Rezension zu Befreiungsbewegung für Männer
MANNdat e.V.
Rezension von Dr. Bruno Köhler
Warum ein Buch, das eine Befreiungsbewegung von Männern propagiert?
Sind Männer nicht frei?
Geschlechterpolitik ist auch heute noch eine reine Mädchen- und
Frauensubventionierungs- und eine Jungen- und
Männersanktionierungspolitik. Jungen und Männer tauchen im
Geschlechterdiskurs nur als Faktor der Behinderung von Mädchen und
Frauen auf oder man sieht sie als Faktor der Frauenförderung. So
werden von staatlicher Seite Putz- und Bügelkurse für Jungen
bezahlt und prämiert. Welche Bildungsabschlüsse Jungen haben, ist
der Politik egal, solange sie tüchtige Hausmänner werden. Väter
interessieren nur da, wo sie die Partnerin entlasten können. Geht
die Partnerschaft aber in die Brüche, kann den Vätern das Kind
schneller entrissen werden als man das Wortungetüm »Gender
Mainstreaming« ausspricht. Und trotz massiver Patriarchatskritik
hat offensichtlich niemand der Kritiker bzw. Kritikerinnen etwas
dagegen, dass Männer ruhig weiter alleine die patriarchale
Drecksarbeit – sprich Zwangsdienste – tun dürfen.
Eine Geschlechterpolitik, die diese Zustände toleriert oder gar
fördert, ist keine Basis für eine echte Gleichberechtigung. Eine
Befreiungsbewegung für Männer tut also Not. Paul- Hermann Gruner
und Eckhard Kuhla wollen mit ihrem Buch Männer ermutigen,
selbstbewusst ihre Belange zur Sprache zu bringen, denn nur wenn
Männer beginnen, sich zu wehren, werden ihre Anliegen
wahrgenommen.
Das Buch stellt sich dieser großen Herausforderung, in dem es eine
Vielzahl renommierter Autoren und Autorinnen zu Wort kommen lässt,
die schon seit Jahren auf die berechtigten Anliegen von Jungen,
Väter, Männern hinweisen und diese zur Sprache bringen, z.B. Prof.
Gerhard Amendt, Warren Farrell, Karin Jäckel, Arne Hoffmann, Klaus
Hurrelmann, Beate Kricheldorf, Mathias Stiehler, Astrid von
Friesen, Hans-Joachim Lenz. Allein schon die Auswahl dieser Namen
zeigt, dass das Buch auf hohem Niveau ansetzt. Allerdings kommen
gerade die Vereine, die seit Jahren die Benachteiligungen von
Jungen und Männern öffentlich anprangern, nicht zu Wort, z.B. der
Verein MANNdat und der »Väteraufbruch für Kinder«. Gerade deren
Erfahrung bei ihren Bemühungen über jungen- und männerrelevante
Themen mit der Politik in Dialog zu treten, wären interessant
gewesen. Dies zeigt, dass das
Thema mit dem Buch noch nicht erschöpft ist – Potenzial für weitere
Autoren.
Die besondere Bedeutung des Buches liegt darin, dass das Buch nicht
nur eine Sammlung von Beiträgen zu dem Thema sein will. Die Autoren
verstehen sich vielmehr auch als einen losen Verbund von
engagierten Personen mit dem Ziel die Männeremanzipation
voranzutreiben.
Das Buch deckt einen weiten Teil der Themenbereiche ab, mit denen
sich eine Befreiungsbewegung für Männer auseinandersetzen muss.
Allerdings wird die Problematik der Trennungsväter bestenfalls am
Rande erwähnt. Wenn man bedenkt, das fast die Hälfte der Väter nach
einer Trennung den Kontakt zu ihren Kindern nahezu vollständig
verlieren – viele davon unfreiwillig-, ist dies natürlich ein
wichtiger Ansatzpunkt. Weiterhin fehlt ein Beitrag über
Männerzwangsdienste. Auch dies dürfte in einem Buch über die
Befreiung der Männer eigentlich nicht fehlen. Hier wird ja die
Zuschreibung festzementierter archaischer Männerrollenbilder – also
die Unfreiheit – sogar schon im Grundgesetz festgeschrieben.
Trotz der beschriebenen Mängel ist das Buch eine Bereicherung der
geschlechterpolitischen Diskussion und ein sehr wichtiges Buch für
die befreiende Männerbewegung, gerade weil sie viele, dieses Thema
prägende Persönlichkeiten zu Wort kommen lässt. Männer müssen sich
ihrer Ohnmacht bewusst werden und den Mut gewinnen, sich gegen ihre
Benachteiligungen offen zur Wehr setzen. Eine echte
Geschlechterdemokratie kann es nur geben, wo auch Männer gehört
werden. Das Buch ist somit geeignet, gerade Einsteigern in das
Thema einen Überblick zu geben und die Schwierigkeiten aufzuzeigen
mit denen eine Befreiungsbewegung für Männer zu kämpfen hat.
Dabei bleiben die Autoren und Autorinnen angenehm sachlich. Da das
Buch aber durchaus auch feminismuskritische Ansätze diskutiert,
wird es sicherlich trotzdem in feministischen Kreisen auf
ablehnende Kritik stoßen. Dies liegt aber nicht an mangelnder
Sachlichkeit des Buches, sondern eher an der charakteristischen
Intoleranz des real existierenden Feminismus gegenüber
Andersdenkenden. Es gehört zu einem wichtigen Schritt auf dem Weg
zur Befreiung des Mannes, selbstbewusst feministische Dogmen zu
hinterfragen.
Zu verschiedenen Einzelbeiträgen:
Gerhard Amendt beschriebt treffend ein Grundproblem der
Geschlechterpolitik – die Opferverliebtheit und die
Männerfeindlichkeit des Feminismus.
Passend dazu zeigt Karl-Heinz van Lier die Geschichte des »Gender
Mainstreaming« auf und legt dar, warum es entgegen seinem eigenen
Anspruch in der Praxis lediglich eine rigorose Ausrichtung der
Politik auf die Frauenquote ist. Unverblümt entlarvt er die Lüge
von einer Geschlechterpolitik, die auch die Anliegen von Jungen und
Männern berücksichtigen würde. Und er zeigt auch das
mütterfeindliche Bild des Feminismus. Welche Frau weiß denn schon,
dass eine Forderung Simone de Beauvoir war, Frauen das Recht zu
nehmen, zwischen Kind und Beruf zu wählen?
Karin Jäckel darf natürlich in einem Buch über eine befreiende
Männerbewegung nicht fehlen. Sie ist eine der prägendsten
Persönlichkeiten der Väterbewegung der ersten Stunde. Vielen
Männern und Vätern in der Männerbewegung wurden durch ihre
grundlegenden, ja geradezu revolutionären Arbeiten die Augen
geöffnet, für ihre Machtlosigkeit im Familienrecht und in der
Familienrechtspraxis.
Susanne Kummer beklagt die Radikalität, die die Geschlechterpolitik
mittlerweile genommen hat und die die Geschlechter einfach
abschaffen möchte.
Astrid von Friesen sieht die zunehmende Empathielosigkeit gegenüber
Jungen und Männern als eine gefährliche gesellschaftliche
Entwicklung, die Männern wie Frauen schaden wird. Sie fordert, auch
männliche Opfer als solche zu akzeptieren und sie
geschlechterpolitisch in den Blick zu nehmen.
Arne Hoffmann beschreibt die kritische Arbeitsmarktsituation von
Männern, insbesondere im Hinblick auf die Zukunftsperspektiven von
männlichen Jugendlichen. Er belegt die Kurzsichtigkeit des Staates,
wenn er diese Problematik weiterhin nur als positive Rückmeldung
der Frauenförderung wahrnimmt.
Ein Interview mit Klaus Hurrelmann deckt das wichtige Thema
»Jungen« ab. Einer seiner wichtigsten Erkenntnisse: Es fehlt der
Druck auf die Politik, um an der Bildungsmisere von Jungen etwas
ändern zu können. Hier bedarf es einer Lobby für Jungen, die sich
für ihre Zukunftsperspektiven einsetzt.
Sehr interessante Aspekte bringt auch der Beitrag von Beate
Kricheldorf, die sich mit dem geschlechterpolitischen Tabuthema Nr.
1 auseinandersetzt – weibliche Täterschaft bei häuslicher
Gewalt.
Im Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek hinterfragt sie die
gängigen feministischen Dogmen, die heute unhinterfragt
Allgemeingut geworden sind . Die selbstverordnete Gleichschaltung
der Medien ist nach ihrer Ansicht ein deutlicher Beleg für die
Hegemonie des Feminismus.
Ein weiterer Beitrag von Arne Hoffmann führt uns zu den Auswüchsen
feminisierter Sprache und zeigt dazu noch die typische
Tunnelblicklogik des Trivialfeminismus auf. Eine Abhandlung, die
dieses Thema treffend analysiert.
Immer wieder faszinierend zu lesen ist Warren Farrell, die
Leitfigur der Männerbewegung in den USA. Sein Betrag ist auch
deshalb ein großer Gewinn, für das Buch, weil er zeigt, dass die
Problematik sich nicht nur auf Deutschland oder Europa beschränkt.
Wie kaum ein anderer kann er, der ja früher in der Frauenbewegung
führend engagiert war, die Doppelmoral der Geschlechterpolitik
entlarven. Er fordert das Wahlrecht auch für Männer, also das Recht
für Männer, ebenso zwischen Kind und Beruf wählen zu dürfen wie
Frauen.
Mathias Stiehler zeigt offen und unverblümt das Desinteresse der
Gesundheitspolitik am Thema Männergesundheit auf und Marc Luy
erläutert seine berühmte Klosterstudie, die belegt, dass die
derzeitige Differenz in der Lebenserwartung zwischen den
Geschlechtern nicht nur biologisch bedingt ist.
Hans-Joachim Lenz war einer der Autoren der Pilotstudie »Gewalt
gegen Männer«. Das Stoppen der Studie (eine Hauptstudie wurde nicht
durchgeführt) zeigt deutlich, mit welcher politischen Macht gegen
wissenschaftlich Arbeiten angegangen wird, die sich nicht der
politische Korrektheit, sondern der Wahrheit verschrieben
haben.
Claudia Fischer redet mit sich selber und regt an, Computerspiele
für Jungen nicht nur zu verteufeln, sondern sie als positive Chance
zu sehen. Ein Ansatz, der in der öffentlichen Diskussion ohne Frage
zu kurz kommt und längst schon untersucht bzw. genutzt werden
müsste.
Was der Beitrag von Markus Theunert in einem Buch über die
Befreiungsbewegung für Männer zu suchen hat, ist unverständlich.
Theunert sieht zwar durchaus die Erfordernis auch die
Benachteiligungen und Nachteile von Jungen und Männern zu
thematisieren, jedoch nur nachrangig. Nach seiner Auffassung hat
eine Männerpolitik vorrangig Männlichkeitskritik zu üben. Er
erkennt nicht, dass gerade dieses Unterwerfen unter die
Buhmannrolle, die der Feminismus dem Mann zugewiesen hat,
verhindert, auch berechtigte Anliegen und Belange von Jungen und
Männern, wie z.B. Gewalt gegen Männer, die Bildungsdiskriminierung
von Jungen oder die Vernachlässigung von Männergesundheit in der
Gesundheitspolitik, zu thematisieren. Kritik am eigene Geschlecht
ist ohne Frage wichtig. Sie darf aber nicht dazu führen, Männer zu
hemmen, laut und offen ihre berechtigten Anliegen zu fordern.
Aber
genau diese Hemmung kennzeichnet die derzeitige »kritische«
Männerbewegung. Wenn sich Männer freiwillig und bereitwillig in die
Rollengefängnisse, die ihnen der Feminismus zugewiesen hat,
begeben, hat dies vielleicht etwas mit Bewegung zu tun, aber
definitiv nichts mit Befreiung. Theunert spricht damit einer eher
einengenden Männerbewegung das Wort. Dieser Beitrag ist deshalb in
diesem Buch deplatziert.
Auch der Beitrag von Wolfgang Schmidbauer wirkt etwas fremd. Das
Thema »Schütteltrauma bei Kindern« ist ohne Frage interessant.
Sicher kann dies auch mit der Überforderung von Eltern in
Zusammenhang gebracht werden. Dies vorrangig als Väterthema zu
sehen, wirkt aber doch sehr konstruiert. Aber der Beitrag ist nur
kurz und kann deshalb auch als retardierendes Moment gesehen
werden, obwohl dieses Stilmittel in einer Sammlung von Essays und
Analysen eher ungewöhnlich ist.
Martin Verlinden beschreibt in seinem Beitrag, dass Gewerkschaften,
Betriebe, Politik, Ministerien und Kommunen kaum sensibilisiert
sind für Väteranliegen und fordert Väterbeauftragte. Dies deckt
sich mit unserer Erfahrung, dass Politik und Gesellschaft
eigentlich gar nicht wissen, wie Väter sind, geschweige denn,
welche Bedürfnisse diese haben.
Eckhard Kuhla erzählt, wie er über eine Vielzahl von Instanzen
scheitert, als er einen Männerbeauftragten in seiner Kommune
etablieren möchte. Auch diese Erfahrung konnten wir schon zur
Genüge machen. Gleichstellungsbeauftragte könnten die wenigen
Männer- und Jungenanliegen mitmachen, meinen die Verantwortlichen.
Ein Trugschluss, wie die Praxis zeigt. Die meisten
Gleichstellungsbeauftragten interessieren sich gar nicht für die
Anliegen von Jungen oder gar Männern.
Bleibt zum Schluss der Wunsch, dass die Autorengruppe größer wird
und ihre Anliegen bei den wichtigen Leuten in Politik und
Gesellschaft Gehör finden. Wir werden sie gerne dabei
unterstützen.
www.manndat.de