Rezension zu Sucht und Trauma
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Rezension von Jennifer Niegel
Der Titel »Sucht und Trauma« von Dieter Kunzke lässt zunächst nicht
erahnen, dass es sich hierbei um eine wissenschaftliche Arbeit mit
fundierten Zahlen handelt.
Als Nichtfachfrau und Interessierte erhoffte ich mir einen Einblick
in die Thematik, ohne von der Fülle an Fachtermini erdrückt zu
werden. Durch Herrn Kunzkes einführende Worte habe ich mich
ermutigt gefühlt, dass dieses Buch keine »schwere Kost« sei, jedoch
den Interessierten hinreichend informiert.
Wenn man über Sucht spricht, geht es meist um Drogenabhängigkeit
oder Alkoholsucht, hier wird jedoch zudem auch auf diverse
Tablettensüchte hingewiesen. Einfach und schnell gelangt man zu den
nötigen Informationen, die auch durch diverse Tabellen untermalt
werden. Dieter Kunzke schafft es, sein Wissen durch eine lockere,
doch professionelle Schreibweise zu übermitteln. Es wirkt weder
belehrend noch allwissend und erzeugt den Wunsch nach mehr
Informationen.
Auch dieses Buch schafft es nicht, ohne grundlegende Modelle
auszukommen, was jedoch nicht weiter schlimm ist, da dadurch erst
die Verbindung zwischen Sucht und Trauma erstellt werden kann und
dies alles andere als nüchtern vermittelt wird.
Sicherlich erwischt man sich selbst bei der Frage, ob diese Modelle
auf einen selbst oder nahestehenden Personen zutreffen können. Das
hilft wiederum, diese Modelle zu verinnerlichen und sie nicht, wie
es sooft bei traditionellen Standardwerken der Fall ist, zu
vergessen.
Die zahlreichen Anmerkungen zu diversen Studien helfen, das Thema
in den aktuellen Forschungsstand einzuordnen, und gehören einfach
zum wissenschaftlichen Arbeiten. Die Darlegung und der Wandel der
Analyse ist sehr gelungen: Während Freud noch zu den
Psychoanalytikern zählte, die »die Suchtmittelaufnahme als Ausdruck
ungelöster innerer Konflikte sahen, fokussieren modernere Ansätze
mehr auf die psychopharmakologischen Wirkungen der Substanzen und
den Versuch des Süchtigen, sich intrapsychisch zu regulieren« (S.
34f.).
Sehr interessant wird das Thema Trauma dargestellt. Besonders die
Verbindung zwischen Gedächtnis und Trauma lässt einem seine eigenen
Sichtweisen noch einmal überdenken. In Bereich der Traumabehandlung
bekommt man einen guten Einblick, mit welchen Ansätzen heute
gearbeitet wird und was neuere Ansätze erkennen.
Besonders die Graphiken bieten zusätzliche Erklärungskraft. Sie
helfen, die Vielzahl der Modelle und Vorgehensweisen zu
unterscheiden, und ermöglichen eine visuelle Nachvollziehbarkeit.
Insbesondere das dargestellte Protokoll bei traumatisierten
süchtigen Patienten (Kap. 10) lässt eine Behandlung
nachvollziehen.
Die Unterscheidung zwischen Einzel- und Gruppentherapien ist sehr
aufschlussreich dargestellt worden und weist gezielt auf die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin.
Auch das letzte Kapitel überzeugt mit seiner stichfesten
Integration der neueren Modelle, ohne mit Fachtermini überfüllt zu
sein, die Tabelle zu den Wirkungsweisen lässt komprimiert die
wichtigsten Erkenntnisse erschließen.
Insgesamt kann man das Buch nur empfehlen. Es setzt sich
wissenschaftlich mit dem Thema Sucht und Trauma auseinander,
liefert aktuelle Daten durch diverse Studien, überzeugt durch den
professionellen, jedoch auch lockeren Schreibstil, der Aufbau der
einzelnen Kapitel ist in sich schlüssig und macht Lust
weiterzulesen. Die Zusammenfassungen verschiedener Modelle bieten
eine optimale Grundlage, um die nachfolgenden Behandlungswege
nachvollziehen zu können. Die Ansätze zur
psychodynamisch-integrativen Behandlung sind zusammenfassend in
sich schlüssig begründet und lassen keine Fragen offen. Besonders
die Tabellen und die Grafiken sind für Laien gut zugänglich und
erleichtern den aufgenommen Stoff.
Ein vollständiges und übersichtliches Literaturverzeichnis lässt
Interessierte schnell passende Autoren und Themen finden, da
besonders die empirischen Ergebnissen zum Nachforschen
einladen.