Rezension zu Rache

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Rezension von Sabine Fiammingo

Der Umschlag ist farbig gestaltet, auf der Rückseite befinden sich kurze Zusammenfassungen und Kommentare von verschiedenen Wissenschaftlern sowie einer Kurzvorstellung der beiden Autoren mit Foto.

Dieses Buch beschreibt Rache als primitive, destruktive Kraft, die in jedem innewohnt und unter bestimmten Umständen an die Oberfläche kommen kann. Die Motive sind vielschichtig und werden in diesem Buch unter anderem behandelt. Auf insgesamt 255 Seiten widmen sich die Autoren der Rache unter verschiedenen Gesichtspunkten. Den Leser erwarten verschiedene Blickpunkte auf das Phänomen Rache mit vielen Beispielen aus der wirklich interessanten und fundierten Arbeit der Psychoanalytiker, diese sind immer wieder angereichert mit Forschungsergebnissen anderer Forscher und Interviews von Betroffenen und Fachleuten.

Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Vorstellung der Autoren, ihrer Arbeit und ihrem Bezug zum Thema Rache. Der Inhalt ist übersichtlich in drei Teile aufgebaut. Als roter Faden begleiten in allen drei Teilen anfänglich Sara, ein fünf-jähriges Mädchen, das die Autoren in der Literatur fanden, Jean, ein Jugendlicher aus Ruanda, und Lotta, eine fiktive schwedische Frau, und ihre jeweilen Rachegefühle, Rachehandlungen und ihren Umgang mit der Rache bzw. ihre Art der Verarbeitung.

Der erste Teil widmet sich der Rache und ihren Ursachen. Zu Beginn wird der Begriff der Rache erklärt, von anderen Begriffen abgegrenzt oder in Beziehung gesetzt, geklärt wird ebenfalls, wie sich Rache auch im Alltag äußert, und die Rolle der Rache in Literatur und Filmen. Der Begriff der Rachespirale wird ausführlich erklärt, ebenso die Motive für Rache, exemplarisch genannt Neid, Vergleich und Neid, Wut, Trauma. Die Autoren widmen sich der Frage, ob und wie ein »normaler« Mensch zum Rächer werden kann, für mich besonders interessant ist die Darstellung der frühen und heutigen psychoanalytischen Sichtweise der Racheproblematik. Die Frage nach der Gruppe und deren Einfluss auf die Rache und deren Entwicklung wird ausführlich und interessant geschildert. Zum Ende des ersten Teils steht die Gesellschaft im Mittelpunkt, geklärt werden Fragen der Rolle der Kultur, Religion, die traumatisierte Gesellschaft, Volkan und die Großgruppe, Kollektivideologie und die Massenpyschologie werden spannend und fundiert behandelt. Oft werden durch qualitative Aussagen von Interviewten unterschiedlicher Epochen und der politischen Geschichte die Forschungsergebnisse unterstrichen.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Rachehandlung, beginnend in Paarbeziehungen, Hass gegen Minderheiten, Völkermord über Führer und Geführte. Wie bereits im ersten Teil ist alles durch Beispiele und Forschung angereichert. Die Autoren schaffen es, durchgängig Bezüge zum ersten Teil zu erstellen, und sind in der Lage, das Phänomen der Rachespirale und die psychologischen und geschichtlichen und zeitgenössischen Hintergründe zu beschreiben, ohne pathetisch oder wertend zu sein. In diesem Teil wird nun auch die Geschlechtsperspektive untersucht, der Mann als Rächender, Gewalt, die Gesellschaft und die psychologische Dynamik bei Paaren, durch interessante Interviewteile und Fallbeispiele bearbeitet, und zwar aus Sicht des Gewalttäters als auch aus Sicht der Misshandelten. Beleuchtet werden auch die Ursachen einer solchen Entwicklung. Schlussendlich geht es in diesem Teil um den Völkermord, den Genozid und die Rachemorde, die Entstehung der Grausamkeit, Effekte des Zusammenhaltes, Dehumanisierung der Opfer und ausführlich um den Völkermord in Ruanda.

Im dritten Teil wird der Verzicht auf Rache thematisiert. In der Regel beginnt dieser Verzicht erst mit Widerstand, bevor Raum geschafft wird für Anerkennen, Verzeihen und Versöhnen. Um diesen Prozess zu verdeutlichen, werden erneut Beispiele herangezogen, etwa von Kindern auf dem Schulhof und deren Umgang mit Frustration, und auch in diesem Teil wird auf die Situation in Ruanda eingegangen und die wichtigen Aspekte, die auch hier einen Verzicht auf Rache möglich machen. Interessant in diesem Teil ist, dass auch auf die Helfer der eigentlich traumatisierten Menschen eingegangen wird sowie auf den Blick in die Zukunft nach Krieg und Völkermord, dabei wird auf Projekte eingegangen, die bei diesen Prozessen unterstützen und das Leben mit der Erfahrung einer psychischen Traumatisierung. Gegen Ende des dritten Teils wird die professionelle Hilfe behandelt, Interview mit einem Traumatherapeuten, Praxisbeispiele, Therapiemöglichkeiten auch um die Therapie gewalttätiger Männer. Den Abschluss bildet eine Diskussion der Autoren über das Phänomen der Rache.

Dieses Buch hat viel zu bieten, ein rundes Bild eines eigentlich nicht greifbaren Phänomens, spannend, wissenschaftlich, dabei gut lesbar, gesellschaftliche, geschichtliche, politische, kulturelle und personale Aspekte der Rache werden zu einem Ganzen zusammengeführt. Wichtig für alle Therapeuten, empfehlenswert für alle sozial Interagierende, Lehrer, Erzieher und Interessierte. Ein wichtiges, ein gutes Buch.



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