Rezension zu Liebe über Alles - Alles über Liebe

www.uni-online.de

Rezension von Mario Paul

Die vorliegende Rezension behandelt das Werk »Liebe über Alles – Alles über Liebe« von Thomas Ferdinand Krauß mit dem Untertitel »Ein aktueller Versuch über die »Kunst des Liebens«, welcher schon ahnen lässt, womit sich das Sachbuch, erschienen beim Psychosozial-Verlag im Jahr 2009, beschäftigt. Bewusst schreibe ich »Werk« und nicht »Buch«, da es mit immerhin 593 Seiten doch schon ein ganz guter Brocken ist.

Jedoch positiv ist, wie ich finde, dass die Kapitel auch eigenständig lesbar sind, ohne aus dem Zusammenhang gerissen zu sein.
Wer ein Buch wie, »Der perfekte Verführer« von Oliver Kuhn oder »The Game« von Neil Strauss erwartet, liegt definitiv daneben. Denn es geht um die wirkliche Liebe, die der Autor versucht, begreifbar zu machen, indem er die aktuellen Diskurse um das Thema Liebe zusammenführt.
Der Autor ist ein erfahrener Paartherapeut, der durch langjährige Beobachtung der Gestalt der Liebe, ihrem Scheitern aber auch der mehrfachen Begegnung mit der wirklichen Liebe zum Entschluss kommt, dass wirkliche Liebe möglich ist. Dabei kann er sein Wissen auf Anstellungen in Sucht- und Psychiatrischen Kliniken, auf Erfahrung im Coaching von Führungskräften in Non-Profit-Unternehmen und auf Supervision von therapeutischen Teams stützen.

Positiv bewerte ich, dass der Autor Krauß mitunter sehr häufig Zitate anführt und, wie er am Anfang des Buches auch ankündigt, Inhalte verschiedener Sachbücher zum Thema analysiert, vergleicht und faktenreich darlegt. Dabei ist seine Sprache mitunter durchaus wissenschaftlich gewählt, was mich anfangs doch überraschte. Zunehmend wächst jedoch die Lust, dem Autor zu folgen, was bei seinem Schreibstil auch keineswegs langweilig wird, zumal auch öfter kleinere Späße und versteckte Ironien das Fachliche auflockern.

Er bündelt wirkliches Wissen zum Thema Liebe, was ich besser finde, als dem Leser subjektive Meinungen aufzudrängen. Und dies äußerst informativ und zum Nachdenken anregend. Dabei erstreckt sich der Hintergrund dieses Wissens weiter als man glauben mag. Es wird nichts vergessen: Biologie, Psychologie, Therapie, Forschung, Evolutionsgeschichte und ihre Risiken bei der Betrachtung, soziale Gesichtspunkte und viele mehr. Er gewinnt durch kritisches Betrachten der verschiedenen Denkansätze neue Erkenntnisse, die einen gut strukturierten und interessanten Fortlauf des vorliegenden Werkes sichern.
Dennoch wird das Thema nicht rein wissenschaftlich-steril behandelt, was meiner Meinung nach den Reiz des Buches ausmacht. Es wird aber auch nichts schön geredet, keine rosarote Brille aufgesetzt, sondern um ganzheitliches Betrachten dieser wunderschönen Angelegenheit bemüht, wohingegen auch des Öfteren offen kritisiert wird: und zwar unter anderem gegen die Gleichstellung der Liebe mit Sex, die Pornografierung mit Abtötung von Lust und wirklich gelebter Liebe, esoterische Überheblichkeiten und weitere.
Beispielhaft verdeutlicht der Autor eine mögliche Entwicklung der Liebe mit all ihren unterbewusst ablaufenden Feinheiten, dem Entscheiden für den Anderen und der Fortgang der Liebe. Auch geht Krauß auf die Sexualität ein, vorrangig auf die psychisch ablaufenden Verhaltensmuster, u.a. das scheinbar gegenseitig faire Verhandeln zwischen Sexualpartnern.
Kommunikation und Interaktion sind ein wesentliches Bestandteil vom Weg der Verliebtheit zur Liebe. Scheinbar einfach lockt der Autor zum Lesen des wirklich geistreichen Werks.

Wie wird das auch heute sehr aktuelle Thema Liebe definiert? Was hat Liebe mit Sex zu tun? Wie entwickelt sich Liebe? Was wissen wir heute über Liebe? Wie wichtig ist Liebe für den Menschen bzw. die Gesellschaft? Welche Gefahren lauern der wirklichen Liebe?
Das sind nur Bruchteile von Fragen, die der Autor versucht mit dem heutigen Stand des Wissens über Liebe zu beantworten. Aktuelle Erkenntnisse und Einsichten ebnen den Weg für ein neues, besseres Verständnis.
Dabei kann das Buch meiner Meinung nach auch für Paare sehr nützlich sein, das Thema besser zu verstehen, zu deuten, möglicherweise auch Träume bezüglich der Liebe aufzugeben, die früher oder später in Frustration gipfeln würden. Der Autor distanziert sich davon, einen Ratgeber für Beziehungsprobleme geschrieben haben zu wollen. Das ist es in der Tat nicht. Jedoch kann man durch besseres Verstehen der Liebe auch mit eventuell bestehenden Problemen in der Beziehung einfacher umgehen. Zum Beispiel sagt er, dass Liebe ein fortlaufender Prozess ist, der nicht einfach da ist, wenn man nichts – beiderseitig – dafür tut. Liebe kann also nur Bestehen, wenn sie fortlaufend neu erzeugt wird. Auch das Eingehen auf den »Traum der großen Liebe« finde ich sehr interessant. Wirkliche Liebe kann nicht dauerhaft einseitig bestehen. Dabei spricht der Autor stets von der jetzt und hier gelebten Liebe.

Ich mag dieses Buch und denke, dass ich es noch öfter lesen werde, da manche Kapitel doch hintergründiger sind, um sie mit einem Mal Lesen vollständig hinterleuchtet zu haben. Für mich war es eine Art Feuerwerk an neuen Erkenntnissen über dieses Thema, was so allgegenwärtig ist, was man aber doch im Alltag oft nur oberflächlich deutet, hinterfragt und hin nimmt.

www.uni-online.de

zurück zum Titel