Rezension zu Was wirkt in der Psychotherapie? (PDF-E-Book)
Punktum. Zeitschrift des Schweizerischen Berufsverbandes für Angewandte Psychologie, September 2018
Rezension von Bea Schild
Praxisstudie ambulante Psychotherapie Schweiz
Die Schweizer Charta für Psychotherapie treibt die
wissenschaftliche Entwicklung in integrativer
Psychotherapiewissenschaft voran. Das Buch bietet einen Überblick
über das bisherige Schaffen und den Bericht zur Studie der
Wirkfaktoren von Psychotherapie, der PAP-S-Studie der
angeschlossenen Verbände und Institute (Kunst- und
Ausdrucksorientierte Therapie, Bioenergetische Analyse, Kognitive
Verhaltenstherapie, Existenzanalyse und Logotherapie,
Gestalttherapie, Integrative Körperpsychotherapie,
Prozessorientierte Psychotherapie, Psychoanalyse / analytische
Psychologie, Transaktionsanalyse).
Das Forschungsdesign zur Praxisstudie ambulante Psychotherapie
Schweiz (PAP-S-Studie) wurde erstellt mit Prof. Tschuschke, Köln,
und Prof. Grünwald, Zürich, als Projektleitung gewonnen. 2007 bis
2012 erfolgte die Projektrealisierung mittels Datenerhebung bei
allen neu angemeldeten Patientinnen, 2015 der Abschluss. Die
Forschung orientierte sich nicht am RCT- oder EBM-Design, weil dies
für Psychotherapie als ungeeignet erachtet wurde. Die
Ergebnisqualität von psychotherapeutischen Routinebehandlungen
wurde nicht nur nach zugrundeliegenden Techniken untersucht,
sondern auch nach dem Schweregrad der Störung, der Qualität der
therapeutischen Beziehung, der Person der Therapeutinnen usw. Die
Studie nutzte ein erstelltes Manual mit 100 psychotherapeutischen
Interventionskategorien, davon 25 allgemeinen,
schulenübergreifenden. Für die PAP-S-Studie wurden sowohl der
aktuelle Forschungsstand zur Ergebnisvarianz als auch die
Meta-Analysen der vergleichenden Psychotherapieforschung beachtet.
Es wurden drei grosse Stichproben durchgeführt. Die Frage der
PAP-S-Studie war, wie und bei welchen Patientinnen mit welcher
Problematik Veränderungsanstösse initiiert werden können. Zur
Auswertung vorab das Nebenergebnis: Die Konzepttreue lag zwischen
4,7 und 32,5 Prozent, abnehmend mit zunehmender
Berufserfahrung.
Am meisten Zeit (71 Prozent) füllten nicht schulenspezifische
Interventionen der Kategorien Supportivität (Halt geben),
Zuhören, klärendes Nachfragen, Informationsvermittlung und
Beratung.
Der Prä-Post-Vergleich ergab bei einer Stichprobe von 300
konsekutiv aufgenommenen Patientinnen (mit den häufigsten
Hauptdiagnosen affektive Störungen und Angststörungen)
vergleichbar grosse signifikante Effektstärken bei den globalen
Massen der psychosozialen Beeinträchtigungen und der
Symptombelastung. Patientinnen mit Persönlichkeitsstörungen
(Borderline, narzisstische Störung) konnten ihre psychodynamische
Struktur verbessern.
Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass die Wirksamkeit
von humanistischen und tiefenpsychologischen Ansätzen unter
Praxisbedingungen im gleichen Spektrum liegen wie diejenigen der
kognitiv-behavioralen Ansätze.