Rezension zu Der Gotteskomplex
De Processibus Matrimonialibus Sonderdruck 2007
Rezension von Karl-Heinz Selge
In der gegenwärtigen kirchenrechtlichen Diskussion zum kanonischen
Eherecht taucht bisweilen die Frage auf, ob und wenn ja inwiefern
der Glaube an Gott bedeutsam sei für den ehekonstituierenden
Nupturientenkonsens (1). Wenn sich nun ein Psychologe mit dem Thema
beschäftigt, wie sich der Verlust Gottes auf den Menschen, sein
Denken, Empfinden, Entscheiden und Handeln auswirkt, dann ist auch
das Interesse des Kanonisten geweckt.
In der hier zu besprechenden Monographie erläutert Prof. Dr.
Horst-Eberhard Richter (2) aus psychoanalytisch-historischer
Perspektive, dass sich der Mensch nach dem Wegfall eines sein
Dasein bestimmenden, vor allem tragenden und behütenden Gottes
nicht etwa in eine heilsame Emanzipierung habe befreien können,
sondern sich vielmehr in eine angstbesetzte Megalomanie
hineinmanövriert habe. Diese Zusammenhänge werden vom Verfasser in
drei Schritten entfaltet. Anschließend trägt der Autor Lösungswege
vor, denen er das Potential beimisst, aus der erwähnten
destruktiven Hybris herauszuführen. Zum Abschluss berichtet der
Verfasser ausführlich über eine von ihm geleitete psychoanalytische
Therapie als praktische Verortung seiner vorangegangenen
Überlegungen.
Im ersten Teil seiner Ausführungen stellt Richter die
geistesgeschichtlichen Entwicklungslinien der megalomanischen,
letztlich von narzisstischen Welt- und
Selbstversicherungsbestrebungen ausgehenden Aporien dar. Richter
trägt vor, dass in Europa während des Übergangs vom Mittelalter zur
Neuzeit Prozesse ähnlich den entwicklungspsychologisch
beschreibbaren kindlichen Emanzipationsbemühungen festzustellen
seien. Im Mittelalter habe sich der Mensch zunächst noch in einer
gottgespendeten Geborgenheit erlebt. Die Ungewissheit hinsichtlich
einer endgültigen Erlösung durch Gott als Schattenseite der
Prädestinationslehre Augustins habe jedoch zu einer wachsenden
Geborgenheitsunsicherheit geführt; diese habe die Kompensation
durch narzisstische Selbstsicherung erzwungen. So sei »der lange
Zeit als großartige Selbstbefreiung gepriesene Schritt des
mittelalterlichen Menschen in die Neuzeit ... im Grunde eine
neurotische Flucht aus narzisstischer Ohnmacht in die Illusion
narzisstischer Allmacht« (S. 29). Dieser aus dem Verlust der
Geborgenheit in Gott resultierende Gotteskomplex lasse den Menschen
dazu verdammt sein, sich selbst seiner eigenen Allmacht zu
vergewissern (3). Dieses irreale Vollkommenheitsstreben jedoch
bedeute notwendig eine ständige Überforderung des Menschen. Das
durch den Verlust Gottes notwendig gewordene Lebenskonzept eines
Über-Menschen beinhalte notwendig den Zwang zu einer letztlich
destruktiven Selbstüberforderung. Die geschichtlichen Ausprägungen
dieser Mechanik schildert Richter in Auseinandersetzung mit den
verschiedenen philosophischen Konzepten bis hin zur Psychoanalyse
Freud’scher Prägung: Da für den Menschen die Vertreibung aus dem
Paradies gottgespendeter Geborgenheit und Sicherheit unerträglich
gewesen sei, habe er sich kompensatorisch entweder in einen
Egozentrismus geflüchtet, in utopische Heilshoffnungen oder in eine
Allmachtsillusion, indem er sich selbst zu einem »Prothesengott«
(Freud) erhoben habe, der den Machtwillen eingeschlossen habe, sich
seine Umwelt zu unterwerfen. Dieser Wille zur Beherrschung der
Natur als Akt der Selbstvergewisserung habe auch zu einem
hierarchischen Gefälle im Geschlechterverhältnis geführt, insofern
es der Mann gewesen sei, der in identifikatorischer, dabei
nichtsdestoweniger illusionärer Weise die göttliche Macht durch
eine versachlicht-technische Form der Weltgestaltung übernommen
habe. Es sei zu einer verstärkten psychischen Polarisierung in
Gestalt einer Ober- und Unterordnung von Verstand und Gefühl
gekommen; ersterer dem Mann, letztere der Frau zugewiesen. Wenn in
der Folgezeit immer wieder die große Bedeutung des Gefühlslebens
hervorgehoben wurde, so sei dies jedoch nie mit dem Ziel einer
kommunikationsstiftenden Emotionalität von Mann und Frau auf
Augenhöhe geschehen, sondern es sei lediglich um das Erringen des
vollständigen Sieges einer sich an keine Grenzen gebunden fühlen
wollenden Egomanie durch die »Vereinnahmung der weiblichen
Gefühlsseite« gegangen (S. 108). Diese narzisstische
Selbststabilisierung des Mannes habe schließlich im 19. Jahrhundert
notwendig eine Reaktion der Frauen heraufbeschworen; sozial, sich
in der Frauenbewegung ausdrückend, psychisch sich oftmals als
Hysterie darstellend, als radikaler Ausdruck einer der Frau
zugewiesenen Emotionalität gegen dehumanisierende
Lebensbedingungen.
In einem zweiten Schritt erörtert Richter die psychischen Folgen
der zuvor von ihm beschriebenen geistesgeschichtlichen Entwicklung.
Der Anspruch auf göttliche Allmacht führe zur Leidensunfähigkeit
des Menschen: Jegliches Leiden werde verachtet, verleugnet,
vermieden, beschwichtigt, kompensiert oder verschleiert. Dies
geschehe durch Strategien wie projektiven Hass (Leidensverachtung),
durch Ersatzbefriedigungen (Beschwichtigung) sowie durch Abwehr des
Leidens in Sozialbürokratie und Sozialtechnik (Verschleierung)
sowie durch Abspaltung in Form einer Projektion eigener Schwächen
auf bedauernswerte Mitmenschen zur positiven Selbsteinschätzung;
weiterhin durch hysterisches Überspielen in Partykultur und
Spaßgesellschaft (Leidensverleugnung) in einer »Kultur von unreifen
und zugleich genialen Adoleszenten« (4) ohne zu merken, wie man
dabei in große Unverantwortlichkeiten gerate.
Im dritten Abschnitt klärt Richter, dass die Aspekte der
Leidensverweigerung und des Willens zur Macht untrennbar
miteinander zusammenhängen, wobei bisweilen auch gewisse Formen der
Liebe als Unterdrückungsmodell vom hierarchischen Machtprinzip
bestimmt seien und insofern nichts anderes als das Bestreben
darstellten, sich in narzisstischer Weise selbst zu
stabilisieren.
Einen Ausweg aus diesem »Ohnmacht-Allmacht-Komplex« (S. 232) sieht
Richter zunächst im Verzicht auf die Allmachtsvorstellung, was
bedeute, unvermeidliches Leid anzunehmen und die Realität
entsprechend der realistischen Beurteilung der eigenen Fähigkeiten
und Möglichkeiten aktiv zu gestalten. Dies könne jedoch nur
gelingen in einem fundamentalen Wechsel der eigenen Lebenshaltung
in Form der Bejahung des persönlichen Lebens als Ganzem. Solange
der Mensch gefangen sei im Zwang eines illusorischen
Allmachtswahns, werde er den Tod zu verdrängen haben und sein Leben
gleichsam als Halbkreisbogen verstehen. Gemäß seiner
»narzisstischen Allmachtshoffnungen« (S. 231) gelte sein Streben
dem Steigern persönlicher Kraft in allen Lebensbereichen mit dem
Ziel, diese auf dem Zenit seines Lebens stehend, in den besten
Jahren sozusagen, zu verwirklichen. Andere Lebensabschnitte, z.B.
Kindheit und Jugend, würden zum Erreichen dieses Ziels verzweckt
und das Alter erscheine als unattraktive und zu vermeidende Phase
eines Lebens, das bestimmt werde von der Festlegung auf Macht und
Fitness. Damit befinde der sich solcherart orientierende Mensch in
»ewigen Frustrationen des Noch-Nicht und des Nicht-Mehr« (S. 230),
resultierend aus der Angst vor Machtverlust und Bedrohung sowie der
Verdrängung des Abnehmens der Kräfte und des eigenen Todes.
Anstelle das Leben in der Form einer entweder aufsteigenden oder
absteigenden Kurve zu betrachten, was notwendig Vermeidung bzw.
Hinauszögern des vermeintlichen Absturzes im Alter impliziere, lädt
Richter dazu ein, das Leben nach dem Bild des Kreises zu begreifen.
Dies sei dem Menschen in seiner jeweiligen Lebensphase zutiefst
gemäß und entlaste ihn. Auf diese Weise sei jeder Punkt im
Lebens-Kreis gleich sinnvoll; auch das Sterben als Vollendung des
Kreises sei als integraler Bestandteil des Lebens immer mit im
Blick und brauche nicht verdrängt zu werden. Damit sei die
Gegenwart als solche sinnvoll. Sie diene gerade nicht als Funktion
der eigenen glorifizierten, fortgeschrittenen Zukunft. Es gehe
stattdessen darum, dass der Mensch sich selbst als das bejahe, was
er ist, und nicht als das, was er zu werden hoffe oder was er
einmal gewesen sei. Insofern gehe es in der Annahme und Erfahrung
des eigenen Lebens als eines Kreises darum, anzuerkennen, dass die
jetzt Lebenden ihren Sinn in der Gegenwart entdecken und genau dies
den ihnen Nachfolgenden ebenfalls zugestehen. Ein solcher Prozess
der Umorientierung könne jedoch nicht individualistisch, sondern
nur gemeinschaftlich erfolgen, insofern die Menschen einander
helfen, »die Angst vor der Ohnmacht und dem Leiden und die
Idealisierung der Omnipotenz abzubauen« (S. 237).
Von hierher benennt Richter mit der Beherzigung des
Sympathieprinzips eine weitere Bedingung für die Befreiung aus
einer megalomanen und damit destruktiven Fixierung. Es gehe dabei
um echtes, unmittelbares Mitfühlen von Mensch zu Mensch im Akt des
beschenkenden und beschenkt werdenden Anteil-Nehmens unter
Aufhebung jeglicher hierarchischen Beziehungsstruktur. Papst
Benedikt XVI. nennt diese Haltung »die liebevolle persönliche
Zuwendung« (5). Dieses identifikatorische Mitfühlen, das Mitfreuen
und Mitleiden umfasse, sei zu trennen vom sog. Nachfühlen, das
letztlich keine interpersonale Verbindung schaffe, sondern den
anderen lediglich als funktionalisiertes, auswechselbares Phantom
benutze, aber es erfolge keine ebenbürtige Beziehung; man bleibt
verhaftet in egozentrischer Omnipotenzperspektive und erfüllt von
narzisstischer Angst vor Ohnmacht und Schwäche. Zur Sympathie, d.h.
zum identifikatorischen Mitfühlen, sei nur derjenige fähig, der
»stark genug ist, selbst leiden zu können und deshalb fremdes
Leiden mittragen zu können« (S. 249 – sym-pathein).
Insofern geht es Richter fundamental um eine Überwindung einer
»Wechselbeziehung zwischen leidlosem Machen und machtlosem Leiden
in ihrer vollen destruktiven Bedeutung« (S. 277) und deren Wandlung
auf dem Wege einer sich in solidarischer Aktion bewährendem
Mitgefühl ausdrückenden wechselseitigen Interaktion auf Augenhöhe.
Dieser Ansatz ist zweifellos ein hilfreicher Grundansatz für eine
selbst-reflexive und sinnstiftende Lebensgestaltung (6).
Es bleibt allerdings zu fragen, ob jegliche menschliche Aggression
nur als Ausdruck einer Selbstentfremdung im Zuge neurotischer
Omnipotenzbestrebungen, demgegenüber nur die Sympathie als ein
Urphänomen, als natürliches Bedürfnis, angesehen werden kann. So
ist aus der Perspektive christlicher Anthropologie der Mensch auf
der einen Seite als von Gott nach seinem Abbild geschaffenes Wesen
ursprünglich gut, da Gott als der Gute schlechthin nur Gutes
schaffen kann. Aber auf der anderen Seite ist er einer von Anfang
an universell existierenden sowie individuellen Fehlhaltungen und
-entscheidungen voraus liegenden Vorprägung, einer
erlösungsbedürftigen Schuldverflechtung unterworfen (7).
Das Richtersche Grundverständnis des Menschen steht dem von ihm
nicht erwähnten optimistischen Menschenbild Carl Rogers nahe, der
von Grund an das Gute im Menschen sah. Im Kontext seiner
Persönlichkeitstheorie setzt Rogers freilich andere Akzente, wonach
das Streben des Menschen auf Selbstverwirklichung und
Selbstaktualisierung ausgerichtet sei. Aber dennoch bestehen
fundamentale Übereinstimmungen. So beschreibt Rogers folgende
essentielle Botschaften, die die Eltern an ihre Kinder richten
müssen, um die Entwicklung eines positiven Selbstkonzeptes beim
Heranwachsenden zu ermöglichen: Ungeschuldete Liebe, Wertschätzung,
Echtheit und Interesse, Autonomie versus Kontrolle, Gewährung von
Anregung und Unterstützung, Sicherheit, Geborgenheit und
Zuverlässigkeit sowie das Zulassen von Gefühlen (8). Hierbei
handelt es sich im Grunde um nichts anderes als um
Konkretisierungen dessen, was Richter als Sympathie beschreibt.
Zweifelsfrei handelt es sich bei der Sympathie um ein Urphänomen.
Richter beschreibt dieses als »natürliches Bedürfnis« (S. 249). Es
sei die Frage erlaubt, ob es sich bei der Sympathie um ein
Bedürfnis oder aber um eine sehr effektive und zutiefst humane
Handlungsweise im Sinne eines Wunsches handelt, um die darunter
liegenden vielfältigen Bedürfnisse auszudrücken und zur Geltung
kommen zu lassen. Insofern wäre zu differenzieren zwischen
Sympathie als natürlichem Wunsch und den dahinter liegenden
vielfältigen vitalen menschlichen Bedürfnissen. Diese wichtige
Differenzierung hat Marshall Rosenberg, ein Schüler Rogers,
herausgearbeitet (9).
In dem von Rosenberg entwickelten Modell der »gewaltfreien
Kommunikation« (10), das eine große Ähnlichkeit mit dem
Sympathiekonzept Richters aufweist und dieses für die kommunikative
Praxis zu entfalten vermag, erscheint es möglich, dass die Menschen
als soziale Wesen sich im Akt einer auf sich selbst und auf
einander ausgerichteten Empathie, eines aufrichtigen und
einfühlsamen Dialogs, ihrer eigenen Bedürfnisse und derjenigen des
anderen bewusst werden, diese artikulieren und im wechselseitigen
Respekt voreinander anerkennen. Für Rosenberg ist es, ähnlich wie
für Richter, »etwas Natürliches, den Wunsch zu haben, zum
Wohlergehen eines anderen menschlichen Wesens beizutragen«
(11).
Von hierher könnten die Darlegungen Richters auch für die
kirchliche Gerichtspraxis von Belang sein. So handelt es sich bei
seinen Erörterungen zum identifikatorischen Mitfühlen (sympathein),
das z.B. bei Beratung und richterlicher Vernehmung von Relevanz
ist, um ein Lehrstück bezogen auf mitmenschliche Begegnung von
Gerichtspersonal und Klienten (12), vor allem dann, wenn es ergänzt
wird durch Kenntnisnahme der von Rosenberg beschriebenen
Kommunikationsweisen und der von diesem differenziert beschriebenen
menschlichen Bedürfnisvielfalt.
Richter betont zu Recht, dass der Mensch nicht als bloßes
Individuum, sondern nur als ein in Beziehung zu anderen Menschen
Stehender begriffen werden kann. Sozialpsychologische und
systemische Aspekte weiten so den Blick auf zwischenmenschliche
Beziehungsgeflechte und bisweilen bestehende familiäre
Verstrickungen. Von hierher eröffnen sich auch dem kirchlichen
Gerichtspersonal Anregungen für die Gestaltung von Beratung,
Befragung und Subsumtion. Insofern verdankt auch die Zielgruppe
dieser Zeitschrift Prof. Richter viele wichtige Denkanstöße gerade
auch mit Blick auf materiellrechtliche Ausgestaltungen. In diesem
Zusammenhang könnten sich vor allem des Autors erhellende
Ausführungen zum Thema »Leidensunfähigkeit versus Selbstfindung«
als bedeutsam erweisen. Die Mitarbeiter kirchlicher Gerichte im
sog. operativen Bereich werden gerade diesen zweiten Teil über die
narzisstische Leidensvermeidung mit ihren Folgen interpersoneller
Art als Auswirkungen des Gotteskomplexes im Zusammenhang mit den
unaufgebbaren psychischen Mindestbefähigungen im Rahmen der
kodikarischen Konsensanforderungen mit Gewinn studieren und als
Anregung zu weiterführendem Nachdenken dankbar zur Kenntnis
nehmen.
Aus theologischer Perspektive ist anzumerken, dass in Richters Werk
freilich jeglicher Gottesbezug zur Lösung des Gotteskomplexes
fehlt. Demgegenüber sei darauf hingewiesen, dass sich gerade der
Glaube an eine Geborgenheit in Gott als von narzisstischer Angst
befreiende, sinnstiftende, heilende, versöhnende, den Gotteskomplex
überwindende Kraft erweisen kann (13). Für den
psychotherapeutischen Bereich hat Viktor Frankls Logotherapie, in
der des Menschen »Vertrauen auf den Übersinn« (14) eine beachtliche
Stellung einnimmt, einen solchen Weg (15) mit beträchtlichen
therapeutischen Erfolgen gewiesen.
Dies ändert nichts daran, dass Richter mit dem »Gotteskomplex« ein
Werk vorgelegt hat, das auch für die kirchenrechtliche Forschung
und Praxis Anregungen zur Freisetzung innovativer Ideen geben kann.
»Der große alte Mann der Psychoanalyse« (16) befreit den
aufgeschlossenen Leser zur Bewusstwerdung seiner selbst wie seiner
Mitmenschen und ermutigt zu einer Praxis annehmender
Mitmenschlichkeit – dafür sei ihm aufrichtig gedankt!
Karl-Heinz Selge, Dr. theol. habil., Lic. iur. can., DEA en droit
canonique, Diözesanrichter am Offizialat Paderborn;
Lehrbeauftragter an der Katholisch-Theologischen Fakultät der
Universität Bochum
(1) Aus der Vielzahl an Wortmeldungen zu diesem Thema sei an dieser
Stelle in Auswahl hingewiesen auf: Heinemann, H., Die sakramentale
Würde der Ehe. Überlegungen zu einer bedenklichen Entwicklung:
AfkKR 155 (1986) 377–399; Alfs, R., Sakramentale Ehe als
»Ereignisort« gelebten Glaubens und Glaubensmangel als
Ehenichtigkeitsgrund. Theologischer Anspruch und kanonistische
Konsequenz: DPM 5 (1998) 11-37; ders., Kann ein Getaufter, der
nicht an Gott glaubt, eine sakramentale Ehe schließen? Anmerkungen
im Zusammenhang mit Kapitel IV des Rituale »Die Feier der Trauung«
in der 2. Auflage: Reinhard, H. J. F. (Hrsg.), Theologia et Jus
Canonicum (Festgabe Heribert Heinemann). Essen 1995, 397-413;
Oehmen-Vieregge, R., Die Mindestintention zum Empfang des
Ehesakramentes und das Recht auf Ehe: Puza, R., Weiß, A. (Hrsg.),
Iustitia in caritate (Festgabe Ernst Rößler). (AIC, Bd. 3)
Frankfurt a.M. u.a. 1997, 265-281.
(2) Prof. Dr. med. Dr. phil. Horst-Eberhard Richter, Jahrgang 1923,
war von 1959 bis 1962 Leiter des Berliner Psychoanalytischen
Instituts und danach bis zu seiner Emeritierung 1992
Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Psychosomatische
Medizin in Gießen. Er ist Mitbegründer der Deutschen Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) und
leitete von 1992 bis 2002 als Geschäftsführender Direktor das
Sigmund Freud-Institut in Frankfurt am Main.
(3) Richter greift hier einen Gedanken auf, der ähnlich bereits vom
Freudschüler und Psychoanalytiker Ernest Jones im Jahre 1913 als
»Gottmensch-Komplex« formuliert wurde. Jones, S. E., Der Gottmensch
Komplex. Der Glaube, Gott zu sein, und die daraus folgenden
Charaktermerkmale: Jones, S. E., Zur Psychoanalyse der christlichen
Religion. Frankfurt a.M. 1970.
(4) Richter, H.-E., Lernziel Solidarität Heute. Vortrag am
25.11.99, Berlin – Erziehungs- und Familienberatung, 10
(Fundstelle:
http://www.efb-berlin.de/download/richter_25-11-99.pdf).
(5) Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est von Papst Benedikt
XVI. an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die
gottgeweihten Personen und an alle Christgläubigen über die
christliche Liebe. 25. Dezember 2005. (Verlautbarungen des
Apostolischen Stuhls, Nr. 171) Bonn 2006, Nr. 28b, S. 39. Vgl.
ebd., Nr. 34, S. 50: »Das persönliche, innere Teilnehmen an der Not
und am Leid des anderen wird so Teilgabe meiner selbst für ihn: Ich
muss dem anderen, damit die Gabe ihn nicht erniedrigt, nicht nur
etwas von mir, sondern mich selbst geben, als Person darin anwesend
sein«. Der Papst weiter, ebd., Nr. 35, S. 50: »Dieses rechte Dienen
macht den Helfer demütig. Er setzt sich nicht in eine höhere
Position dem andern gegenüber, wie armselig dessen Situation im
Augenblick auch sein mag. ... Wer in der Lage ist zu helfen,
erkennt, dass gerade so auch ihm selber geholfen wird und dass es
nicht sein Verdienst und seine Größe ist, helfen zu können«.
(6) Vgl. dazu auch Richter, H.-E., Lernziel Solidarität Heute (s.
Anm. 4): »Zur rechten Orientierung kommen wir dabei allerdings nur,
wenn wir einander nahebleiben und einander in die Augen schauen,
einander zuhören, den Kindern und den Alten, den Andersdenkenden
wie den Fremden. Unsere globale technische Vernetzung im Internet
und im Fernsehen ersetzt nicht die persönliche Berührung und den
direkten Dialog. ... Es scheint ein Kulminationspunkt heranzunahen,
da die Menschen die Unterdrückung derjenigen Bedürfnisse und
Gefühle nicht länger aushalten, die ihnen Halt im
Gemeinschaftsleben vermitteln und die sie zugleich zu
vollständigeren Individuen machen. Daß ihnen einleuchtet, was
Martin Buber gesagt hat, nämlich: ›Der Mensch ist nicht in seiner
Isolierung, sondern erst in der Beziehung des einen mit dem anderen
voll existent‹«.
(7) Vgl. AA 7, GS 13, 17, sowie KKK 1714; Vorgrimmler, H., Neues
Theologisches Wörterbuch. Freiburg-Basel-Wien 2-2000, 157.
(8)Rogers, C., Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus
der Sicht eines Therapeuten. Stuttgart 13-2000.
(9) Rosenberg, M. B., Gewaltfreie Kommunikation. Aufrichtig und
einfühlsam miteinander sprechen. Neue Wege der Mediation und im
Umgang mit Konflikten. Paderborn 2001, 67-69.
(10) Vgl. ebd.
(11) Pasztor, S., Eine Sprache des Lebens. Ein Interview mit
Marshall B. Rosenberg. o.O. 2004 (active-books by Junfermann-Verlag
Paderborn), 4.
(12) Vgl. Müller, W., Lieben hat Grenzen. Nähe und Distanz in der
Seelsorge. Mainz 1998. So haben sich der Berater und insbesondere
der Richter bei allem empathischen Einfühlen, das im Übrigen nichts
mit einfältiger Sentimentalität zu tun hat, sondern auf mitfühlende
Wahrheitserkenntnis ausgerichtet ist, dessen bewusst zu sein, dass
sie die Balance von Nähe und Distanz zu wahren haben.
(13) Dies freilich, ohne Gott als Mittel zum Zweck der
Leidensvermeidung zu degradieren; vgl. Baumann, K., Zum Glück gibt
es Gott! Zum christlichen Verständnis guten und rechten Lebens:
Theologie und Glaube 92 (2002) 1-13, 6.
(14) Frankl, V. E., Das Leiden am sinnlosen Leben. Psychotherapie
für heute. Freiburg-Basel-Wien 1977, 96. Vgl. hierzu ausführlich:
Raskob, H., Die Logotherapie Viktor E. Frankls. Eine systematische
und kritische Darstellung mit einer Skizze zu einem alternativen
Religionsverständnis. Mskr. Tübingen 2002, 477-608.
(15) Hierauf hat bereits Klaus Baumann hingewiesen; vgl. Baumann,
K., Zum Glück gibt es Gott (s. Anm. 13), 10.
(16) Holch, C., Rezension zu: Richter, Horst-Eberhard, Das Ende der
Egomanie. Die Krise des westlichen Bewusstseins. Köln 2002.
Chrismon. Fundstelle:
http://www.chrismon.de/cservice/rezensionen/egomanie.html.