Rezension zu Wie die Geburtserfahrung unser Leben prägt
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Rezension von Carolina Heske
Geburt als zentrales Erlebnis
Das Fest der Geburt Jesu Christi feiert jeder auf seine Weise.
Unabhängig von Weihnachten haben wir jedoch auch selbst rund um die
Uhr mit unserer eigenen Erfahrung zu tun: Die Art und Weise, wie
wir das Licht der Welt erblickt haben, prägt mit frühen Eindrücken
– unbewusst – unser Leben. So stehen die Auswirkungen im
Mittelpunkt dieses Buches, das einen Überblick nicht nur für
dazugehörige Berufe, sondern auch zu gesamtgesellschaftlichen
Fragen geben will.
Geburt als zentrales Erlebnis
Nein, erinnern können wir uns an unsere Geburt natürlich nicht.
Doch der Verlauf und das Erleben von Mutter und Kind prägen diese
frühesten Eindrücke und entfalten ihre Auswirkungen lebenslang. Und
das mehr, als uns im Alltag wahrscheinlich bewusst ist.
Geburtshilfe im 21. Jahrhundert
Die Geburtserfahrung als zentrales Ereignis eines jeden Menschen
steht im Fokus dieses Buches, das die Kinder- und
Jugendpsychotherapeutin Inés Brock herausgegeben hat. Die Autoren
tragen die wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse und
fachlichen Reflexionen unterschiedlicher Berufsgruppen rund um das
Thema in sich ergänzenden Beiträgen zusammen und geben damit auch
Antworten auf gesamtgesellschaftlich relevante Fragen zur
Geburtshilfe im 21. Jahrhundert.
Folgen medizinischer Interventionen
Zu Wort kommen etwa Geburtshelfer, Ärzte und Psychotherapeuten.
Neben Beiträgen beispielsweise zur primären Einheit von Mutter und
Kind während der Entbindung oder zur Rolle des Vaters während des
Geburtsvorgangs sensibilisiert das Buch für einen kritischen Blick
auf medizinische Interventionen und skizziert, welche Phänomene und
Folgen insbesondere für die Kinder sichtbar sind. Die Fachleute
thematisieren u.a. traumatische Folgen des Geburtserlebens und
geben Handlungsoptionen für die Prävention früher Störungen und
deren Heilung.
Am Nerv der Zeit
Geschichtliche und politische Betrachtungen runden das Portfolio
ab. Und das wiederum trifft den Nerv der Zeit, in der z.B. Hebammen
sich – zu Recht – Gehör verschaffen: Fachkräftemangel, schlechte
Bezahlung, zudem schwierige Arbeitsbedingungen legen diesem
Berufsstand manch eine Hürde in den Weg. Es ist auch insofern eine
kleine Emanzipation gegenüber dem Thema, weil – so der Arzt Dr.
Michel Odent im Vorwort – es bis vor Kurzem kulturell schlicht
nicht schicklich war, auf die möglichen Konsequenzen der Art
unserer Geburt hinzuweisen.
Mehr Aufmerksamkeit in der Zukunft
Invasive Geburtsmedizin ist heutzutage längst möglich, wird gern
genutzt. Doch mit welchen Folgen für Mutter und v.a. fürs Kind,
diese Erkenntnisse stehen noch am Anfang bzw. werden, wie die
Herausgeberin moniert, oftmals nicht eingebunden. Eine nicht
wirklich »feierliche« Lektüre in dieser Jahreszeit, doch auf jeden
Fall lohnenswert. Denn dass jede Geburt nicht nur zu Weihnachten
ein Geschenk, sondern grundsätzlich ein Wunder ist, verdient auch
gesellschaftlich in der Zukunft mehr Aufmerksamkeit.
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