Rezension zu Alfred Lorenzer (PDF-E-Book)
Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau – Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Sozialpolitik und Gesellschaftspolitik, Heft 74, 1/2017
Rezension von Michael May
Zu den Blindstellen gegenwärtiger Rezeption der Arbeiten Alfred
Lorenzers
Nachdem in der Reihe »Bibliothek der Psychoanalyse« des
Psychosozial-Verlages 2013 schon ein Sammelband zur Aktualität des
interdisziplinären Ansatzes Alfred Lorenzers (im Folgenden zitiert
als L) erschienen ist, folgt nun ein weiterer Tagungsband zum
Vergleich seiner Arbeiten mit denen von Jacques Lacan (im Folgenden
zitiert als H/M). Mit guten Gründen hat Lorenzers ehemaliger
Mitarbeiter Bernard Görlich in seinem Beitrag für den von Reinke
herausgegebenen Sammelband für ein »Wiederanknüpfen und die
Weiterarbeit an Lorenzers Projekt« (L: 136) plädiert. Dies liefere
nicht nur »tragfähige Orientierungen in der Debatte um Freud«
(ebd.), sondern eröffne zudem »Möglichkeiten kritischer Subjekt-
und Gesellschaftsanalyse, die noch lange nicht ausgeschöpft sind«
(ebd.). Beide Bände konzentrieren sieh jedoch vor allem darauf,
Ersteres zu diskutieren. Darüber gerät Letzteres zumindest in den
Hintergrund, wenn es nicht in vielen Beiträgen gleich gänzlich für
obsolet erklärt wird.
I.
Der von Reinke herausgegebene Sammelband gliedert sich nach einer
Einführung der Herausgeberin, die nicht nur die Beiträge des
Sammelbandes, sondern auch die Schriften Alfred Lorenzers kurz
vorstellt, in die zwei Teile: »Grundlagen« und »Tiefenhermeneutik«.
Der erste Beitrag von Gottfried Fischer und Monika Becker-Fischer
»Zwischen Erlebnis und Geschehnis – Zum Traumabegriff bei Alfred
Lorenzer« beleuchtet die ersten, traumatheoretisch orientierten
Arbeiten Lorenzers, in denen dieser das Trauma-Thema
›methodologisch‹ aufgegriffen hat. Schon Reinke hat in ihrer
Einführung nicht nur nachgezeichnet, wie »der Weg Lorenzers (...)
vom praktischen Verfahren über die Bestimmung des Gegenstands der
Psychoanalyse zur Reflexion des Verfahrens in seiner
methodologischen Begründung« (L: 13) verläuft. Sie hat auch
dargelegt, wie »sich seine Auffassung der psychoanalytischen
Erkenntnismethode als rein hermeneutische sowohl gegen
nomothetische wie auch gegen intersubjektivistische Auffassungen
ab(grenzt), soweit sie den psychoanalytischen Triebbegriff für
obsolet halten« (ebd.). Entsprechend arbeiten auch
Fischer/Becker-Fischer heraus, wie Lorenzer in seinen
traumatheoretischen Arbeiten in »Zurückweisung einer nomologischen
Interpretation der Psychoanalyse (...) am Status der Psychoanalyse
als einer ›Erfahrungswissenschaft‹ fest(hält), allerdings verbunden
mit dem Zusatz, es handelt sich um eine ›hermeneutische‹
Erfahrungswissenschaft« (L: 26). Sie zeigen, wie Lorenzer dabei »im
Unterschied zur traditionellen Hermeneutik (...) erklärende
Zwischenschritte unterstellt, die von verstehenden Operationen,
insbesondere vom ›szenischen‹ Verstehen, eingerahmt sind (...),
sodass sich typischerweise eine Abfolge der Erkenntnisschritte von
Verstehen – Erklären –Verstehen ergibt« (L: 29). Hebt Reinke in
ihrer Einführung darüber hinaus zu Recht hervor, dass Lorenzer »die
Psychoanalyse ihrem Verfahren nach als ›kritisch hermeneutisch‹ und
›praktisch verändernd‹ aus(weist)« (L: 13), gerät dieser Aspekt im
Beitrag von Fischer/Becker-Fischer in den Hintergrund. Stattdessen
versuchen sie aus Lorenzers traumatheoretischen Arbeiten eine
»Hermeneutik traumatisch verzerrter Hirnfunktionen« (L: 30)
abzuleiten und die eigenen Arbeiten zu einer »subjektiven Biologie«
als »Fortsetzung und Ergänzung« (L: 34) seiner Arbeiten zu
profilieren.
In ihrem anschließenden Beitrag »›Hermeneutik des Leibes‹ –
Psychoanalyse zwischen Leiblichkeit und Vorstellungsarbeit« zeigt
die Herausgeberin Ellen Reinke, wie Lorenzer auch über diese frühen
Arbeiten hinaus eine Brücke zu schlagen versucht hat, zwischen den
ursprünglich neurologisch orientierten Arbeiten Freuds und seiner
Entwicklung der Psychoanalyse. Dabei streicht sie heraus, dass
Lorenzer »als Neurologe von Haus aus den Vorteil (hatte), auf die
neuen Erkenntnisse der Neurowissenschaften (...) zurückgreifen zu
können« (L: 69). Lorenzers metatheoretische Fundierung der
Psychoanalyse interessiert sie in diesem Zusammenhang vor allem zur
Positionierung der Psychoanalyse im interdisziplinären Diskurs mit
der Neurobiologie. Letzteres scheint ihr so wichtig, dass sie neben
Lorenzer auch weitere neuropsychoanalytische Ansätze ins Feld
führt, wie den »Ansatz von Mark Solms, der auf die
neurowissenschaftlichen Arbeiten Freuds zurückgreift« (L: 73), oder
Allan N. Schores Konzept »einer ›hierarchischen‹, stufenmäßigen
Organisation der psychischen wie der neurobiologischen Entwicklung
des Subjekts« (ebd.). Auf Lorenzer gestützt fordert sie von den
Neurowissenschaften, »insbesondere die Voraussetzungen ihres
eigenen Wissenschaftsprozesses« (L: 80) zu reflektieren. Dies sieht
sie zugleich als »Voraussetzung, um auf Seiten der Psychoanalyse
die Dichotomie in ein Bedrohungs- oder Umarmungszenario in Bezug
auf die Neurowissenschaften zu überwinden« (ebd.). In Reinkes
Einführung werden als Nächstes die Beiträge von Bernard Görlich
»Über die Widerständigkeit des Subjekts – Alfred Lorenzers
Auslegung der Freudschen Erkenntnis des Unbewussten«, sowie die
Wiederveröffentlichung des von Lorenzer gemeinsam mit Görlich
verfassten Aufsatzes »Lebensgeschichte und
Persönlichkeitsentwicklung im Spannungsfeld von Sinnlichkeit und
Bewusstsein« vorgestellt. Der eher Lorenzer kritische Beitrag von
Heribert Wahl »Das Symbol bei Alfred Lorenzer – Rezeption und
Weitung einer innovativen Konzeption« schließt dieser Einführung
zufolge den ersten Teil des Bandes ab. Merkwürdigerweise findet er
sich im Band aber bereits an dritter Stelle vor den Beiträgen von
Görlich und Lorenzer/Görlich. Wer einen Überblick über das Werk
Lorenzers bekommen will, sollte in jedem Fall zunächst diese beiden
Beiträge lesen und nicht der Reihenfolge des Abdrucks der Beiträge
im Band folgen.
Dass der traumatheoretische Beitrag von Fischer/Becker-Fischer den
»Grundlagen«-Teil des Bandes einleitet, gefolgt von Reinkes eigenem
Aufsatz zur »Hermeneutik des Leibes«, leuchtet insofern ein, als
damit in gewisser Weise der Weg von Lorenzers wissenschaftlichen
Arbeiten nachvollzogen wird, an deren Ausgangspunkt ja die
methodologische Auseinandersetzung mit dem Trauma-Thema und der
»Naturwissenschaftlichkeit der Psychoanalyse« – so der Untertitel
seines eigenen Aufsatzes zur »Hermeneutik des Leibes« – steht.
Allerdings akzentuieren auch diese beiden einleitenden Beiträge
schon stärker die Bedeutung Lorenzers für aktuelle Debatten – vor
allem in Bezug auf die Neurowissenschaften – und vernachlässigen
darüber die von Görlich angesprochenen und für Lorenzers Werk so
zentralen Aspekte einer »kritische(n) Subjekt- und
Gesellschaftsanalyse« (L: 136).
Mit guten Gründen hat Görlich auch darauf hingewiesen, dass
»Voraussetzung aller Kritik (...) gründliche Kenntnis des zu
Kritisierenden« (L: 123) ist. Er schließt dabei an Lorenzer selbst
an, der dies im Hinblick auf die kritische Auseinandersetzung mit
Freud gefordert hat. Zu wünschen gewesen wäre, dass auch Heribert
Wahl dies für seinen Beitrag einer angeblichen »Rezeption und
Weitung« von Lorenzers Symboltheorie beherzigt hätte. Er selbst
gesteht zu, dass er »wichtige Impulse« (L: 86) aus Lorenzers
»Gesamtkonzeption (...) selektiv heraus(greift)« (ebd.). Dies
zugestanden lässt sich jedoch seine zentrale These »Lorenzer
binde() das Symbolische eindeutig an Sprache« (L: 93) ebenso wenig
nachvollziehen, wie seine Kritik an »Lorenzers Fixierung auf
Sprache« (L: 94), die dessen Werk sogar eine »Dominanz der Sprache«
(L: 100) unterstellt – »abstrakt, also abgelöst von vor- und nicht
sprachlicher Interaktionspraxis und deren Transformationspotenzial«
(ebd.).
Immerhin hat Wahl Lorenzers »Unterscheidung in
›sinnlich‹-symbolische und ›sprach‹symbolische Interaktionsformen«
(ebd.) zur Kenntnis genommen. Schon dass er diese gleichsetzt mit
der Unterscheidung in »präsentative Bedeutungsträger und
abstrakt-diskursive Sprachzeichen« (ebd.) wird Lorenzes an Susanne
Langer(1) anknüpfender Differenzierung des Symbolbegriffs in eine
›präsentative‹ und eine ›diskursive‹ Symbolik nicht gerecht und
vermischt dessen Symboltheorie mit seiner Theorie von ›Zeichen‹ als
in ihrer Entleerung von Sinnlichkeit zu einer desymbolisierenden
Abstraktheit erstarrten Sprache. Wenn – wie Reinke dies knapp
zusammenfasst – »der präsentativen – darstellenden – Symbolik (...)
eine konnotative, der diskursiven – begrifflichen – eine denotative
Funktion zu(kommt)« (L: 52), dann bedeutet dies nicht zwangsläufig,
dass ›sprachliche‹ Symbolik sich in »abstrakt-diskursiven
Sprachzeichen« erschöpft, wie Wahl dies unterstellt.
Dies wird nicht erst durch die Ausführungen Lorenzers in seinem
gemeinsamen Beitrag mit Achim Würker zur »Tiefenhermeneutischen
Literaturinterpretation« (L: 185 ff., besonders 192) widerlegt, der
in Teil II des Bandes zur »Tiefenhermeneutik« wiederveröffentlicht
wurde. Schon zuvor betont Görlich in seinem Beitrag, dass
»sinnliche Symbole (...) sich, ganz allgemein, im Wechselspiel der
Menschen mit kulturellen Bedeutungsträgern überall dort
(entwickeln), wo sich Lebensentwürfe ihren affektiv-symbolischen
Eigenraum zu bewahren und im kollektiven »Spiel der Phantasie« – in
relativer Freiheit von der diskursiven Ordnung der Sprache – zur
Geltung zu bringen vermögen« (L: 134 f.). Explizit verweist er
dabei neben »der bildenden Kunst, der Musik, dem Ritual etc.« (L:
135) auch auf die »Poesie« (ebd.) und »jene() Literatur, die
Sprache beim Bild, nicht beim verregelten Wort« (ebd.) nimmt.
So scheint es sich bei Wahls Interpretation, dass Lorenzers
Unterscheidung von ›sinnlich‹- und ›sprach‹symbolischen
Interaktionsformen »noch einmal« (L: 100) dessen »ambivalente
Faszination durch Sprachliche (manifestiert), an dem alles gemessen
wird« (ebd), ebenso wenig um ein bloßes Missverständnis zu handeln,
wie bei seiner Abwertung von Lorenzers Konzept der
›Doppelregistrierung‹ als »technoid-quantitativ klingende Version
des Sprachlernens: als ob das niedergelegte Erfahrungsmaterial
(...) einfach sprachlich verdoppelt würde, indem dafür ein weiterer
Kanal, eine Tonspur, angelegt würde, mechanisch abhängig von der
Menge der eingespeisten Wörter« (L: 92). Besonders offensichtlich
wird die Absurdität dieser Interpretationen in dem im Teil I des
Bandes wiederveröffentlichten Beitrag Lorenzers gemeinsam mit
Bernard Görlich, in dem sie nachzeichnen, wie
›sinnlich‹-symbolische Interaktionsformen dadurch entstehen, dass
»sinnlich-unmittelbare Interaktionsformen (...) mit Bedeutungen,
das heißt Symbolen, verknüpft werden, die aus der
Auseinandersetzung mit Gegenständen erwachsen und die
Erlebniswirklichkeit organisieren« (L: 147). Deutlich arbeiten sie
dabei heraus, wie »in Auseinandersetzung mit der Umwelt (...)
lebenspraktische Entwürfe in Eigenregie erprobt und entwickelt« (L:
149) werden und »sich Wünsche, Sehnsüchte und Phantasien« (ebd.)
herausbilden, »die, weil eingebettet in sinnliche Praxis, dem durch
Sprache in die Auseinandersetzung eingeholten System
gesellschaftlicher Normen entzogen bleiben können, ja, zu einem
großen Teil nie vollends in Sprache eingeholt werden« (ebd.).
Gerade darin sehen sie »die Potenz neuer Lebensentwürfe und (...) –
wenn vielleicht auch nur in Phantasien und Träumen –Vorgriffe auf
die konkrete Utopie einer Versöhnung von Sinnlichkeit und
Bewusstsein, partikularen Lebensentwürfen und kollektiv
organisierter Praxis« (L: 158).
Vor diesem Hintergrund verdeutlichen sie, wie die
»Doppelregistrierung (...) nämlich nur im Zuge der Konfrontation
zweier rivalisierender Systeme von Handlungsentwürfen zustande
(kommt). (...) Der (...) in Gang kommende Prozess der Verknüpfung
(...) gelingt (...) nur auf dem Boden der bestehenden
Interaktionsformen und misslingt in jedem Fall partiell da, wo die
in der Sprache enthaltenen Normen ausweglos mit den bereits
einsozialisierten bedürfniswichtigen Figuren vorsprachlichen,
sinnlich-unmittelbaren und sinnlich-symbolischen Interaktionsformen
in Widerspruch geraten« (L: 152). Demgegenüber versucht Reinke in
ihrer ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Lorenzerschen
Konzept der ›Doppelregistrierung‹ (L: 62 ff.) dieses vor allem als
»Brückenkonzept, das sich für den interdisziplinären Dialog eignen
könnte« (L: 66), fruchtbar zu machen – auch in Verbindung mit
anderen philosophischen Konzepten, wie dem von Perler(2) oder auch
des »späten Wittgenstein(3)«, die »das physikalische und das
normative Beschreibungssystem in ihrer jeweiligen Bedeutung für
unsere Erkenntnis objektiver und subjektiver Bedingungen
menschlicher Existenz durch eine Analyse der Sprache zu verbinden«
(L: 62) suchen.
Gänzlich unverständlich ist, wenn Wahl kritisiert, dass bei
Lorenzer ein »materialistischer Überbau« (L: 97) – was immer auch
dieses geradezu paradoxe Wort meinen mag – »an die Stelle der
konkret-realen, materialen Beziehungsbasis und -matrix tritt«
(ebd.). Was diese »materia-le| | Beziehungsbasis und -matrix«
(ebd.) jenseits Lorenzers differenzierter materialistischen Theorie
von Interaktionsformen sein soll, bleibt jedoch bis auf den Verweis
darauf, dass Wahls Ansicht nach die »explizite
›Beziehungs‹dimension (...) von selbst- und objektpsychologischen
Ansätzen (Kohut, Winnicott, Bion) her stärker ins Zentrum« (L: 90)
gerückt würde, unklar. Statt sich kritisch im Sinne dessen, wie
dies Görlich im Anschluss an Lorenzer angemahnt hat, mit dessen
»materialistischer Sozialisationstheorie« und seiner ebenso
materialistischen »Hermeneutik des Leibes« auseinanderzusetzen,
beschränkt sich Wahl darauf, diese Theorien als »neomarxistische(s)
Sprachspiel« (ebd.) abzutun und seinen Begriff von ›Diabol‹ als
Negativ des Symbols zu protegieren. Mit diesem sucht er »den
Begriff des individuellen Symptoms um seine ›trans‹individuelle
Dimension zu erweitern« (L: 93). Diese fällt seiner Ansicht nach
»nicht einfach mit einer gesellschaftlichen Symptomatik zusammen,
sondern hat – analog zur Pathologie der individuellen
Charakterstruktur – mit der mythischen Struktur zu tun, die ja –
soweit kollektiv geteilt und literal geglaubt – ebenfalls der
Kultur und Weltanschauung ihrer jeweiligen Gesellschaft oder Gruppe
»entgegenkommt«, zu ihr »passt« – freilich immer im defizitären
Modus des Substitutes« (L: 95 f.).
Ausgespart bleibt so auch bei Wahl – ebenso wie zuvor schon im
Beitrag zur »Hermeneutik des Leibes« von Ellen Reinke –, dass aus
der Perspektive Lorenzers »Alternativen zur Pathologie des falschen
Ich (...) nur im Blick auf die besonderen Merkmale des Unbewussten
(auszumachen sind), die, leiblich-nichtsprachlich konturiert, auch
den »Ort der Sehnsucht« bilden, und zwar nun keineswegs im
ausschließlich regressiven Sinne« (L: 133), wie Görlich in seinem
Beitrag »Über die Widerständigkeit des Subjekts« überzeugend
herausarbeitet. So verweist er in diesem, seinem eigenen Beitrag
(vgl. L: 133, 137), wie auch in den von ihm ergänzten Anmerkungen
zu seinem gemeinsamen Beitrag mit Lorenzer (L: 162) wiederholt
darauf, dass Lorenzers Konzept des Unbewussten integral auch jene
Dimension umfasst, mit der Ernst Bloch(4) jene Leerstelle der
»Psychologie des Unbewußten« (1979:131) zu schließen versucht hat,
die dessen »andere() Seite, der Dämmerung nach vorwärts« (ebd.)
betrifft und die er mit seinem Begriff des »Noch-Nicht-Bewußte(n)«
(ebd.) fasst. Interessanterweise beschäftigt sich Lorenzer damit
sehr stark in seinem Buch »Die Sprache, der Sinn, das
Unbewußte«(5), in dem sich als Exkurs auch sein von Reinke
zitierter Beitrag zur »Hermeneutik des Leibes« findet.
Diesbezüglich lesenswert sind vor allem die Kapitel VII »Die
Widerständigkeit des Unbewussten« und IX »Sprachzerstörung und
Kultur«. Deutlich verweisen Lorenzer und Görlich in ihrem
gemeinsamen Beitrag jedoch auf die Gefahr, dass »die Potenz neuer
Lebensentwürfe und (...) – wenn vielleicht auch nur in Phantasien
und Träumen – Vorgriffe auf die konkrete Utopie einer Versöhnung
von Sinnlichkeit und Bewusstsein, partikularen Lebensentwürfen und
kollektiv organisierter Praxis (...) als unverständliche Phantastik
seine innovatorische Kraft zu verlieren (droht d.V.), wenn nicht
die vom öffentlichen Konsens ausgeschlossenen Spannungen aus der
Privatheit des Leidens erlöst werden« (L: 158).
II.
Der Teil II des Bandes zur »Tiefenhermeneutik« wird eingeleitet
durch eine Einführung von Achim Würker in die
»Literaturinterpretation als psychoanalytische Hermeneutik« (L: 165
ff.). In dieser wird nicht nur »Alfred Lorenzers Konzeption einer
»tiefenhermeneutischen« Methode der Literaturinterpretation«
(ebd.), sondern – wie Ellen Reinke in ihrer Einführung zu Recht
vermerkt – auch »Lorenzer als Lehrer lebendig« (L: 9). So schildert
Würker plastisch, wie Lorenzer in seiner Frankfurter Zeit
Studierende in seinen Hochschulseminaren für diese Methode zu
faszinieren vermochte. Am Beispiel des bekannten Romans von
Bernhard Schlink, »Der Vorleser«(6), gibt er sodann einen
anschaulichen Einblick in das konkrete Vorgehen, um dann den »Rang
diese(r) Konzeption im Diskurs psychoanalytischen Interpretierens
von Literatur« (L: 165) im Speziellen und die »Relevanz von
Lorenzers Tiefenhermeneutik« (ebd.) im Allgemeinen zu
diskutieren.
In einer Vorbemerkung zur Wiederveröffentlichung seines gemeinsamen
Aufsatzes mit Lorenzer zur »Tiefenhermeneutische(n)
Literaturinterpretation« (L: 185) ersucht er bescheiden »um
Nachsicht für die sprachliche Form« (ebd.) dieses als »Vorlage
einer Übersetzung« (ebd.) fungierenden Textes und die
»außerordentliche Komprimiertheit der Darstellung« (ebd.). Aufgrund
der Anschaulichkeit seines eigenen, den Teil II einleitenden
Beitrages, scheint diese jedoch als durchaus von interessierten
Lesenden bewältigbar. In jenem gemeinsamen Aufsatz erörtern sie das
Verhältnis des tiefenhermeneutischen Interpretationsverfahrens
nicht nur zur ›Rezeptionsästhetik‹, bei der im Unterschied zur
Tiefenhermeneutik das Bewusstsein und nicht das Unbewusste, »den
Konvergenzpunkt bildet, in dem ›Autor und Leser zur Deckung‹
gelangen« (L: 187). Besonderes Interesse schenken sie der Beziehung
zur ›Ideologiekritik‹. Parallelen der Tiefenhermeneutik zu dieser
sehen sie sowohl im »kritische(n) Ansatzpunkt – im Aufspüren
bewusstseinsmäßiger Bornierungen« (L: 187) – wie darin, »dass es um
den kollektiv bedeutsamen Sinn sozialer Strukturen geht« (ebd.).
Während sich jedoch die ›Ideologiekritik‹ darauf konzentriere,
»Bewusstseinsformen über gesellschaftliche Praxis herauszuarbeiten«
(ebd.), gelte es in der ›Tiefenhermeneutik‹ »unbewusste Sinngehalte
(...) zu verstehen und zu begreifen« (ebd.).
Vor allem aber zeichnen sie nach, wie die kritische Reflexion des
traditionellen Verfahrens ›Psychoanalytischer
Literaturinterpretation‹ zu einer wichtigen »Triebkraft des
Entwicklungsprozesses der Tiefenhermeneutik« (L: 188) wurde. Dabei
streichen sie heraus, dass Letztere »nicht auf durch individuelle
Konflikte verursachte Desymbolisierungen und den dadurch
entstandenen nicht mehr bewussten Lebensentwürfen (zielt), sondern
auf kollektiv bedeutsame Interaktionsformen, die noch nicht
sprachlich benennbar sind« (L: 193).
Die beiden folgenden Beiträge von Sigrid Scheifele zu »»Nach der
Stille« oder Intimität und soziales Leid in Israel und Palestina«
(L: 211 ff.) sowie von Timo Storck und Ellen Reinke zu
»Diva-Vorstellungen –Von der Vorstellung des geraubten Objekts zur
inneren Objektbeziehung« (L: 231 ff.) beanspruchen laut Reinkes
Einführung nicht nur »den Schwerpunkt vom Wort zum Bild« (L: 9) zu
verlagern, sondern auch die »Lorenzersche Methode im Bereich der
tiefenhermeneutischen Filmanalyse« (ebd.) anzuwenden. Scheifele
nimmt diesen Anspruch in ihrem Beitrag jedoch selbst zurück, in dem
sie auf der Basis einer Reflexion, wie sie durch den Film »Nach der
Stille« sich »in ein Wechselbad der Gefühle gestoßen« (L: 215)
fühlte, damit begnügt, zwei Denkanstöße im Hinblick auf
»Deutungsmöglichkeiten der Schlussszene« (L: 225) zu geben. Und
auch der Beitrag von Storck und Reinke konzentriert sich eher
darauf, »wie der Film Diva in eine erzählerische Ordnung
eingebunden werden kann« (L: 244), um zum Schluss unter der
Überschrift »Vom Wunschbild zum Beziehungswunsch« eine schon im
Untertitel des Beitrages avisierte objektbeziehungstheoretisch
unterlegte Deutung zu wagen. Im Anschluss an den Beitrag von
Lorenzer/Würker wäre diese jedoch eher einer Übertragung
›Psychoanalytischer‹ denn ›Tiefenhermeneutischer
Literaturinterpretation‹ auf die Filmanalyse zuzuordnen.
Der Titel »Learning from Lorenzer – Architektur zwischen
symbolischem Raum und visueller Symbolik« (L: 249) des nächsten
Beitrages von Klaus Köberer spielt auf die Abhandlung »Learning
from Las Vegas – The forgotten symbolism of architectural form«(7)
von Venturi et al. an, die »bis in die Gegenwart einen kaum zu
unterschätzenden Einfluss auf Theorie und Praxis der Architektur
ausgeübt« (L. 249) hat. Diese vergleicht Köberer mit Lorenzers
Aufsatz »Städtebau: Funktionalismus und Sozialmontage? Zur
sozialpsychologischen Funktion der Architektur«(8). Dabei
interessiert ihn besonders »einer der grundlegendsten und
gleichzeitig bekanntesten Gedanken aus Learning from Las Vegas« (L:
250), nämlich »die Unterteilung der gebauten Umwelt in zwei
Kategorien, ›Enten‹ und ›dekorierte Schuppen‹« (ebd.), wobei die
›Ente‹ auf eine »Entenbraterei in Form einer Ente« (ebd.) verweist.
Ebenso beleuchtet er die Spannungsverhältnisse zwischen
»Zweckerfüllung ›und‹ zweckfreie(m) Gefallen, abstrakte(r)
Bedeutung ›und‹ konkrete(r) Sinnlichkeit, Symbol ›und‹ Raum« (L:
268), mit denen sich Alfred Lorenzer in seinem Aufsatz
auseinandersetzt und die er dialektisch aufzuheben beansprucht.
Hinter diesen unterschiedlichen Fokussierungen stehen zwei deutlich
sich voneinander abhebende Symbolbegriffe. Wie Köberer
herausarbeitet, theoretisieren Venturi et al. »Raum, Objekt,
äußeres Zeichen und Bedeutung (als d.V.) einzelne, zwar miteinander
in Verbindung stehende, aber losgelöste Elemente, wobei das Symbol
dem äußeren Zeichen entspricht« (L: 253). Demgegenüber fokussiert
Lorenzers Symbolbegriff »»ein geschlossenes, differenziertes
Sinngebilde«, das äußere Wirklichkeit und ›innere Struktur‹, Gefühl
und Begriff, subjektiver und kollektiver Bedeutung zu einer Einheit
zusammenfasst« (ebd.). Vor diesem Hintergrund interpretiert Köberer
Lorenzers Begriff von ›tiefer Symbolbildung‹ in der Architektur
dahingehend, dass diese nicht nur die von Lorenzer haussierten
Spannungsverhältnisse dialektisch aufzuheben hat, sondern immer
auch »›Ente‹ und ›dekorierter Schuppen‹« (ebd.) zugleich ist.
Etwas in den Hintergrund gerät dadurch, dass Lorenzer in seinem
Beitrag sich in intensiver Weise mit städtischer
Gemeinschaftsbildung beschäftigt. Der Begriff der Sozialmontage in
dessen Überschrift verweist dabei auf seine mit überzeugenden
Argumenten vorgetragene Kritik an der »montierten Kommunikation«
(ebd.: 60), wie sie mit der Nachbarschaftsidee verknüpft ist. Diese
Argumentation – bereits Ende der 1960er Jahre von Lorenzer
entfaltet – vermag noch die heutige »Kritik lokaler
Gemeinschaftlichkeit«(9), wie sie im Zusammenhang der Diskurse um
Sozialraumorientierung und soziales Kapital formuliert wird,
nachhaltig zu bereichern. Lorenzer weist darin nach, dass »nicht
»nachbarschaftliche« Gruppenmontage, sondern präsentative
Symbolbildung (...) die Integrationsleistung des Städtebaus« (ebd.:
98) erfüllt, indem »Architektur als präsentative Symbolbildung
(...) aus dem Umfeld der abstrakten Ideen, die in das Ich-Ideal
eingebracht werden, das Nichtsagbare darstellt, dann auch, indem
sie selbst das begrifflich nicht Benennbare, das den Individuen als
Gemeinsames eigen ist, aufgreift und damit dem Selbst als einem
gemeinsamen Widerpart die geschaffene Umwelt entgegenhält« (ebd.:
99).
Dem »konfliktreichen und erlebnisnahen Geschehen an der
Schnittstelle zwischen individueller und kollektiver Subjektivität«
(L: 9) wenden sich auch die beiden abschließenden Beiträge des
Sammelbandes zu. Unter dem Titel »Im Spiegel der Jugendmusikkultur
– Kriegskinder und der Transfer zwischen den Generationen«
referiert Ellen Reinke die Erfahrungen und Ergebnisse eines ganz im
Stile der Lorenzerschen Hochschulseminare zur Tiefenhermeneutik
gestalteten, studentischen Projektes. Untersucht wurde in diesem
der »Generationentransfer zwischen Kriegs-und Nachkriegskindheiten«
(ebd.) anhand tiefenhermeneutisch inspirierter Interpretationen
zweier Musiktitel von 1958 – »Nobody knows the trouble Ive seen«
von Lois Armstrong und »Trouble« von Elvis Presley – über das
»Zwischenspiel: When the music is over, turn out the light – for
the music is your only friend – until the end« (L: 288) von den
Doors – bis hin zu dem zunächst »Apokalypse«, später »Ernstfall«
betitelten Song der Neue Deutsche Welle Gruppe »Fehlfarben«.
Im Anschluss an Lorenzers Symboltheorie wird die primär »im
Gestisch-Rituellen« (L: 280) liegende Abkunft und Wirkung dieser
Musik als »Symbolzertrümmerung (...) des zum abstrakten Zeichen
erstarrten Symbols« (ebd.) gedeutet, welche »den Rückgriff auf
sinnliche Bedeutung, aber auch die Neuschaffung von
sinnlich-symbolischen Interaktionsformen – damit (wieder) den
Zugang zu den Bedeutungen, die gesellschaftlich unbewusst gemacht
wurden« (ebd.) – ermögliche. Methodologisch streicht Reinke in
diesem Zusammenhang mit Lorenzer »die Notwendigkeit eines
Methodentransfers« (L: 274) heraus, um »unzulässigen Übertragungen
von Begriffen und Konzepten aus der Analyse individueller
Subjektivität auf die Analyse kollektiver Subjektivität« (ebd.) zu
vermeiden. Plausibel legt sie in diesem Zusammenhang dar, dass »auf
der gesellschaftlichen Ebene (...) wir es (...) keinesfalls nur mit
einer Addition individueller Konfliktpotenziale zu tun (haben),
sondern mit spezifischen gesellschaftlichen Widersprüchen (...),
die aus den antagonistischen Interessen der gesellschaftlichen
Agenten und Institutionen resultieren« (ebd.).
Vor dem Hintergrund dieser einleuchtenden methodologischen Position
scheint nicht unproblematisch, wenn Anas Nashef in seinem den
Sammelband abschließenden Beitrag »Subjektivität der Hoffnung und
Hoffnung der Subjektivität – Szenisches Verstehen im
Israel-Palästina-Konflikt« (L: 299 ff.) auf der Grundlage von
jeweils zwei Videointerviews mit fünf Israelis und fünf
Palästinensern mit einer entsprechenden »Zwischen- und
Nachreflexion in einer wissenschaftlichen Forschergruppe« (L: 301)
versucht, »(m)it szenischen Mitteln die Besonderheit der
subjektiven Lösungen« (ebd.) zu rekonstruieren, um ausgehend von
einem »dialektischen Verhältnis von individuellem und kollektivem
Subjekt« (L: 300) herauszuarbeiten, »wie diese zur Stabilisierung
der gesellschaftlich-politischen Ereignisse beitragen« (L: 9).
Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass zumindest im
Artikel das ›szenische‹ Zusammenspiel des interviewenden Autors und
der Interviewten nicht analysiert wird, sondern dieser ausgehend
von seiner eigenen Gegenübertragung – die ja nicht wirklich gefeit
sein können, selbst eine Übertragung zu sein – weitreichende
Urteile über die Interviewten fällt. Um nur eine besonders ins Auge
stechende Diagnose zu einem israelischen Künstler zu zitieren: »Die
Intellektualisierungen, die verblüffenden Metaphern und Bilder,
seine allgemeine Unerreichbarkeit, die Monologe, das Klischeehafte,
die spezifische Umwandlung des Autors in einen Interviewten, die
Art der Selbstdiagnose und vor allem die Neigung zur totalen
Erklärung und die »Als-ob-Entdichotomisierung« liefern deutliche
Hinweise auf die Annahme einer gehemmten Fähigkeit zur reflexiven
Kompetenz« (L: 303).
Nashefs Beitrag endet mit drei Postulaten, die absolut plausibel,
jedoch sicher auch ohne sein Forschungsprojekt möglich gewesen
wären:
• In Bezug auf die politischen Verhandlungen: »Geschichtlichkeit
statt Sachthemenbezogenheit« (L:308)
• Im Hinblick auf Dichotomisierungen: »der Dritte als Möglichkeit
statt der Unmöglichkeit
des Dritten« (ebd.) und schließlich allgemein:
• »Begegnung statt Mauern« (ebd.).
III.
In den Band »Jacques Lacan trifft Alfred Lorenzer« leitet einer der
Herausgeber – Emilio Modena ein, in dem er die Hintergründe der
Tagung erläutert, aus der der Band hervorgegangen ist, und dessen
einzelnen Beiträge vorstellt. In dessen Teil I »Theorie« finden
sich zwei hervorragende Zusammenfassungen des Denkens von Lacan und
Lorenzer. Peter Widmer stellt in seinem Beitrag »Sprachspiel als
Diskurs – Lacans Algebra der Psychoanalyse« (H/M: 17) von dessen
vier, auch in formaler Weise zugleich voneinander unterschiedenen
und da sie »nicht unabhängig voneinander (...) entstehen, weil ein
jeder unvollständig ist und deshalb nach einem anderen Diskurs
ruft« (H/M: 24), zugleich auch aufeinander bezogenen Diskursen–
»der Diskurs des Herrn/des Meisters (›discours du maitre‹), Diskurs
der Universität (›discours de luniversite‹), Diskurs der Hysterie
(›discours de lhysterique‹) und Diskurs des Analytikers (›discours
de lanalyste‹)« (ebd.) – den ersten und letzten vor.
Im Hinblick auf Ersteren verweist Widmer auf Lacans Bezüge zu
Hegels(10) »berühmte(m) Herr- und Knecht-Kapitel« (H/M 26). Dass
aber aus Lacans Perspektive auch »der Knecht dadurch genießt, dass
er vom Herrn beschützt wird, da dieser ein Interesse an dessen
Arbeit hat« (ebd.), ist für Widmer von höchster politischer
Bedeutung, welche »von der Ökonomie mit der Aufteilung von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer bis zum Feld der Psychotherapie«
(ebd.) reicht. Allerdings übersieht Lacan dabei, dass im Falle
eines Überschusses an Arbeitskräften, Herren ihre Knechte gar nicht
beschützen müssen. Ebenso verwunderlich ist, dass Widmer die hoch
ideologischen Begriffe von »Arbeitgeber und Arbeitnehmer« (ebd.)
übernimmt, sind es doch Letztere, die ihre Arbeit(skraft) ›geben‹,
während Erstere sie und den dadurch erzielten Mehrwert
›nehmen‹.
Immerhin klingt dies ja auch an, wie er Lacans »fünften – sonst
wenig zitierten – Diskurs (...) den »Diskurs des Kapitalisten««
(H/M: 13) rekonstruiert, in welchem dieser – wie dies Modena in
seiner Einführung herausstreicht – »explizit eine
gesellschaftskritische Position einnimmt« (ebd.). Abgesehen davon,
dass es bei der kapitalistischen Produktion – weder nach Marxscher
Analyse, noch nach der Webers – »um das Genießen geht« (H/M: 30),
wie dies Lacan behauptet, konstatiert dieser in seiner Theorie des
Diskurses des Kapitalisten immerhin, dass der Knecht »sein Wissen
in den Dienst der Produktion, (...) dem Kapitalisten zur Verfügung
(stellt), der es auf dem Markt verkauft und dabei den Gewinn, den
Mehrwert, für sich behält (...). Der Knecht steht somit ganz im
Dienst des Herrn, arbeitet für ihn, für sein Genießen« (ebd.). Im
Unterschied zu ökonomischen Analysen in Marxscher Tradition ist es
jedoch bei Lacan nicht die »ursprüngliche Akkumulation«, die am
»Ursprung des Kapitalismus« (ebd.) steht und deren »Permanenz«(11),
die ihn bis heute »antreibt« (ebd.), sondern »das Phantasma (...),
mit sich eins zu werden, seine Begrenzung, seine symbolische
Kastration, die Not des Lebens, die Unvollkommenheit zu überwinden«
(H/M: 30 f.). Diese Reihung beinhaltet eine Fülle von
anthropologischen Postulaten und tangiert zudem Themen, wie sie in
den verschiedenen Theorien über Entfremdung diskutiert werden: Das
spezifische der kapitalistischen Produktionsweise lässt sich
darüber aber wohl kaum fassen.
Im zweiten Beitrag liefert Hans-Dieter König nicht nur eine
gelungene Zusammenfassung von – wie der Titel verlautet – »Alfred
Lorenzers Rekonstruktion der Psychoanalyse« (H/M: 33 ff.), sondern
darüber hinaus – was der Untertitel verheißt – »(z)ugleich eine
tiefenhermeneutische Reinterpretation von Lacans Spiegelstadium«
(ebd.). Darin rekonstruiert er eindrucksvoll am Beispiel der
Mikroanalyse eines Videofilmes die verschiedenen, sich
aneinanderreihenden und zum Teil wiederholenden Szenen des Spiels
eines Kleinkindes vor dem Spiegel im Beisein eines Erwachsenen, um
danach zu erörtern, wie sich diese verschiedenen Interaktionen »im
Rückgriff auf die unterschiedlichen Konzepte der Psychoanalyse«
(H/M: 56 f.) »theoretisch begreifen« (H/M: 56) lassen. Ohne die
verschiedenen Sichtweisen gegeneinander auszuspielen, bezieht er
sich dabei auf die narzissmus- und objektbeziehungstheoretische
(H/M: 57 ff.), die trieb- und objektbeziehungstheoretische (H/M: 60
ff.) sowie die ichpsychologische und symboltheoretische Perspektive
(H/M: 61 ff.).
Der Teil II des Sammelbandes stellt unter dem Titel
»Wahlverwandtschaften« zwei Interpretationen des gleichnamigen
Goetheschen Romans vor: zunächst analysiert Marianne Schuller in
ihrem Beitrag »Goethes Wahlverwandtschaften – ein Sprach-Roman: Zu
Goethes »bestem Buch«« (H/M: 69 ff.) diesen aus Lacanscher
Perspektive, dann entfaltet Ulrike Prokop in ihrem Beitrag »Die
Wahlverwandtschaften – eine tiefenhermeneutische Perspektive« (H/M:
77 ff.). Wenn Modena in seiner Einleitung darauf verweist, dass
»(b)eide Interpretinnen (...) das Publikum bei der Tagung restlos
zu faszinieren« (H/M: 13) vermochten, dann dürfte dies für die
Lesenden ebenso gelten. Nichts könnte die »prägnanten theoretischen
Unterschiede)) (...) zwischen den beiden großen Metatheoretikern
der Psychoanalyse« (ebd.) besser illustrieren als diese beiden
Interpretationen: auf der einen Seite die sehr formale und auf
sprachliche Spitzfindigkeiten gestützte Interpretation Schullers in
Lacanscher Tradition, die das »offenbare Geheimnis, das den Rätsel
und Verrätselungscharakter bewirkt, (...) aus der Sprache und ihren
kleinsten Einheiten, den Buchstaben sowie den aus Buchstaben sich
zusammensetzenden Namen« (H/M: 69) zu entschlüsseln sucht.
Auf der anderen Seite dann Prokops gemäß dem Lorenzersehen Konzept
›Tiefenhermeneutischer Literaturinterpretation‹ von subjektiven
Irritationen ausgehende, »dem Prinzip der gleichschwebenden
Aufmerksamkeit in der analytischen Situation« (H/M: 77) folgende,
emotional dichte Untersuchung, »(w)as der Text mit dem Leser macht«
(ebd.), um dann diese »Systematisierung der alltäglichen
Lesehaltung (...) erst in einem zweiten Schritt mit dem
psychoanalytischen Theoriekonzept« (ebd.) zu verbinden. Wie diese
beiden sich nicht unterschiedlicher präsentieren könnenden
Interpretationen – was sowohl ihre Vorgehensweisen, wie ihre
Erkenntnisse betrifft – sich »zu ein- und demselben kritischen Bild
des Goetheschen Romans verdichte(n)« (H/M: 13) sollen, wie dies
Modena in seiner Einleitung verheißt, um damit auch auf »eine
Wahlverwandtschaft in der Sache zwischen den beiden großen
Metatheoretikern der Psychoanalyse« (ebd.), Lacan und Lorenzer, zu
verweisen, bleibt zumindest für den Rezensenten ein Geheimnis.
Der mit »Kritik« betitelte Teil III des Sammelbandes wird
eingeleitet durch einen sehr lesens-werten Beitrag von Thierry
Simonelli »Szenen mit Pferd – Der »kleine Hans« und seine
Schicksale« (H/M: 103 ff.). In diesem arbeitet er »(d)ie formale
Ähnlichkeit der Auslegungssituation« (H/M: 104) der berühmten
Geschichte einer ersten psychoanalytischen Erziehungsberatung bei
Freud und ihrer Reinterpretation durch Lacan und Lorenzer heraus.
So gehorcht doch bei allen dreien »die Krankengeschichte (...) der
Logik des Beispiels: ein konkreter Fall als Veranschaulichung einer
allgemeinen Gesetzlichkeit« (H/M: 111). Zugleich aber verdeutlicht
er, dass anders als bei Freud und Lacan, bei denen der »kleine
Hans« jeweils als »Illustration und (...) Beweis« (H/M: 104)
fungiert für die bei Freud schon »Jahre vorher formulierten
Hypothese über die infantile Sexualität« (ebd.) und bei Lacan für
seine schon ebenfalls früher entwickelten Begriffe »des
Signifikanten, des Mangels, des Imaginären und Symbolischen und des
großen und kleinen Anderen sowie der Kastration« (ebd.), es bei
Lorenzer in seinem »Exkurs über die Krankengeschichte des kleinen
Hans« um »die besondere methodische Situation des
Psychoanalytikers«(12) geht.
Vor diesem Hintergrund erscheint es dann auch als unlauter, wenn
Robert Heim in seinem Schlussbeitrag »Encore: Jacques Lacan trifft
Alfred Lorenzer – Nachforschungen zu einer ›verlorenen Zeit‹« im
Kapitel »Zwei ›Nachschriften‹ zu Freuds Analyse des kleinen Hans«
(H/M: 148 ff.) Lorenzer vorhält, mit jenem bloß »rund zehn Seiten«
(H/M: 151) umfassenden Exkurs »diesem Material 60 Jahr nach Freuds
Veröffentlichung bei Weitem nicht gerecht« (H/M: 153) zu werden.
Demgegenüber dürfe Lacan »(m)it seinem in der deutschen Übersetzung
rund 250 Seiten umfassenden Kommentar dieser kindlichen
Pferdephobie (...) den Anspruch stellen, dem kleinen Hans gerechter
zu werden« (ebd.). Ob Lacan wirklich »dem kleinen Hans gerecht()«
(ebd.) wird, lässt sich nicht beurteilen, ging es ihm doch – wie
auch Heim konstatiert – in erster Linie darum »seine theoretischen
Eckpfeiler des Imaginären und Symbolischen mit ihren klinischen
Implikationen zu verstetigen« (H/M: 164), während Lorenzer sich –
wie dies Simonelli (H/M: 111) herausarbeitet – gar nicht in erster
Linie für Hans oder dessen »kindliche Pferdephobie«, sondern für –
wie er selbst darlegt – »die besondere methodische Situation des
Psychoanalytikers« (ebd.) interessiert.
Wie Andre Michels in seinem vorletzten Beitrag zum Sammelband
»Wissen der Sprache –Wahrheit des Unbewussten: Zu einer nicht
stattgefundenen Begegnung zwischen Lacan und Lorenzer« geht es auch
Heim in seinem Schlussbeitrag um die Unterschiede, aber auch
mögliche Korrespondenzen zwischen Lorenzer und Lacan bezüglich des
Satzes »Das Unbewußte ist gleich einer Sprache gebaut«. Michels
bezieht sich dabei auf Lorenzers »Sprachzerstörung und
Rekonstruktion«. Darin verdeutlicht dieser, dass jener Satz in
seiner Theorie »einen ganz anderen Sinn als bei Lacan«(13) erhält,
bedeutet er hier doch: »Die Struktur der bewußtlos vermittelten
Interaktionsformen ›als‹ gesellschaftlich vermittelte entspricht
der Struktur der Sprache in die das Kind hineingeboren wird«
(ebd.). Bezüglich dessen, dass Lorenzer seine dortige
Positionsbestimmung mit der – wie Michels sie nennt – »elliptischen
Formulierung« (H/M: 128) beendet, dass dieser Satz »aber gleichwohl
nicht ›ganz‹ anders« (ebd.) als bei Lacan sei, deutet Michels als
»(v)ielleicht auch ein Ausdruck seiner Verlegenheit Lacan
gegenüber, den er nur am Rande gelesen hat« (ebd.).
Sein eigener Versuch, »Lacan und Lorenzer nicht nur auf ihren
manifesten Text hin zu untersuchen, sondern in ihrer
Stellvertreterfunktion für ein konstitutives Moment des
psychoanalytischen Diskurses zu verstehen, in dessen Nachfolge wir
getreten sind, zu treten haben, um die nächsten Schritte zu
ermöglichen« (ebd.), geht aber schon allein deshalb an Lorenzer
vorbei, als er diesen Diskurs sowie »das psychoanalytische
Dispositiv (...) sich im Spannungsverhältnis von Sprache und
Schrift« (H/M: 118) entwickeln sieht, und damit das für Lorenzer so
zentrale ›szenische Verstehen‹ sinnlich-unmittelbarer und
sinnlich-symbolischer Interaktionsformen vollkommen ausklammert.
Darin und nicht – wie Michels dies postuliert – »im Buchstaben, auf
dem Freuds Materialismus beruht und der das Sprechen des
Analysanten skandiert, findet es einen Bezug zum Text des
Unbewussten« (H/M: 118 f.), das zudem – wie bereits deutlich
geworden sein dürfte – für Lorenzer weit mehr als ein »Text«
ist.
Zwar kann Michels seine Vermutung noch einigermaßen plausibel
begründen, dass sowohl Lacan als auch Lorenzer sich seiner
Formulierung »Das Unbewusste entspricht dem zensurierten Teil eines
Diskurses« (H/M: 125) anschließen könnten. Seine weiterführende
Annahme, dass das Unbewusste »aus der Kommunikation ausgeschlossen
(ist), aber darum nicht aus der Sprache, d.h. dem Symbolischen«
(ebd.) lässt jedoch darauf schließen, dass Michels seinerseits
Lorenzers Arbeiten »nur am Rande gelesen« (H/M: 128) haben kann,
behauptet dessen Theorie doch just das Gegenteil: Das Unbewusste
ist aus der Sprache, nicht aber aus der Kommunikation
ausgeschlossen – ja, es kann sich sogar in sinnlich-symbolischen
Interaktionsformen ausdrücken. Vor diesem Hintergrund muss aus
Lorenzers Perspektive auch Michels Postulat widersprochen werden:
»Das Verdrängte ist selbst sprachlicher Natur: verdrängt werden
Signifikanten, ganze Sätze, Sprachklumpen oder Sprachfetzen,
Wortfragmente, die weit in die Kindheit zurückreichen, als
bleibende Zeugen oder Spuren des Erlernens der Sprache« (H/M: 125).
So sind es doch sehr stark Anteile ›sinnlich-unmittelbarer‹ und
›sinnlich-symbolischer‹ Interaktionsformen, die schon lange vor dem
Spracherwerb und zum Teil dann auch in Zusammenhang mit diesem
verdrängt werden.
Heim hingegen bezieht sich in seinem Schlussbeitrag auf jene
Passage aus Lorenzers »Die Sprache, der Sinn, das Unbewusste«, in
dem dieser dafür plädiert, den »Satz »Das Unbewusste ist wie eine
Sprache strukturiert« (...) zur These »Die Sprache ist wie das
Unbewusste strukturiert««(14) umzuformulieren. Fährt Lorenzer an
dieser Stelle fort »Was diese These genau besagt – und dass ist
mehr als eine polemische Floskel – werden wir sehr ausführlich zu
diskutieren haben« (ebd.), verweist Heim darauf, dass dies auch
»Anspruch an die Tagung« (H/M: 146) war. Zwar wird in den letzten
beiden Beiträgen des Teils III »Kritik« des Sammelbandes sehr
ausführlich diskutiert, jedoch eher Lacans Theorie protegiert, als
sich mit dieser These Lorenzers ernsthaft auseinanderzusetzen. Und
wenn Lorenzer an jener von Heim zitierten Stelle betont, dass sein
»Verständnis vom Unbewussten als ›Sinnstruktur‹ nicht auf der
Sprachtheorie, sondern auf einem geschichtsmaterialistischen
Praxisverständnis« (ebd.) gründet, dann verwenden Michels und Heim
sehr viel Energie darauf, genau dies geradezu auszumerzen bzw. im
Anschluss an Lacan umzudeuten.
So behauptet Michels, man könne »Produktionsverhältnisse() (...),
losgelöst von ihrer marxistischen Lesart, als die Notwendigkeit
deuten, der jede Gesellschaft unterworfen ist, jener der
Reproduzierbarkeit ihrer Instanzen und Repräsentanzen« (H/M: 123).
Und Heim legt in seiner fingierten Diskussion, in der er Lacan auf
wörtlich zitierte Kritiken Lorenzers antworten lässt, Lacan in den
Mund: »Wenn sie also gerne mit Marx vom »gesellschaftlichen
Gesamtarbeiter« oder von »praktisch-dialektischen Prozess« zwischen
Gesellschaft und Natur sprechen, von dem dann die Mutter eine erste
Vertretung besetzen soll: Eh bien, der große Andere bietet dafür
lediglich einen etwas anschaulicheren, zugleich allgemeineren
Oberbegriff« (H/M: 138).
Im weiteren Verlauf seiner – was Lacan betrifft – fingierten
Diskussion lässt Heim diesen Lorenzer rhetorisch fragen: »Gibt es
für Sie das »radikal Böse« (Kant) in der menschlichen
Triebstruktur, oder ist diese mit dem, was sie als Gutes enthält,
für Sie nicht einfach immer nur korrumpiert durch Sozialisation und
»Produktion subjektiver Struktur« durch unvermeidlichen kulturellen
Triebverzicht?« (H/M: 144), um anschließend sogleich ihm
vorzuwerfen: »In diesem Fall würden Sie mit Wilhelm Reichs
›naturalistischer Befreiung des Begehrens‹ die Freudsche
Triebtheorie selbst hinter Kant zurückfallen lassen« (ebd.). Eine
Reflexion der praktischen Implikationen dieser Annahmen hält Heim
offensichtlich gar nicht erst für nötig. In diesem Zusammenhang ist
aber darauf hinzuweisen, dass Reich ja Freuds ursprüngliche
Triebtheorie dialektisch aufzuheben versucht hat, indem er dessen
späteres Postulat eines Todestriebes als zu bequem zurückwies,
sowohl um die Misserfolge der psychoanalytischen Klinik, vor allem
aber zivilisationstheoretisch herrschaftlich motivierte Gewalt zu
erklären. Mit Lorenzer wäre auf die von Heim Lacan in den Mund
gelegte rhetorische Frage nach dem »radikal Bösen« in der
menschlichen Triebstruktur schlicht zu antworten, dass es dies in
dem Maße gibt, wie es herrschaftlich zu einer gesellschaftlichen
Praxis wird. In der Tat wäre aber mit Reich das ontologisch,
mythische Postulat eines Todestriebes als Erklärung des »radikal
Bösen« zurückzuweisen.
Nicht verwunderlich ist vor diesem Hintergrund, dass in diesem Teil
III des Sammelbandes jener Aspekt von Lorenzers Theorie des
Unbewussten völlig ignoriert wird, in dem er Blochs Begriff des
»Noch Nicht-Bewußten« dialektisch aufgreift, mit dem dieser – wie
schon skizziert – jene Leerstelle der »Psychologie des Unbewußten«
(1979: 131) zu schließen versucht hat, die dessen »andere() Seite,
der Dämmerung nach vorwärts« (ebd.) betrifft. Selbstredend geht
dieser ja weit hinaus über die von Heim Lorenzer unterstellte
»naturalistische Befreiung des Begehrens« in der Tradition Wilhelm
Reichs. Ebenso wenig verwunderlich ist, dass in diesen Beiträgen
kein Wort über Lorenzers ›Zeichen‹-Theorie verloren wird und die
von ihm in diesem Zusammenhang erhobene Forderung einer
›Symbolzertrümmerung‹. Denn möglicherweise hätte dies auch
Konsequenzen für die Auseinandersetzung mit Lacans nomologischem
Ansatz, im Hinblick auf »die Wissenschaftslogik der Psychoanalyse«
(H/M: 139) mit seiner »sogenannte(n) Matheme (...) das Unbewusste
für die Zeit nach dem ›linguistic turn‹ mit dem mathematischen
Zweig der Topologie zu formalisieren« (ebd.). Eine von Marx in
seiner »Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie«(15) getroffene,
grundlegende Unterscheidung zwischen der »Sache der Logik« und der
»Logik des Sache« aufgreifend, handelt es sich bei Lacans »Algebra
der Psychoanalyse« – in Gestalt der stark formalisierten ›Matheme‹
jener im Beitrag von Peter Widmer vorgestellten Diskurse – primär
um eine »Sache der Logik«. Demgegenüber versucht Lorenzer im
›szenischen Verstehen‹ der »Logik der Sache« auch jener
›sinnlich-unmittelbaren‹ und ›sinnlich-symbolischen‹
Interaktionsformen auf die Spur zu kommen, die weit über ein
›logisches‹ und sogar psycho-›logisches‹ Verstehen hinausgeht.
Schon dass die ersten Dissidenten der psychoanalytischen Bewegung,
Wilhelm Reich und Alfred Adler, die psycho-›logische‹ Bedeutung –
WIE etwas gesagt und leiblich ausgedrückt wird (Reich spricht von
›Charakter‹, Adler von ›Organdialekt‹(16)) – für bedeutsamer
hielten als das ›logische‹ Verstehen des sprachlich Gesagten, wird
jedoch ausgeklammert, wenn im Anschluss an Lacan eine
Weiterentwicklung des psychoanalytischen Dispositivs allein »im
Spannungsverhältnis von Sprache und Schrift« (H/M: 118) favorisiert
wird.
Abstract
In recent years some of Alfred Lorenzers work has gained new
attention. Consequently his trauma-theoretical work and his
»Hermeneutics of the Body« have led to a renewed discourse between
neurosciences and psychoanalysis. Attempts are being made to bring
his deep hermeneutics to fruition in the analysis of film and youth
music culture. His psychoanalysis metatheory is discussed
comparatively with that of Lacan. However, all of this work
neglects the critical subject and society analysis conveyed in
Lorenzers approach.
(1) Langer, Susanne K. (1992): Philosophie auf neuem Wege. Das
Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst. Frankfurt am Main:
Fischer-Taschenbuch-Verlag ((Fischer-Taschenbücher), 7344 :
Fischer-Wissenschaft).
(2) Perler, Dominik (2007): Ist der Geist im Gehirn? Skeptische
Bemerkungen aus philosophischer Sicht. In: Adrian Holderegger, Beat
Sitter-Liver und Christian W. Hess (Hg.): Hirnforschung und
Menschenbild. Beiträge zur interdisziplinären Verständigung.
Fribourg: Academic Press (u.a.): 75-90.
(3) Wittgenstein, Ludwig (1990): Über Gewißheit. Frankfurt am Main:
Suhrkamp (Bibliothek Suhrkamp, 250).
(4) Bloch, Ernst (1979): Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt a. M.:
Suhrkamp (Gesamtausgabe in 16 Bänden. STW-Werkausgabe, Bd. 5).
(5) Lorenzer, A., 2002: Die Sprache, der Sinn, das Unbewusste.
Psychoanalytisches Grundverständnis und Neurowissenschaften. Hg. v.
Ulrike Prokop. Stuttgart.
(6) Schlink, B., 2017: Der Vorleser. Zürich.
(7) Venturi, R./Izenour, S./Scott Brown, D., 1977: Learning from
Las Vegas. The forgotten symbolism of architectural form. Revised
ed. Cambridge, Mass., London.
(8) Lorenzer, A., 1979: Städtebau: Funktionalismus und
Sozialmontage? Zur sozialpsychologischen Funktion der Architektur.
In: Heide B./Lorenzer, A./Horn, K.: Architektur als Ideologie. 6.
Aufl. Frankfurt am Main: 51-104.
(9) Kessl, F./Otto, H.-U. (Hg.), 2004: Soziale Arbeit und soziales
Kapital. Zur Kritik lokaler Gemeinschaftlichkeit. Wiesbaden.
(10) Hegel, G. W. F., 1979: Phänomenologie des Geistes. Frankfurt
am Main: 145-155.
(11) Negt, 0./Kluge, A., 1981: Geschichte und Eigensinn. Frankfurt
am Main.
(12) Lorenzer, A., 1995: Sprachzerstörung und Rekonstruktion.
Vorarbeiten zu einer Metatheorie der Psychoanalyse. Frankfurt am
Main: 127.
(13) Lorenzer, A., 1995: Sprachzerstörung und Rekonstruktion.
Vorarbeiten zu einer Metatheorie der Psychoanalyse. Frankfurt am
Main: 31.
(14) Lorenzer, A., 2002: Die Sprache, der Sinn, das Unbewusste.
Psychoanalytisches Grundverständnis und Neurowissenschaften. Hg. v.
Ulrike Prokop. Stuttgart: 84 f.
(15) Marx, K., 1978: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie.
In: Karl Marx und Friedrich Engels: Werke Bd. 1. Berlin: 216.
(16) Vgl. dazu: May, M., 2017: Die Bedeutung non-verbaler
Kommunikationsformen für personenbezogene soziale Dienstleistungen.
In: Widersprüche: Zeitschrift für sozialistische Politik im
Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich Heft 143.