Rezension zu Auf die Welt gekommen (PDF-E-Book)

Konzentrative Bewegungstherapie 2018

Rezension von Elisabeth Oedl-Kletter

Der Körper ist der Ort des psychischen Geschehens. Nirgends wird diese Wahrheit so unmittelbar deutlich, wie in der Arbeit mit Säuglingen. Der umfangreiche Sammelband von Thomas Harms »Auf die Welt gekommen« mit dem Untertitel »Die neuen Baby-Therapien« macht das deutlich. Es handelt sich um die Neuauflage eines Buchs, das schon 2000 erstmalig veröffentlicht wurde und nun mit einem ausführlichen neuen Vorwort und einem neuen Beitrag (von Matthew Appleton) 2017 wieder herausgegeben wurde. Größtenteils aktuell wie vor 17 Jahren, ja noch wertvoller, da einige Autorinnen inzwischen gar nicht mehr leben.

Alle AutorInnen schöpfen aus ihren jeweiligen langjährigen Praxiserfahrungen und lassen die LeserInnen sehr direkt daran teilhaben. So unterschiedlich die Ansätze und Blickwinkel der verschiedenen Kapitel auch teilweise sind, eines zieht sich durch das gesamte Buch: Das Baby wird nicht als Objekt unterschiedlicher Bemühungen gesehen, sondern als kompetenter, ebenbürtiger Teil eines Teams, dessen Führung ihm (dem Baby) auch meist überlassen wird. Wie dieser – im Vergleich mit den Bräuchen der vergangenen Jahrhunderte – revolutionäre Ansatz konsequent in die praktische Arbeit einfließen kann, wird den LeserInnen anschaulich vermittelt.

Die Kommunikation mit Säuglingen läuft in beide Richtungen hauptsächlich über den Körper, auch wenn die dabei beteiligten »Großen« sie mit Worten begleiten. Es geht daher in dem vorliegenden Buch viel um unterschiedliche Berührungsformen. Einblicke in Formen der Babymassage und unterstützende Berührungen für die Eltern, sowie einige Beiträge zur Craniosacraltherapie geben verständliche Einblicke in die praktische Arbeit und erklären gut nachvollziehbar den theoretischen Hintergrund. Die meisten AutorInnen beziehen sich vorwiegend auf die Reichianische Tradition (wie auch der Herausgeber selbst, der lange die Wilhelm Reich Gesellschaft geleitet hat). Insbesondere wird immer wieder auf Eva Reich verwiesen, die bei der ersten Ausgabe noch gelebt hat und damals auch das Vorwort beigetragen hat. In einzelnen Beiträgen, wohl auch bei dem ausführlichen Teil über die Emotionelle Erste Hilfe vom Herausgeber selbst, wird der Bezug zu Wilhelm Reich so überdeutlich, dass er bei so manch KBT-lerlnnen auf Widerstand stoßen könnte. Neuere Veröffentlichungen des Autors sind wesentlich besser lesbar und anschaulicher. Als hochkonzentrierte Darstellung der theoretischen Basis für diesen wichtigen therapeutischen Ansatz, hat aber dieser Teil auch als historisches Dokument nach wie vor seine Berechtigung.

Die einzelnen Beiträge spannen den Bogen von der präventiven Arbeit bis zur Begleitung in akuten Krisen. Die AutorInnen kommen aus verschiedenen Grundberufen und aller Herren Länder. Zahlreiche Falldarstellungen lassen die LeserInnen ganz hautnah an berührenden Entwicklungen teilhaben und machen die Lektüre besonders faszinierend.

Alles in Allem ein vielfältig anregendes Buch, das auch in der aktualisierten Fassung das ursprüngliche Entstehungsdatum nicht verleugnet und immer noch als Standardwerk für die Szene der Babytherapie Gültigkeit hat. Sicher eine Bereicherung für alle, die mit der KBT arbeiten, sei es nun mit Erwachsenen (und ihren inneren Kindern) oder tatsächlich mit Babys oder/und ihren Eltern.

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