Rezension zu ADHS
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Rezension von Kirsten Wittchow und Carsten Lange
In der Öffentlichkeit wird die Diagnose ADS bzw. ADHS noch immer
stark negativ definiert, diese Ansichten reichen von »Versager« bis
zu »keine Erziehung bekommen«. Dass diese »Krankheit« keine dieser
Definitionen enthält, wird dem Laien bei der Lektüre des
vorliegenden Buches bewusst.
Bereits das Vorwort macht klar, dass die bei ADHS vorliegende
Symptomatik sich in keine der in der öffentlichen Meinung
vorherrschenden Schubladen pressen lässt, sondern vielmehr ein
Zusammenspiel aus vielen verschiedenen psychologischen und
pädagogischen Zweigen ist.
Die Herausgeber haben mit der Gliederung des Buches einen
hervorragenden Zugang zur ADHS-Thematik geschaffen.
Man ist als Leser nicht gezwungen das gesamte Buch von vorn nach
hinten »durchzuackern«, sondern kann für sich relevante Bereiche
direkt herausfiltern.
Des Weiteren wird durch die Gliederung der doch sehr umfangreiche
Komplex etwas aufgelockert, und dem Leser werden nicht sofort
Fachbegriffe um die Ohren gehauen, die besonders einen Laien
abschrecken statt ermutigen.
Der große Bereich der Fallbeispiele macht dem Leser bewusst, dass
alle Theorie doch immer wieder auf Praxiserfahrungen beruht, und
dass man mit unterschiedlichen Methoden ein Ziel erreichen kann:
dass es dem Kind und der Familie wieder gut geht. Des Weiteren
sollte auch zu bedenken sein, dass eine medikamentöse Behandlung
der betroffenen Kinder nur in Ausnahmefällen und nur vorübergehend
in Betracht gezogen werden sollte und keine Endlösung
darstellt.
Die Psychologie ist für viele, die mit diesem Themenbereich nichts
zu tun haben, ein sehr abstraktes und kaum zu fassendes Gebiet,
aber die Autoren der einzelnen Beiträge waren sehr darauf bedacht,
dass man die behandelte Problematik jederzeit nachvollziehen kann,
da man sich in den Beschreibungen zum Teil auch selbst wiederfindet
– jeder war schließlich einmal Kind und hatte seine eigenen
»Dämonen« zu bekämpfen.
Es ist wichtig, dass das Buch die »Schrecken«, die jeder mit dem
Wort »Therapie«, »Psychiater« oder »ADHS« verbindet, zu nehmen
versucht, da sehr detailliert z.B. auf die Strukturierung der
Therapiepraxis und deren Notwendigkeit zur Überwindung von
Hemmungen und Barrieren im Verständnis füreinander eingegangen wird
– man ist nicht verrückt, nur weil man die Hilfe eines Psychiaters
oder Psychologen in Anspruch nimmt.
Aus pädagogischer Sicht ist noch zu betonen, dass mir bei der
Lektüre des Buches immer wieder die Notwendigkeit zur besseren
Vernetzung zwischen psychologischem und pädagogischem Personal
aufgefallen ist, aber auch die verstärkte Einbeziehung der Eltern
in den pädagogischen Alltag und die Vermeidung von
Schuldzuweisungen ein größere Rolle spielen muss.
Das vorliegende Buch sollte eventuell betroffenen Eltern Mut machen
und sie auf der Suche nach Hilfe bestärken, es sollte auch jedem,
der mit Kindern arbeitet, vor Augen führen, dass man lieber genauer
hinschauen und Hilfe anbieten sollte, bevor man ein Kind
»abschreibt«.