Rezension zu Befreiungsbewegung für Männer
Mann in der Kirche
Rezension von Martin Hochholzer
Zorn – ja, er ist schon etwas zu spüren. Aber dann doch nicht so
stark, wie ich erwartet hätte. Trotzdem: In dem Buch geht es um
das, was auf dem Titel draufsteht: dass die Manner aufstehen, eine
Bewegung bilden und sich befreien. Befreien vom »organisierten
Feminismus«, von einem System, das in Gesellschaft und Politik fest
etabliert ist, das die Deutungshoheit errungen hat, einseitig
Frauen begünstigt und die berechtigten Interessen von Männern
geflissentlich übersieht.
Eine überzogene Ansicht der Herausgeber? Die 20 Beiträge bringen
jedenfalls viele handfeste Argumente und Zahlen. Sie identifizieren
Benachteiligungen und falsche Bilder von Männern in den
verschiedensten Bereichen: in der (Gleichstellungs-) Politik, die
fast nur die Frauen im Blick hat; in der Berufswelt, die Männer
nicht nur als Vorstände von Dax-Unternehmen kennt; in Familie, Ehe
und speziell bei Scheidungs- und Besuchsrechtsfragen, wo Männer
verzweifelt und oft vergeblich um Zugang zu ihren Kindern kämpfen;
im Bereich der Gewalt, die nicht nur männlich, sondern auch
weiblich ist; oder auf dem Gebiet der Gesundheit, wo die deutlich
geringere Lebenserwartung von Männern zu denken gibt.
Viel Stoff zum Streiten; und man muss auch nicht mit jeder
geäußerten These übereinstimmen. Umgekehrt kann man das Buch aber
auch keineswegs als einseitiges Pamphlet von frauenhassenden
Antifeministen abtun. Denn so sehr auch verschiedentlich in dem
Buch ein überzogener, männerverachtender Feminismus verurteilt
wird: An anderer Stelle werden z. B. ohne weiteres die
Errungenschaften des Feminismus gewürdigt (S. 323 f.). Trotz aller
Leidenschaftlichkeit und deutlicher Worte bemühen sich die Autoren
– und Autorinnen! – um ein differenziertes, ausgewogenes Bild.
Das Ergebnis ist ein unbequemes Buch, das den Blick schärft – oder
überhaupt erst öffnet und das Forderungen stellt: »Mithin ist dies
der SollZeitpunkt für eine Männerbewegung, die die Frauenbewegung
notwendig ergänzt und unbedingt korrigiert« (S. II). Zugleich ist
das Buch ein Teil dieser bereits erfolgenden Ergänzung und
Korrektur: Man denke nur an die neueste Männerstudie von GKMD und
evangelischer Männerarbeit, die ja auch ein Indiz für einen
allmählichen Wandel der Gleichstellungspolitik ist. Freilich ist es
bis zu einer wirklichen Gleichstellung von Frauen und Männern noch
ein weiter Weg; und es ist zu hoffen, dass die sich entwickelnde
Männerbewegung nicht in das andere – radikal antifeministische –
Extrem fällt, sondern es wirklich – wie in dem Buch bereits
vorexerziert – zu einer konstruktiven Zusammenarbeit von Männern
und Frauen kommt.
Insgesamt also ein wichtiges, anregendes und auch aufregendes Buch
‑ für Männer und Frauen!
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