Rezension zu Auf Der Suche

Gesundheitsforum 09/07

Rezension von Angela Kolberg

Das Buch ist aus einer Vortragsreihe heraus entstanden, die das Bremer Institut DIALOG-Zentrum für Angewandte Psychoanalyse 2005 über ADHS mit dem Ziel initiiert hat, das in der Diskussion um ADHS entstandene »Lagerdenken« zu überwinden und Bedingungen für eine Verständigung untereinander zu finden. Beide Herausgeber führen in das Thema ein. C. Warrlich, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytiker, beschäftigt sich mit dem Paradigmenwechsel von einem klassisch-ontologischen Krankheitsverständnis zu einem psychodynamischen Blick, bei dem das Umfeld mit seinen Beziehungen an Bedeutung gewinnt. E. Reinke, Professorin für Klinische Psychologie an der Universität Bremen und Leiterin des DIALOG, entwickelt in einem theoretischen Bezugsrahmen wissenschaftliche Grundannahmen über Körper – Geist – Seele. Sie stellt die monokausalen Positionen sowohl auf der Ebene des medizinischen Denkmodells als auch aufseiten der Psychoanalyse dar, die sich gegenseitig massiv kritisieren, ohne Möglichkeiten der Annäherung zu finden. Die Verwendung von Metaphern versteht sie als ein Verständigungs- und Kommunikationsangebot im dialogischen Prozess zur Überwindung der kommunikativen Schranken.

In den weiteren neun Beiträgen derAutorenschaft aus psychologischer Praxis und Wissenschaft wird die Vielfalt von Theoriekomplexen und verwendeten Metaphern deutlich. Allen Beiträgen gleich ist die Bereitschaft, das Thema in seiner Komplexität mit allen Facetten zu betrachten. So finden Überlegungen zu gesellschaftlich-ökonomischen und kulturellen Kontextfaktoren bei Würker Beachtung. Psychoanalytische Betrachtungen zu den Beziehungen innerhalb der Familien stellen Staufenberg und Neraal an und verdeutlichen sie anhand von Falldarstellungen. Ausgehend von neueren Studien über das Verhalten von Vätern ihren Kindern gegenüber beschäftigt sich Seiffge-Krenke ausführlicher mit der strukturbildenden Aufgabe des Vaters. Ellesat analysiert die Funktion eines Medikaments in der Familie kritisch, und Haubl diskutiert die gesellschaftlichen und medizinsoziologischen Zusammenhänge. Diagnostik und zunehmende Medikalisierung (Damman) sowie ADHS im Erwachsenenalter (Schultz-Venrath) finden ebenso Berücksichtung wie die Überlegungen zu einem Konzept der ADHS als strukturelle Störung, die von Beneke et al. auf der Grundlage zweier Studien angestellt werden. Das Buch ist sehr lesenswert. Es regt die eigene Reflexion zum Thema ADHS an. Insbesondere ist es den Ergotherapeutlnnen sehr zu empfehlen, die sich bereits mit der Diskussion um die ADHS befasst haben und bereit sind, sich mit theoretischen Texten auseinanderzusetzen.

Angela Kolberg, MA., Pädagogin, Ergotherapeutin

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