Rezension zu Emotionelle Erste Hilfe
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Rezension von Ulrike Schmoller
Wenn ein Baby oft und lange schreit ohne sich beruhigen zu lassen,
belastet das auch die Eltern. Sie fürchten schon im Voraus den
Moment, in dem »es wieder losgeht«, fühlen sich ohnmächtig und
geraten zunehmend in Anspannung und Erschöpfung. Sie sehen sich mit
einer Vielzahl eigener Gefühle konfrontiert, die von Mitleid über
Ablehnung bis zur Aggression reichen und entwickeln Schuldgefühle
und die Sorge, keine guten Eltern zu sein. Sie erfinden teils
abstruse Beruhigungsmethoden, die noch mehr zur Überreizung
beitragen. Das Baby reagiert seinerseits mit Verunsicherung auf die
Haltlosigkeit seiner Eltern und verstärkt sein Schreien. Die
Bindung zwischen Eltern und Kind geht mitunter so weit verloren,
dass sich dieser Teufelskreis nur noch mit Hilfe von außen wieder
auflösen lässt. Betroffene Eltern können sich an eine
Schreiambulanz wenden, wie sie auch der Autor Thomas Harms in
Bremen anbietet. Er arbeitet mit der Methode »Emotionelle Erste
Hilfe«, die auf der Körpertherapie von Wilhelm Reich und der
Schmetterlingsmassage von dessen Tochter Eva Reich beruht. Er setzt
beim Körperbewusstsein der Mutter an und verhilft ihr wieder zu
einer guten Selbstanbindung, etwa durch Konzentration auf die
Bauchatmung. Durch diese Stabilisierung kann sie lernen, das
Schreien des Kindes zuzulassen statt es verzweifelt vermeiden zu
wollen. Dadurch kommt es schließlich zu einem lösenden Weinen des
Babys, das nun jedoch durch die Präsenz der Mutter Halt findet, und
so zu einem Rebonding, das einen Wendepunkt darstellt. Dieser
dramatische Prozess wird vom Therapeuten im Sinne von »Mothering
the Mother« geleitet und der Grad der Unterstützung dem Bedarf von
Mutter und Kind angepasst. In einem frühen Stadium lassen sich mit
dieser Methode erstaunlich rasch nachhaltige Erfolge erzielen und
selbst schwierige Traumata auflösen. Eine große Bedeutung kommt der
Prävention während der Schwangerschaft und Stillzeit zu, damit die
Eltern bereits gut vorbereitet in die erste Zeit nach der Geburt
hineingehen. Viele dramatische Entwicklungen ließen sich so
vermeiden und eine neue Bindungskultur könnte entstehen. Deshalb
kann die Lektüre dieses Buches nicht nur für Hebammen und Berater
eine Hilfe sein, sondern auch Eltern wichtige Impulse geben. Das
Grundprinzip der Methode ist plausibel und leicht zu verstehen.
Thomas Harms schreibt leserorientiert und knüpft nachvollziehbar am
Wesentlichen an. Zugleich merkt man, dass er weiß, wovon er spricht
und über einen genauen Blick und ein großes Gespür für die
Bedürfnisse der Eltern und Babys verfügt. Durch die Emotionelle
Erste Hilfe findet die Mutter wieder zu sich und damit unmittelbar
auch das Kind, so dass beide eine beglückende Beziehung zueinander
aufnehmen können.
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