Rezension zu Eine Couch auf Reisen

Deutsches Ärzteblatt, Heft 12 Dez. 2005

Rezension von Petra Bühring

Auf der Suche nach dem Ende

Robert U. Akeret, Psychoanalytiker aus New York, macht sich mit 66 Jahren auf die Suche nach Patienten, die er 20 bis 30 Jahre zuvor behandelt hat. Der Schüler des renommierten William-Alanson-White-Institute und Supervisand von Erich Fromm nennt als Motivation, erfahren zu wollen, „wie eine Geschichte ausgeht“, ob er mit der Therapie erfolgreich war oder nicht. Er ist sich bewusst, dass eine der Hauptregeln der Psychotherapie besagt, nie unaufgefordert in das Leben von Patienten einzutreten, findet jedoch, dass so viele Jahre später genügend Zeit vergangen sei, um diese Regel infrage zu stellen. Außerdem hätte er bei einem ansatzweisen Zögern der Patienten am Telefon, nicht weitergemacht, betont er. Doch das war scheinbar nie der Fall, und so begibt er sich mit seinem Plymouth Voyager auf eine Reise quer durch die USA, bei der er auch viel über sich selbst erfährt.

Wohl auch, weil Akeret die Hilfe eines befreundeten Schriftstellers hatte, erwarten den Leser spannende Geschichten. Oftmals wähnt man sich in einem Roman von John Irving, denn er wählte vor allem skurrile Fälle aus: psychische Freaks, wie Charles, der in einen Eisbären verliebt ist und den der Psychoanalytiker mit einer undogmatischen Methode gerade noch von einem todbringenden Liebesakt abhalten konnte. Oder Naomi Goldberg, deren Ego von ihrer Mutter so sehr zerstört wurde, dass sie ihre einzige Chance darin sah, die Identität einer spanischen Flamenco-Tänzerin anzunehmen – so überzeugend, dass die amerikanische Jüdin in Sevilla zum umjubelten Star wird.
Der Psychoanalytiker wird von seinen ehemaligen Patienten immer freudig empfangen. In manchen Fällen konnte die Analyse ihnen zu einem glücklichen Leben verhelfen, in anderen nicht. Den psychoanalytisch geschulten Leser erwarten keine wissenschaftlichen Fallstudien, sondern unterhaltsame Lektürestunden. Der Laie erhält zusätzlich einen Einblick in die Wirkungsweise der Psychoanalyse.

zurück zum Titel