Rezension zu Mit Freud im Kino

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Rezension von Gerhard Quast


Kino auf der Couch

Der Hamburger Psychotherapeut Theo Piegler hat sich die Aufgabe gestellt, mit Hilfe der Psychoanalyse etwas Ordnung in den medial vermittelten Bilder- und Gedankendschungel zeitgenössischer Filmproduktionen zu bringen. Das Spektrum reicht von Ingmar Bergmans Klassiker »Wilde Erdbeeren« (1957) über »Belle de Jour« (1967), »Der letzte Tango« (1973) oder »Lola« (1981) bis zu jüngeren Streifen wie »American Beauty« (1999), »Zimt und Koriander« (2003) und Woody Aliens »Match Point« (2005). Mit Hilfe seines psychoanalytischen Ansatzes versucht Piegler, die überwiegend unbewußte psychische Dynamik der einzelnen Motivations- und Handlungsstränge zu erhellen, die dem jeweiligen Filmplot zugrunde liegen. Besonders dankbare Untersuchungsfelder sind dabei natürlich die Verhaltensmuster stark traumatisierter oder »kaputter« Typen in morbiden Milieus, den »normalen« Zeitgenossen dürfte dagegen die feine Nachzeichnung seelischer Lebensbewältigungsstrategien bei ansonsten unauffälligen Protagonisten (wie in »Wilde Erdbeeren«) mehr ansprechen. Die allgemeine Faszination des Themas könnte den Leser fast vergessen lassen, daß diese Filminterpretationen subjektiv gefärbte Wirklichkeitsfragmente kommentieren, die überwiegend der Vorstellungswelt des jeweiligen Filmautors entstammen und damit letztlich »Leben aus zweiter Hand« repräsentieren.


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