Rezension zu Traditionslinien des »Unbewußten«
PSYCHE, Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und ihre Anwendungen, 56. Jahrgang, Heft 6, 2002
Rezension von J. G. Reicheneder
Lesen Sie hier Ausschnitte aus der Rezension zum Buch
»Traditionslinien des ›Unbewussten‹«:
»Obwohl es in der Vergangenheit nicht an Versuchen gefehlt hat, die
terminologischen Beziehungen zwischen der Psychoanalyse und anderen
wissenschaftlichen oder philosophischen Konzeptionen zu klaren,
blieb eine systematische Untersuchung des Unbewußten ein Desiderat
der Forschung. Weil viele dieser Versuche gerade den
historisch-systematischen Charakter vermissen ließen, konnte es
nicht verwundern, daß die unschwer erkennbare Verwandtschaft
bestimmter psychoanalytischer Begriffe mit der Philosophie etwa von
Schopenhauer und Nietzsche nicht selten zu der übereilten
Schlußfolgerung führte, Freud habe bei diesem oder jenem Denker
Anleihen gemacht, ohne die jeweilige Quelle, aus der er schöpfte,
angegeben zu haben.«
»Indem Günter Gödde sowohl den historisch-philosophischen Kontext
der Entwicklung derartiger Begriffe entfaltet als auch ihre
funktionelle Bedeutung im jeweiligen philosophischen Zusammenhang
rekonstruiert, gelingt ihm sozusagen als Nebenprodukt seiner Arbeit
die Entscheidung derartiger Fragen.«
»Das Buch ist in dreizehn Kapitel gegliedert, die alle auch als
eigenständige Essays zu bestimmten Themenschwerpunkten gelesen
werden können. In gewissem Maße bilden sie auch den Arbeitsprozeß
ab, den der Autor über Jahre hinweg bis zur Fertigstellung dieses
Werkes durchlaufen hat. Die einzelnen Kapitel sind reich gegliedert
und durch Zwischentitel teilweise zusammengefaßt, teilweise
aufeinander bezogen. Auf diese Weise versucht der Autor den Leser
bereits zu Beginn seiner Untersuchung auf die komplizierten und
verschlungenen Verbindungslinien einzustimmen, die zwischen der
Denkwelt Freuds und seinen wissenschaftlichen bzw. philosophischen
Zeitgenossen bestand, auf deren Werke er sich direkt oder implizit
bezog«
»Mit zwei großen Abschnitten, die der vergleichenden Untersuchung
der Denk weiten Schopenhauers und Nietzsches im Verhältnis zu den
Auffassungen Freuds gewidmet sind (Teile IX–XII), beschließt Gödde
seine Arbeit. Aus ihnen geht sowohl die unvermeidliche und
teilweise konflikthafte Auseinandersetzung zwischen Psychoanalyse
und Philosophie hervor, soweit sie gleiche Fragen behandeln, wie
auch die Eigenständigkeit beider.«
»Wenn es gelingen könnte, diese Auseinandersetzung anders zu
gestalten als etwa zwischen Adolf Grünbaum und der Psychoanalyse,
dann wäre für beide Disziplinen eine große Bereicherung zu
erhoffen. Man kann dieser Hoffnung und dem Wunsch Günter Göddes auf
eine fruchtbare Kooperation uneingeschränkt zustimmen. Eine
wichtige Grundlage zu einer Annäherung zwischen der Psychoanalyse
und der »Philosophie des Unbewußten« hat er mit seinem Buch selbst
geliefert.«
Die vollständige Besprechung finden Sie im digitalen
Klett-Cotta-Archiv der PSYCHE:
www.volltext.psyche.de