Rezension zu Die therapeutische Beziehung in der psychodynamischen Psychotherapie

Psychotherapie Aktuell, 10. Jahrgang, Heft 1/2018

Rezension von Gabriele Eßing

In dem Handbuch, hervorgegangen aus den monatlichen Treffen psychodynamischer Ausbilder, beschäftigen sich die 39 Autoren mit dem wichtigen Thema der »therapeutischen Beziehung«. Neben einer historischen Einordnung werden einzelne Aspekte der therapeutischen Beziehung und unterschiedliche Dimensionen des therapeutischen Prozesses beschrieben. An die Beiträge wichtiger Theoretiker wird angeknüpft sowie Erfahrungen in Bereichen wie Supervision und Ausbildung geschildert.

Aufgrund der Vielzahl der Beiträge mit zum Teil sehr unterschiedlicher Thematik gehe ich stellvertretend auf zwei Texte näher ein, in denen es um eher selten angesprochene Aspekte der therapeutischen Beziehung geht.

In dem Beitrag »Wenn der Körper spricht«, beschreibt Dieter Rau-Luberichs, dass in der therapeutischen Beziehung nicht nur über die Sprache seelische Zustände zum Ausdruck kommen, sondern gleichermaßen über den Körper. Die sich in früher Kindheit herausgebildeten affektmotorischen Schemata, die das implizite Beziehungswissen beinhalten, das auch als körperliches Gedächtnis bezeichnet wird, bestimmen die Erlebens- und Verhaltenspositionen. Mit seinem Körper, seiner Gestik, Mimik, Haltung drückt aber nicht nur der Patient sein Befinden aus; auch der Körper des Therapeuten ist in diesen Prozess eingebunden. Seine eigene Körperwahrnehmung wird zum Instrument der Diagnose und Kommunikation, wenn er beispielsweise durch die Registrierung eigener Atemveränderungen auf Atemveränderungen des Patienten schließen und so dessen Befindlichkeit erkennen kann.

Roland Voigtel thematisiert in »Die Wirkung von Hierarchie und Macht in der therapeutischen Beziehung«, dass es im Rahmen von negativen Übertragungsprozessen zu einer Verunsicherung des Psychotherapeuten kommen kann, die dieser nicht einfach abblocken oder verleugnen darf. So wird durch negative Einwürfe des Patienten, etwa respektlosen Vorwürfen, die Verunsicherung vom Therapeuten manchmal durch wütendes Agieren, verbissenes Schweigen oder Schlaf (als Totstellreflex) abgewehrt, was die therapeutische Beziehung beschädigen kann. Er plädiert dafür, die Verunsicherung sich selbst und auch dem Patienten gegenüber zuzugeben, um sich dann wieder auf die hinter den Attacken steckenden Bedürfnisse konzentrieren zu können.

Die Wichtigkeit der therapeutischen Beziehung für ein Gelingen von Psychotherapie ist aus der Psychotherapieforschung bekannt. Das Thema ist also auch für nicht psychodynamisch ausgerichtete Therapeuten von großem Interesse. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung.

www.dptv.de

zurück zum Titel