Rezension zu Bewaffneter Widerstand

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Rezension von Franziska Marschick

In »Bewaffneter Widerstand« wird die Geschichte von Tuvia Bielski erzählt, der als Partisan im Zweiten Weltkrieg durch sein Handeln unzählige Juden rettet.

Die Sprache zeichnet sich durch anspruchsvolle Sätze, oft mit erläuternden Nebensätzen aus. Dies hemmt den Lesefluss jedoch nicht.

Interessant an dem Buch, und was es unbedingt kennens- und lesenswert macht, ist, dass es auf einer wahren Begebenheit basiert und die Erzählung permanent durch Zeitzeugenaussagen gestützt wird. So wird dem Leser Authentizität vermittelt, welche die Geschichte noch spannender macht.
Ein weiterer Punkt, der das Buch absolut lesenswert macht, ist die Tatsache, dass die Autorin bewusst eine Handlung auswählt, die im Bewusstsein vieler Menschen nicht existent ist: die Rettung der Juden durch andere Juden. Es ist ein Zeichen für die Anerkennung der Aktivität vieler Juden in dieser Zeit.
Was mir ebenfalls an dem Buch gefallen hat, ist das Porträt der Zeit vor dem Krieg, womit das Buch beginnt. Es wird zuerst der Alltag der Menschen geschildert, aus dem sie später so unvermittelt herausgerissen werden. Dies kann der Leser unmittelbar verfolgen.
Spannend ist es auch, als Leser den Aufbau der Partisanengruppe zu beobachten. Ebenso das spätere Leben in dem Lager, das am Schluss Werkstätten und sogar ein türkisches Bad beinhaltet.
Schön ist auch die konkrete Nennung von Daten, die immer wieder den Bezug zum Kriegsgeschehen darstellt und dem Leser weiteres Geschichtswissen vermittelt.
Ebenfalls interessant ist der Vergleich von sowjetischen und jüdischen Partisanen. Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, aber dennoch so verschieden handeln.
Gelungen fand ich auch das psychologische Portrait, das von dem Partisanenführer Tuvia Bielski im Laufe der Geschichte gezeichnet und am Ende noch einmal vertieft wird. Tuvia, der sich in seine Rolle als Führer einfindet und in einer Ausnahmesituation unglaubliches leistet und gleichzeitig nach dem Krieg Schwierigkeiten hat seine Familie zu ernähren, da er im Alltag nicht die charismatische Person sein kann, die er zu Kriegszeiten war.

Schwierigkeiten beim Lesen der Erzählung gibt es besonders am Anfang für den mit jüdischen Namen nicht vertrauten Leser, da viele Namen kurz erwähnt werden, die später wieder bedeutsam werden. Auch wird zu Beginn vieles an Handlung komprimiert, was viel Konzentration vom Leser erfordert.
Kritische Punkte sehe ich inhaltlich an den Stellen im Buch, wenn oft lapidar erwähnt wird, dass einige Juden sich vornahmen nie in deutsche Gefangenschaft zu geraten und so überlebten. Es ist wahr, dass zum Überleben Kampfgeist und Überzeugung gehören, allerdings bin ich der Meinung, dass dies an vereinzelten Stellen zu einfach formuliert wird. Um wirklich zu überleben, waren oft vertraute und glückliche Umstände mit verantwortlich. Es gab sicher etliche Menschen, die einen gleich stark ausgeprägten Willen zum Überleben hatten, aber denen dieses Glück fehlte.
Schwer verdaulich wird das Buch auch an Stellen, an denen sehr realistisch beschrieben wird, wie Menschen getötet werden. Dessen sollte sich jeder potentielle Leser bewusst sein, dass dieses Buch nicht schnell mal zur Abendunterhaltung genutzt werden sollte, sondern Aufmerksamkeit braucht und ebenfalls einen Leser, der in der Situation des Lesens so gefestigt ist, die Gräueltaten des Krieges »mitzuerleben«. Dagegen lässt sich einwenden, dass die Dinge im Krieg nun einmal so waren. Dies ist richtig; jedoch ist die Warnung auszusprechen sich vor dem Lesen bewusst zu machen, dass man darin mit der Realität der Zeit des Nationalsozialisten Terrors konfrontiert wird. Ein Buch also für das man sich Zeit nehmen muss und das man nicht sofort restlos auslesen kann, da die darin geschilderte Stimmung einen oft emotional niederschlägt.

Dennoch finde ich, dass die positiven Elemente dieses Buches überwiegen und es absolut lesenswert ist. Durch seine Authentizität und die spannende Erzählweise bietet es die Chance sowohl Menschen, die sich wissenschaftlich mit der Geschichte befassen, als auch solche, die für Geschichte wenig Interesse haben, zu begeistern. Beispielsweise für Studierende der Geschichte gibt es somit eine Möglichkeit, Quellen in Verknüpfung einer Erzählung zu lesen und das »klassische Lehrbuch« einmal zu verwerfen. Durch die gut verständlichen Sätze kann es eine Erholung von der oft trockenen Geschichtsliteratur sein und dennoch ganz neue Erkenntnisse bringen.
Dadurch, dass diese Geschichte so verständlich erzählt ist, können auch »Geschichtsmuffel« Interesse an dem Erzählten finden. Denkbar wäre es auch dieses Buch in der gymnasialen Oberstufe einzusetzen, um auch die weniger Interessierten zu motivieren sich mit geschichtlichen Inhalten auseinanderzusetzen und kaum bekannte Aspekte (wie das Handeln von Tuvia Bielski) kennen zu lernen.
»Bewaffneter Widerstand« ein absolut lesenswertes Buch.


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