Rezension zu Bewaffneter Widerstand
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Rezension von Roland Kaufhold
In dem Kinofilm »Unbeugsam – Defiance«, der dieser Tage ins Kino
kommt, wird eine lange in Vergessenheit geratene Geschichte des
jüdischen Partisanenkampfes gegen die Nationalsozialisten
nacherzählt. Tuvia Bielski war der charismatische Anführer dieser
außergewöhnlich mutigen jüdischen Partisanen-Einheit. Unter Einsatz
seines Lebens rettete Tuvia Bielski zusammen mit seinen jüdischen
Mitkämpfern in den Jahren von 1942 – 1945 in den Wäldern
Weißrusslands unzähligen Juden das Leben. Grundlage dieses Filmes
ist ein von Nechama Tec – einer Überlebenden von Bielskis Gruppe –
herausgegebenes Buch …
Das Buch »Bewaffneter Widerstand. Jüdische Partisanen im Zweiten
Weltkrieg« versammelt zahlreiche Interviews mit Überlebenden dieser
jüdischen Kampfgruppe. Bei dessen Lektüre entfaltet sich ein
differenziertes Bild dieses historisch hervorstechenden Menschen.
Die Interviews bilden einen lebendigen Beweis für die Tatsache,
dass sich Hunderttausende von Juden gegen die deutschen Mörder
gewehrt haben. Auch Arno Lustiger hat diesen heldenhaften jüdischen
Widerstand in seinen Publikationen vielfältig dokumentiert.
Tuvia Bielski stammte ursprünglich aus Stankiewicze, was früher zu
Polen und heute zu Weißrussland gehört. Nach der Ermordung seiner
Eltern im Jahre 1941 ging er mit seinen zwei Brüdern in die
weißrussischen Wälder in den Untergrund. In seiner ersten Aktion
drang er in das Haus des örtlichen Polizeichefs ein und töte diesen
beim Abendessen. Diese Tat sprach sich rasch herum, der Ruf der
Bielskis ermutigte viele Juden, sich dem Widerstand anzuschließen.
Er versammelte bis zu 1200 Kämpfer in seiner Kampfgruppe, die auf
dieser Weise ihrem sicheren Tod entgingen. Er verfügte offenkundig
über eine außergewöhnliche Intuition, in einer ausweglosen
Situation das Richtige zu tun, wie auch über beachtliches
organisatorisches Talent. Er wurde in seinem Handeln von der
Überzeugung geprägt, dass die Rettung eines einzigen Juden
sinnvoller sei als die Tötung zahlreicher Deutscher.
Die Partisanenbewegung in Weißrussland – 1944 lebten knapp 400.000
Menschen in Geheimunterkünften in den Wäldern – setzte sich aus
verschiedensten Nationen zusammen, unter ihnen waren Weißrussen,
Polen, Juden, Slowaken und Russen. Sie standen weitgehend unter der
Kontrolle des Moskauer ZKs der KP.
Die jüdischen Untergrundkämpfer, die sich Bielski anschlossen,
waren zuvor vielfältigsten Verdächtigungen ausgesetzt gewesen,
wodurch sie in eine zusätzliche Isolation gerieten. Sie befreiten
Juden aus den Lagern, bekämpften Kollaborateure und betrieben
Sabotageakte gegen die Nationalsozialisten. Unter ihnen waren auch
zahlreiche ältere Menschen und Kinder, die über keinerlei
militärische Erfahrung verfügten. Bielski nahm jeden auf, der
bereit war, sich ihm anzuschließen. So entstand in den Wäldern
Weißrusslands ein Blockhüttendorf, welches von seinen Bewohnern als
»Jerusalem in den Wäldern« bezeichneten wurde, mit einer Schule,
Ambulanz und einer Synagoge. In diesem Waldstück entstand ein
umfassendes Versorgungssystem, eine Schneiderei, eine Bäckerei,
eine Schuhwerkstatt, eine Metallwerkstatt, eine Schmiede, eine
Wurstfabrik, ein Krankenhaus und sogar ein Theater.
In den Interviews mit Überlebenden wird jedoch auch in sehr
offener, Mythenbildungen verhindernder Weise die Kehrseite dieser
extremen Überlebenssituation beschrieben. Die Interviewpartner
sprechen auch von Vergewaltigungen, Demütigungen und Fehlleitungen
unter den Partisanen.
Das Buch »Bewaffneter Widerstand« wurde mit dem
»Anne-Frank-Anerkennungspreis« ausgezeichnet. Die Autorin, Nechama
Tec, wurde 1931 in Lublin geboren. 1952 emigrierte sie in die USA,
promovierte an der Columbia University und lehrte von 1974 bis zu
ihrer Pensionierung als Hochschullehrerin Soziologie an der
University in Stanford. Sie ist mit dem Kinderpsychiater Leon Tec
verheiratet. Mit diesem Buch erinnert sie an diese lange in
Vergessenheit geratene Geschichte des jüdischen Widerstands.
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