Rezension zu Die Matthäus-Passion Johann Sebastian Bachs
ID 23/08
Rezension von Voss-Krüger
Das ist neu: die psychoanalytische Reihe, die sich bislang auf
Opern beschränkte, wagt nun den Einstieg ins oratorische Repertoire
und nimmt sich gleich zu Anfang eines seiner zentralen Werke vor.
Man muss nicht Christ sein, um von der Matthäus-Passion überwältigt
zu sein, sie ist eine Musik des Schmerzes und gleichzeitig eine
Liebeserklärung. Anders als bei den Bänden der Opern-Titel, die mir
gelegentlich etwas zu simpel erscheinen, überzeugt mich die
Darstellung des Düsseldorfer Psychiaters wesentlich mehr. Die
Matthäus-Passion inszeniert das menschliche Drama von Schuld und
Unschuld; es erscheint daher schlüssig, dass man sie auch
interpretieren kann als psychologisches Drama der Bewältigung eines
schweren Verlusts. Ein nachdenkenswerter Text, dessen Lektüre
allerdings eine sehr gute Kenntnis des Werks voraussetzt.