
Bomberg aus eigener Erfahrung. »Sind Sie der Liedermacher Bomberg? Wir hätten
da mal ein paar Fragen zu ihren Liedern, Zweck und Sinn«, singt der Arzt leise
und bewegt. Auch Besuchserlebnisse hält Bomberg musikalisch fest. An jene Zeit erinnert
ebenso der Zellenblues.
Doch es sind nicht nur die Lieder, die schmerzhafte, aber
auch schöne Erinnerungen – auch diese verbindet Bomberg mit der DDR – zurückbringen.
Vor allem aber ist es das Erlebte vieler politischer
Gefangener in der DDR, was Bomberg auch im Buch festhält. »Die menschliche
Folter ist das Schlimmste, weil sie gezielt angewendet wird«, ist der Arzt
überzeugt. Der innere Dialog entscheide über das Überleben, aber auch Religion,
Gebet und Spiritualität hielte politische Gefangene am Leben. Bomberg erinnert sich
an Yoga-Übungen, die ihm im Gefängnis eine Hilfe waren.
»Auch wenn einige dahinter eine konspirative Bewegung vermuteten,
konnte ich diese davon überzeugen, dass es sich um gesundheitsfördernde, regulierende
Maßnahmen handelt«, sagt der Psychotherapeut mit einem Schmunzeln.
Silke Fux, Pforzheimer Zeitung vom 28. Juni 2018
Weitere Lesungen von Karl-Heinz Bomberg in unserem Veranstaltungskalender:
15. August 2018
(Perleberg)
4. September 2018
(Halle)
9. September 2018
(Dresden)
11. September 2018 (Potsdam)
18. September 2018
(Hiddensee)
28. September 2018 (Angermünde)
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