Rezension zu Sigmund Freud schläft nie
Freie Psychotherapie, 2/2014
Rezension von Ela Windels
Warum lachen wir? Das Lachen ist die elementarste Emotions- und
Kommunikationsform. Neben dem Schreien gehört es beim Säugling zu
den ersten Lebensäußerungen; er lächelt seine Mutter automatisch
an. In seiner Hilflosigkeit hofft er dadurch auf ihre Hinwendung,
auf ein freundliches Entgegenkommen. Lächeln ist soziales
Schmiermittel, mit dem wir uns gegenseitig der Aufmerksamkeit und
Akzeptanz versichern. Beim Klassenclown z. B. kann dies schnell
entgleisen und vom Miteinanderlachen ins Ausgelachtwerden kippen.
Der Grat ist schmal. Lachen ist Ausdruck des Innenlebens als
Reaktion auf Erheiterndes und manchmal ist es die pure Lust am
Unsinn, die uns blödeln und kichern lässt.
Sigmund Freud beschäftigte sich intensiv mit dem Witz, den er wie
die Traumarbeit als psychischen Vorgang bezeichnete. Der
Psychoanalytiker Ernst Kris brachte Freuds Ausführungen über Humor
auf den Punkt: »Im Lachen nimmt sich der Mensch Ferien vom
Über-Ich«. Er macht sich also frei von den Zwängen und
Rollenerwartungen, Moral und Regeln der Gesellschaft. Der Körper
übernimmt das Regiment durch eine unbeherrschte Eruption. Über
Fremdes zu lachen, dient es als Abwehrmechanismus gegen Ängste.
Wem bis dato die Psychoanalyse fremd und unheimlich ist, der kann
seine Unsicherheiten mit den Cartoons über die klischeebeladene
Behandlungsmethode und ihren Gründungsvater Sigmund Freud herzhaft
lachend überwinden. Der Autor Jiri Sliva nimmt ihr mit seinen
Zeichnungen unterhaltsam das Elfenbeinturmdasein und holt auch den
übermächtigen Freud vom Sockel. Auf 60 Seiten macht sich der Autor
lustig:
Da liegt ein Fakir auf einer mit Spitzen gespickten Couch und ein
Suizidaler wird direkt am Ort des Geschehens auf den Gleisen
therapiert. Eine mobile Couch zeigt die Omnipräsenz der
Psychoanalyse und das inflationäre Zitieren des Unbewussten – Freud
ist immer da, wo er gebraucht wird und auch dort, wo nicht. Mal als
einfühlsamer Versteher mit überdimensional großem Ohr, mal als
Genius mit übergroßem Gehirn. Die Patienten, in der Regel männlich,
bewegen sich zwischen kafkaesken Halluzinationen und fixen
Ideen.
Eine wunderbare Ergänzung zu den Bildern bildet der psycho- und
kulturanalytische Essay von Hans-Jürgen Wirth, in dem er der
Bedeutung des Lachens in verschiedenen Disziplinen nachgeht.
Wirth beleuchtet z. B. das spöttische Lachen, mit dem wir uns über
andere erheben und von ihnen abgrenzen, etwa mit Blondinen- oder
Ausländerwitzen. Ein Ausflug in die Philosophie betont den
aggressiven Affekt. Die Philosophen betrachten das Hohngelächter
als archaischen Ursprung des Lachens. In der Verhaltensforschung
wiederum gilt das Zähnezeigen ursprünglich als Drohgebärde, wie bei
den Tieren.
Eines wird bei den detaillierten Ausführungen über das Lachen
ebenso wie bei der direkten Aufforderung zum Lachen durch die
Cartoons jedoch klar: es reinigt und befreit, erhellt die Psyche
und schüttet im Körper Glückshormone aus. Kurz: Lachen ist
gesund.
Schon alleine deshalb lohnt sich dieses Buch!