Rezension zu Gruppenanalytische Supervision und Organisationsberatung
Freie Assoziation 01/2007
Rezension von Thomas Mies
Die Gruppenanalyse hat sich zuerst in der Leitung
psychotherapeutischer Kleingruppen und in enger Anlehnung an die
Psychoanalyse professionell etabliert. Dabei ist in den Hintergrund
getreten, dass bei der Herausbildung der Gruppenanalyse im Kontext
der britischen Militärpsychiatrie während des Zweiten Weltkriegs
Fragen der Team- und Organisationsentwicklung eine wichtige Rolle
gespielt haben und S.H. Foulkes als Begründer der Gruppenanalyse
auch zu den Pionieren der Konzeption der therapeutischen
Gemeinschaft gehört. So ist auch die Interdisziplinarität des
gruppenanalytischen Theorieansatzes, der seine Wurzeln nicht nur in
der Psychoanalyse, sondern auch in der Gestaltpsychologie, der
Neurobiologie und der Soziologie hat, lange Zeit nur sehr selektiv
wahrgenommen und für seine Weiterentwicklung genutzt worden.
In den letzten Jahrzehnten haben aber Supervision und
Organisationsberatung in der professionellen Praxis der
Gruppenanalyse zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es scheint daher an
der Zeit, die oben angesprochenen Vereinseitigungen zu korrigieren.
Der vorliegende Sammelband stellt einen solchen Korrekturversuch
dar. Er gibt mit zahlreichen Fallbeispielen einen ersten
zusammenfassenden Überblick über die Erfahrungen, die deutsche
Gruppenanalytiker/innen in Supervision und Organisationsberatung
gesammelt haben. Er arbeitet zugleich eine Reihe von Standpunkten
und kontroversen Fragen heraus, die für die Gruppenanalyse mit dem
Übergang von der psychotherapeutischen Kleingruppe zu
professionellen Teams und Organisationen verbunden sind bzw. durch
ihn zugespitzt werden. Der Untertitel kündigt eine Einführung an.
Für eine Einführung fehlt es allerdings an einem
Inhaltsverzeichnis, das eine Orientierung und erste Übersicht
ermöglicht und nicht bloß die Beiträge ohne Themenblöcke und
Zwischenüberschriften ungegliedert aneinander reiht, zumal
vermutlich viele potenzielle Leser das Buch nicht von vorne bis
hinten zu lesen wünschen, sondern speziell an einzelnen Themen und
Beiträgen interessiert sind. Und die Literaturverzeichnisse am
Schluss der einzelnen Beiträge, die zusammen mit den entsprechenden
Hinweisen im Text die weiterführende Literatur erschließen sollen,
erweisen sich bei näherer Prüfung leider immer wieder als
lückenhaft.