Rezension zu Bindung und Autonomie in der frühen Kindheit
Arzt + Kind, Ärztefachzeitschrift für Kinder- und Jugendheilkunde, Ausgabe 1/2018
Rezension von Christa Wienerroither
Ursula Henzinger wendet sich mit ihrem neuen Buch an Fachleute und
alle, Interesse an der Begegnung mit Kindern haben. Das Buch
berührt und informiert – lädt ein zum Eintauchen und zum
Nachschlagen.
Der erste Teil gibt Einblick in die Welt der Humanethologie, führt
uns in die Feldforschung in traditionelle Kulturen, untersucht
Ähnlichkeiten im Tierreich. Wir erfahren vieles über die
kulturgeschichtliche Entwicklung der Mutter-Säugling-Beziehung,
wobei triadisches Geschehen einbezogen wird. Beschreibungen der
Veränderungen in der Geburts-und Schlafkultur, begonnen in der
Altsteinzeit, regen an über die heutigen Bedingungen und Techniken
nachzudenken.
Im zweiten Teil des Buches folgt eine ausführliche Darstellung der
Geschichte und Kernaussagen der Bindungstheorie. Diese erfährt eine
Erweiterung durch das »Zürcher Modell« des Psychologen Norbert
Bischof und mit dieser Basis geht die Autorin über, die Stationen
der »Nähe-Distanz- Regulation« von Baby bis Kleinkindalter zu
beschreiben. An dieser Stelle wird Ursula Henzingers breites
Erfahrungsspektrum in Eltern-Kind-Arbeit, ihre feine wertfreie
Beobachtungsgabe ohne sich einzumischen, spürbar.
In vielen lebendigen Beispielen nimmt der Leser wahr, was Kinder
von ihren Bezugspersonen und ihrer Umgebung benötigen um sich in
ihrer Welt sicher und wohl zu fühlen und sich gesund zu entwickeln.
Eltern vermittelt das Buch keine simplen Lernanleitungen sondern
macht Mut, das Zusammensein mit ihren Kinder zu genießen. Es zeigt,
dass man durch respektvolles Zuschauen und Wahrnehmen ohne
Einzugreifen viel über Kinder erfahren kann. Großgeschrieben steht
das Vertrauen in die den Kinder innewohnenden
Entfaltungsmöglichkeiten und die intuitiven Kräfte ihrer
Eltern.