Rezension zu Befreiungsbewegung für Männer
ZPol - Zeitschrift für Politikwissenschaft
Rezension von Eva Voß
Dass sich auch Männer einem ganzheitlichen
»Emanzipationsfortschritt« verschreiben sollten, ist eine alte
(frauenbewegte) Forderung. In neuer Auflage wird sie nun von den
Autorinnen und Autoren dieses Bandes vertreten, allerdings mit dem
deutlichen Ziel, die Geschlechterungerechtigkeit innerhalb des
ohnehin als »Pseudo-Patriarchat« (14) deklarierten
Gesellschaftssystems zu Ungunsten der Männer zu belegen: Dafür
werden Altersstatistiken (»In keinem System auf diesem Planeten
lebt die Unterdrückte, die Benachteiligte und Verfolgte sechs bis
sieben Jahre länger als der Unterdrücker«) bemüht, Vergleiche um
höhere männliche Obdachlosen- und Unfallzahlen oder Suizidraten
herangezogen, die schlechten Ausbildungschancen zitiert (»Männer
üben auch in diesem Lande die gefährlichsten und unattraktivsten
Berufe aus, die meisten davon ohne jede Aufstiegschance«) und dem
institutionalisierten Feminismus unterstellt, dass derartige Themen
»seit Jahrzehnten nicht zum großen Gesellschaftsthema werden
[durften]« (14). Unbeachtet bleibt dabei jedoch, dass es
insbesondere in der Forschung nur geringfügiges Interesse von
Seiten der männlichen Fachvertreter an derartigen Fragestellungen
gab, welches überdies von den ohnehin nur marginal vertretenen
Fachfrauen wohl im Ernstfall kaum hätte verhindert werden können.
Bedauerlicherweise folgen dem wissenschaftlich mehr als
fragwürdigen Einleitungsteil weitere, stark polarisierende
Beiträge, die unter diesen Vorzeichen wenig Hoffnung auf eine
zukünftig zu erreichende Geschlechterdemokratie machen. Überdies
verhindern diese polemisch aufgezogenen Darlegungen (u. a. zur
Hydra Gender Mainstreaming, zum opfer- und leidensverliebten
Feminismus) und Aufrechnungen von Diskriminierungsbeständen
(weibliche Gewalterfahrungen versus männliche) eine sachliche und
zielführend gestaltete Diskussion um tatsächlich gesellschaftlich
stärker zu problematisierende Themen wie männliches Schulversagen,
Kriminalität von Jungen oder aktive Vaterschaft.
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