Rezension zu Die Gruppe, das Paar und die Liebe
Nakos Info
Rezension von Reiner Stock
Michael Lukas Moeller, der »Selbsthilfegruppen-Papst«, »Designer
des Zwiegesprächs«, »Papst der Paare« und Wegbereiter der
Selbsthilfekontaktstellen in Deutschland starb 2002 an Krebs –
leider viel zu früh. Cornelia Krause Girth, die damals seine
Stellvertreterin an der Frankfurter Uniklinik war, hat ein Buch zum
Gedenken an ihn herausgegeben. Darin würdigen sie und einige seine
Wegbegleiter sein Leben teils mit persönlichen, teils mit rein
wissenschaftlichen Beiträgen.
Zwei Mitarbeiter, die mit ihm die Selbsthilfegruppenbewegung in den
70er Jahren in Deutschland starteten, kommen zu Wort. Jürgen
Matzat, der Moeller in Gießen kennen lernte, lässt die Geschichte
der Selbsthilfeunterstützung in Deutschland Revue passieren und
Karl Werner Daum erzählt einige sehr liebevolle, skurrile
Anekdoten. Beispielsweise von einer gemeinsamen Fahrt mit Moellers
damaligem Auto: Drei Männer in symbiotischer Beziehung im
Mutterbauch eines roten Porsche – ein Männertraum.
Cornelia Krause-Girth beschreibt den für eine Klinik ungewöhnlichen
Ansatz einer, »beziehungsorientierten Medizin« in der von Moeller
und ihr ab 1983 aufgebauten Psychosozialen Ambulanz am Frankfurter
Universitätsklinikum. Dort standen Selbsthilfegruppen,
Psychoanalyse und Paartherapie im Zentrum des Interesses. Die
Ambulanz wurde allerdings mit seinem Tod geschlossen, weil sie den
gegenwärtigen Effizienzkriterien des Medizinbetriebs nicht mehr
entsprach.
Moeller wird gewürdigt für die Reintegration der
Gruppenanalytischen Psychotherapie von S. H. Foulkes in Deutschland
durch das von ihm gegründete Gruppenanalytische Seminar (GRAS).
Foulkes verließ 1933 wegen der Nazis Deutschland und ging nach
London. Beeindruckend ist es, in mehreren Beiträgen zu lesen, wie
Moeller es wagte, »das Tabu des öffentlichen Sterbens zu
durchbrechen«, indem er im Gruppenanalytischen Seminar (GRAS) als
Gruppenmitglied offen über sein Sterben sprach und die
Gruppenteilnehmer damit konfrontierte. Michael Kögler, der die
Leitung von GRAS nach Moellers Tod übernahm schildert in seinem
Beitrag »Wie die Gruppe dazu beitragen kann, traumatische
Erfahrungen zu heilen«, und wie es gelang, das von Moeller
initiierte Werk weiterzuführen. Michael Lukas Moeller hat in seinem
Leben so viele Menschen angestiftet, sich auf das Wagnis, sich in
Gruppen zusammenzuschließen, einzulassen. Er tat dies aus der
tiefen Überzeugung heraus, dass Menschen sich nur in Gruppen
entwickeln und genesen können. Dass möglichst viele Menschen – vor
allem in schwierigen Situationen des Lebens positive Gruppen- und
Beziehungserfahrungen machen können, war seine Mission.
Vielen, die ihn kannten, fehlt er: Seine positive Ausstrahlung,
seine begeisternden Reden und seine Fähigkeit Menschen dazu
anzustiften, Gruppen zu bilden. Die Autorinnen und Autoren in
diesem Buch zeichnen ein berührendes Bild vom Leben und Wirken
Michael Lukas Moellers, von dem was er war und wie er weiterhin
wirkt. Es ist ein Gruppenbild geworden, auf dem man ihn gut
erkennt. Es wird auf jeden Fall all denen gefallen, die sich von
ihm haben berühren und anstiften lassen und die traurig sind, dass
er schon sterben musste