Rezension zu Analytische Körperpsychotherapie

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Rezension von Mira Horschinek


Wenn im Frühjahr die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken brechen, erzeugt das in nicht wenigen Menschen den Drang, ihre Dinge reinigen und ordnen zu wollen. Frühjahrsputz nennen das die einen, Bestandsaufnahme die anderen. Dabei finden sich verloren geglaubte Schätze ebenso wie Dinge, deren Haltbarkeitsdatum überschritten ist. Rasch geht bei solchen Tätigkeiten die Übersicht verloren.

Man hat dann eine Ahnung davon, wie es Peter Geißler gegangen sein könnte, als er sein Buch »Analytische Körperpsychotherapie« konzipiert hat. Das deklariert er als Bestandsaufnahme, liefert aber lediglich eine nicht ausgereifte Mischung aus autobiographischen Aufzeichnungen und gesammelten Fachaufsätzen.

Geißler beschreibt die Grundlagen der analytischen Körperpsychotherapie und positioniert sich zwischen Psychoanalyse und Bioenergetik, schafft es aber nicht, dem Leser einen klaren Weg zu weisen. Die moderne Psychoanalyse werde »immer körperpsychotherapeutischer«, behauptet er im Vorwort. Belege dafür bleibt er aber in der Folge schuldig. Stattdessen dominieren über weite Strecken seine persönlichen Erinnerungen, die eine gewisse Selbstverliebtheit annehmen lassen und dem Anliegen wenig dienlich erscheinen. Das Verständnis der Therapie tritt in den Hintergrund, während er vordergründig versucht, den Leser für seine Position einzunehmen.

Nicht selten verliert er sich dabei in einem Jargon, den man in dieser verwaschenen Form sonst nur aus Publikationen wie der »Apotheken-Umschau« zu kennen glaubt. »Gerade in unserer körperfeindlichen Zeit ... scheint mir eine körperfreundliche Grundeinstellung in einer psychoanalytischen Therapie als unverzichtbar«, schreibt er etwa auf Seite 139. Ähnlich unscharf bleibt er vielfach bei seinen Versuchen der Abgrenzung.

Mit seinem »interaktionellen Übertragungsbegriff« versucht er sich abzugrenzen vom traditionellen Couch-Setting, in dem der Therapeut sich »hinter distanzierten Äußerungen verschanze« (Seite 137). Damit zeichnet er immer wieder ein überkommenes Bild, dessen Relevanz er eigentlich im Vorwort schon in Abrede gestellt hat. Da er dies in mehreren Aufsätzen wiederholt, ermüdet er den Leser. An diesen Punkten wäre eine diszplinierte Straffung wünschenswert gewesen. Ebenso fällt auf, dass auf ein präzises Lektorat offenbar nur geringer Wert gelegt wurde, was die unerträgliche Häufung von Druckfehlern erklären mag.

Im Vorwort zeigt sich der Analytiker Professor Wolfgang Mertens skeptisch. »Die analytische Körpertherapie könnte ohne Bedenken zu einer wertvollen Bereicherung des bislang ... ausschließlich verbal orientierten Interventionsstils werden, sofern dies Patienten- und Indikations-angemessen geschieht.« Mertens macht damit deutlich, dass die vom Autoren angestrebte gesetzliche Anerkennung als eigenständige Methode wohl noch in weiter Ferne liegt. Vorher muss noch ein bisschen aufgeräumt werden.


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