Rezension zu »Wie benimmt sich der Prof. Freud eigentlich?«

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Rezension von Jenny Vorbeck

Im Psychosozial Verlag ist das Buch »Wie benimmt sich der Prof. Freud eigentlich? Ein neu entdecktes Tagebuch von 1921 historisch und analytisch kommentiert« von der Herausgeberin Anna Koellreuter (Dr.phil. und Psychoanalytikerin aus Zürich) und mit Beiträgen von Thomas Aichhorn, Karl Fallend, Ernst Falzeder, John Forrester, Lilli Gast, André Haynal, Rolf Klüwer, Anna Koellreuter, Sebastian Krutzenbichler, Bernhard Küchenhoff, Ulrike May, Juliet Mitchell, Paul Parin, Pierre Passett, Claudia Roth, August Ruhs, Anne-Marie Sandler und Rolf Vogt 2009 erschienen.

Der Verlag selber verfolgt mit der Buchreihe »Bibliothek der Psychoanalyse« den Zweck, eine Basis zu schaffen, auf der man über die Psychoanalyse als Grundlagenwissenschaft, als Human- und Kulturwissenschaft und als klinische Theorie und Praxis diskutieren und neue Anregungen schaffen kann. Dabei werden alle Strömungen der Psychoanalyse vertreten, und mit den Nachbarwissenschaften wird ein Diskurs angeregt.

In dem hier vorliegenden Buch werden auf rund 320 Seiten Freud und seine Arbeitsweise thematisiert. Dies ist möglich, da die Herausgeberin die Tagebücher ihrer Großmutter gefunden und sich nach langer Überlegung und Absprache mit anderen Familienmitgliedern dazu entschlossen hat, diese Bücher der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, da sie einen hohen Wert für die Beurteilung von Freuds Arbeit haben. Diese Tagebücher sind, soweit bekannt, die einzigen Beweise, die den wohl berühmtesten Psychoanalytiker und seine Arbeitsweise beschreiben.
In dem Werk sind nach einem ausführlichen Vorwort der Herausgeberin die Tagebücher und Briefe ihrer Großmutter inklusive einiger Fotografien abgedruckt, anschließend äußern sich verschiedene andere Autoren, die von der Herausgeberin den im Jahre 2007 von ihr gehaltenen Vortrag an der Uni Tübingen, die Abschrift der Tagebücher und einen Zeitungsartikel über ihren Vortrag aus der Zeit erhielten und sich komplett frei und selbstständig zu dem ihnen vorliegenden Material äußern sollten. Es gab keinerlei Vorgaben, und so entschieden sich zum einen Anne-Marie Sandler das Tagebuch beziehungsweise das Schreiben solcher Bücher und die Bedeutung dessen zu thematisieren, und Ernst Falzender bezog sich in seinem Beitrag auf Freud als Person und bezog dabei auf beispielsweise Memoiren und Texte von Freud selbst mit ein. Natürlich wird auch die Analyse, die Freud tätigt, thematisiert. So schreiben André Haynal und John Forrester über dieses Thema und beleuchten es von verschiedenen Seiten beziehungsweise auf verschiedenen Bedeutungsebenen.
Am Ende des Buches werden die Autoren des Buches noch etwas genauer vorgestellt. Ein Literaturverzeichnis für das komplette Werk ist nicht nötig, da nach jedem Beitrag eines für die zurückliegenden Zeilen angefügt ist.

Dieses Werk lässt sich sehr gut lesen und ermöglicht es dank der verschiedenen Betrachtungs- und Herangehensweisen der beteiligten Autoren, sich ein umfassendes Bild über Freud und seine Arbeit zu machen. Dank der Tagebucheinträge wirkt alles viel realer und damit überzeugender, und das ist selbst für Laien merkbar.
Dank der freien Arbeitsweise eines jeden Beitragsspenders sind die einzelnen »Kapitel« natürlich nicht alle gleich aufgebaut, was das Lesen noch einmal spannender macht. Der Leser merkt sofort, wenn man von einem Autor zum anderen wechselt. Innerhalb des Buches wurden für das bessere Zurechtfinden die Urheber des gerade abgedruckten Beitrages immer oben neben der Seitenzahl abgedruckt, und falls der Leser mehr über die jeweilige Person wissen will, wird eine kleine Zusammenfassung der bisherigen Tätigkeiten am Ende des Buches gegeben und damit eventuell der Anreiz geschaffen, sich weiter mit dem oder der Autor(-in) zu beschäftigen.

Ich halte dieses Buch für gelungen und habe es gerne gelesen. Freud war mir bereits aus Schulzeiten ein Begriff und war deshalb oftmals allgegenwärtig. Dieses Werk ist spannender (sofern man bei einem Sachbuch davon überhaupt reden kann) als so manch anderes und eigentlich dank der historischen Beweise und der etwas anderen beziehungsweise freien Herangehensweise der Autoren auch für Skeptiker geeignet.


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