Rezension zu Die Welt der Dinge
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Rezension von Anamaria Depner
Thema
Harold F. Searles geht in diesem Werk davon aus, dass die
nichtmenschliche Umwelt für die psychische Entwicklung des Menschen
von grundlegender Bedeutung ist. Sein Anliegen ist es, die
klassischer Weise auf intra- und interpersonale Phänomene
abzielende Psychoanalyse und Psychotherapie um diesen Aspekt zu
ergänzen.
Entstehungshintergrund und Herausgeber
Searles Buch erschien in der Originalausgabe unter dem Titel »The
Non-Human Environment in Normal Development and in Schizophrenia«
bereits im Jahr 1960. Nach Ansicht der Herausgeber Antje Vaihinger
und Jürgen Hardt, war Searles mit der Veröffentlichung seiner Zeit
weit voraus und so blieb sein Werk neben einzelnen begeisterten
Reaktionen weitgehend ohne Resonanz. Es kam nie zu einer zweiten
Auflage. Die hier besprochene Ausgabe in deutscher Sprache von 2016
ist die erste ihrer Art und ein Jahr nach dem Tod des Autors
erschienen.
In ihrer Einleitung weisen die Herausgeber auf größere
Schwierigkeiten im Rahmen der Fertigstellung der deutschen Ausgabe
hin, die zu mehreren Kompromissen führten. So wurde beispielsweise
der Umfang des Originals deutlich verringert und auf einige der
Fallbeschreibungen und Bezüge zu Sekundärliteratur verzichtet.
(Vgl. S. 28–30.)
Für die Herausgeber liegt ein besonderer Wert von Searles
Ausführungen darin, dass diese auch nach über 40 Jahren wenig an
Aktualität und Relevanz verloren haben. So ist die nichtmenschliche
Umwelt bis heute ein eher unterbelichteter Aspekt in der
Psychoanalyse und Psychotherapie – weiterhin sind intra- und
interpersonalen Phänomene im Vordergrund beinahe ausschließlich
Gegenstand dieser Fachrichtungen. Darüber hinaus verweisen die
Herausgeber auf die Anknüpfungspunkte, die Searles Werk für eine
psychoanalytische Anthropologie und Kulturkritik bietet, was gerade
in unserer mehr und mehr durch Digitalisierung geprägten Lebenswelt
für diese von größter Aktualität erscheint.
Aufbau
Das Buch beginnt mit einer Bemerkung Jürgen Hardts zu der auf der
Titelseite abgebildeten Gabel, gefolgt von einem Geleitwort von
Ulrich Gebhard, einer Einleitung der beiden Herausgeber Jürgen
Hardt und Antje Vaihinger und einem kurzen Vorwort des Autors
selbst. Das eigentliche Werk besteht aus fünfzehn Kapiteln, die
sich folgendermaßen auf fünf thematisch übergeordnete Teile
verteilen:
1. Einführende Überlegungen (Kapitel 1)
2. Die nichtmenschliche Umwelt im Erleben des Gesunden (Kapitel 2 –
5)
3. Die nichtmenschliche Umwelt in Psychose und Neurose (Kapitel 6 –
13)
4. Der kulturelle Hintergrund (Kapitel 14)
5. Ausblick (Kapitel 15)
Zum 1. Teil
Im ersten Teil seiner Arbeit geht Searles von dem Befund aus, dass
»(f)ast alle Arbeiten zur Persönlichkeitsentwicklung und zur
Dynamik psychischer Erkrankungen (…) sich auf die Betrachtung
intra›personaler‹ und inter›personaler‹ Prozesse (beschränken)«
(S. 37). Im Umkehrschluss bedeutet dies zugleich, dass der
nichtmenschlichen Umwelt keine Relevanz in diesen Bereichen
zugesprochen würde. Demgegenüber stellt Searles in dem »Die
Verwandtschaft des Menschen mit seiner nichtmenschlichen Umwelt«
betitelten ersten Kapitel heraus, dass der Mensch als Teil der
Natur »ein bewusstes oder unbewusstes Gefühl der ›Verbundenheit mit
seiner nichtmenschlichen Umwelt‹ hat« (S. 39). Es folgen Beispiele
für die Funktion und Bedeutung der nichtmenschlichen Umwelt aus
Mythologie, Wissenschaft, Literatur, alltäglichen Situationen sowie
Psychiatrie und Psychoanalyse. Obwohl durchaus Fallschilderungen zu
finden sind, die einen Rückschluss auf die Bedeutung und Funktion
der nichtmenschlichen Umwelt zulassen, ist dieser Aspekt in der
Theoriebildung weitestgehend ein Desiderat, zu dessen Überwindung
der Autor einen Anstoß geben will.
Zum 2. Teil
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der psychischen Entwicklung
des (gesunden) Menschen und der Rolle, die die nichtmenschliche
Umwelt in diesem Kontext spielt.
Im Zusammenhang mit der Feststellung, dass Säuglinge sich nicht nur
mit anderen Menschen identifizieren, sondern auch mit der sie
umgebenden nichtmenschlichen Umwelt, kommt der Autor zu dem
Schluss, dass Säuglinge zwischen belebten und unbelebten Objekten
zunächst gar nicht unterscheiden können. Somit können sowohl
menschliche als auch nichtmenschliche Umweltfaktoren als Teil der
eigenen Persönlichkeit erfahren werden. Kommt es dann zur
Differenzierung zwischen Ich und Außenwelt, so sei dies als die
»eigentliche frühe Kastration« (S. 65) zu begreifen. Diese und
andere Beobachtungen aus der Entwicklungspsychologie führen Searles
dazu anzunehmen, dass die »Ichentwicklung des gesunden menschlichen
Individuums (…) die Phylogenese der menschlichen Rasse
(rekapituliert)« (S. 65): von seinem Dasein als etwas
anorganisches, über die Wahrnehmung seiner selbst als etwas
Lebendiges bis hin zur Selbstidentifizierung als ein menschliches
Individuum.
In der Folge behandelt der Autor die weitere Entwicklung der
Persönlichkeit im Hinblick auf die Auffassung und Bewertung der
nichtmenschlichen Umwelt. Er beleuchtet dabei die Rolle von
Objektbeziehungen in der Kindheit und wie diese entwickelt werden
konnten. Einen nicht nur vom Umfang her zentralen Platz nehmen
Searles Betrachtungen zum »Beitrag der nichtmenschlichen Umwelt zur
normalen Entwicklung« (S. 87–100) ein. So bietet die
nichtmenschliche Umwelt dem Kind die Möglichkeit »sich selbst
kennen (zu) lernen und sich seiner emotionalen Fähigkeiten und
Persönlichkeitsmerkmale bewusst (zu) werden« (S. 87). Ein weiterer
Punkt, den Searles anführt, ist das im Vergleich zu Menschen höhere
Maß an Einfachheit, Stabilität und die leichtere Handhabbarkeit der
nichtmenschlichen Umwelt für das Kind. Diesem öffnet sich so eine
Art »Übungsfeld« (S. 92) um Fähigkeiten zu erwerben, die auch in
interpersonalen Beziehungen eingesetzt werden können. Diese
Entwicklung ist gleichsam mit der kindlichen Erfahrung verbunden,
sich selbst als durchaus fähig, nicht aber als omnipotent zu
erleben. Die nichtmenschliche Umwelt trägt damit auch dazu bei,
einen ungefilterten Zugang zu den eigenen Möglichkeiten zu
erlangen.
Bezug auf Martin Buber nehmend beschließt der Autor den zweiten
Teil des Buches mit der Vermutung, es gäbe vielleicht »nur ›eine‹
Einstellung gegenüber dieser Umwelt (…), die den reifen Erwachsenen
kennzeichnet« (S. 101). Die von Buber entwickelte Konzeption der
Ich-Du-Beziehung, dient Searles als Ansatzpunkt, seine Vorstellung
einer reifen Einstellung gegenüber der nichtmenschlichen Umwelt zu
charakterisieren: Er versteht diese als eine Verbundenheit, die
nicht im mystischen Eins-Sein aufgeht, sondern eine Verbundenheit
im Bewusstsein des Von-einander-getrennt-seins meint.
Zum 3. Teil
In dem mit Abstand längsten Teil seines Buches, geht der Autor
anhand von Beispielen aus der klinischen Praxis auf
unterschiedliche psychische Störungen bei Patienten ein, die
mindestens eine ihrer Ursachen in der Beziehung zur
nichtmenschlichen Umwelt haben bzw. deren Symptome u.a. auf ein
gestörtes Verhältnis zu dieser Umwelt hinweisen. Searles führt dies
auf eine basale Konfusion zurück, aufgrund derer die Patienten
nicht zuverlässig zwischen ihrem Selbst und der sie umgebenden
nichtmenschlichen Umwelt differenzieren können. In der Folge
unterscheidet er bestimmte Ausprägungen, in denen sich diese basale
Konfusion manifestieren kann.
Zum einen geht er in Kapitel 7 auf »Die Angst, zu etwas
Nichtmenschlichem zu werden oder als nichtmenschlich entlarvt zu
werden« (S. 155–181) ein. Die eindrücklichen Beschreibungen von
Patientengesprächen bzw. Erlebnissen aus der therapeutischen Praxis
dienen dem Autor dabei sowohl als Ausgangspunkte für seine
Gedankengänge wie auch als Veranschaulichung der von ihm
entwickelten Argumentation. So zeigt er beispielsweise an der
Beschreibung einer Patientin, die u.a. fürchtete in einen Baum
verwandelt zu werden, dass hinter dieser Befürchtung möglicherweise
auch der Wunsch verborgen liegen könnte, aufgrund ihrer Einsamkeit
selbst Bäume in Menschen verwandeln zu können. Das aber geht »mit
der bedrohlichen Überzeugung (einher), dass dieser Prozess auch
anders herum funktioniert: Leute können in Bäume verwandelt werden«
(S. 160).
Dem Abschnitt über die Angst vor Dehumanisierung folgt eine
Auseinandersetzung mit dem Phänomen, dass sich einige Patienten
wünschen, kein Mensch zu sein (8. Kapitel). Letztlich kann ein
solcher Wunsch dem Autor zufolge seinen Ursprung darin haben, dass
so dem Erleben bestimmter unerwünschter bzw. nicht aushaltbarer
Gefühle entgegengewirkt wird.
Ein weiteres Motiv für einen derartigen Wunsch, wird in Kapitel
neun thematisiert. Hier sind es nicht Abwehr-Strukturen, die hinter
dem Wunsch stehen, sondern vielmehr die Hoffnung, »durch
›phylogenetische Regression‹ reifer zu werden« (S. 199f). Damit ist
gemeint, dass sich der Mensch unbewusst selbst dehumanisiert, um
gewissermaßen aus einer evolutionär früheren Stufe wieder von vorne
beginnen zu können. Dabei ist die Regression als auf die Ontogenese
der jeweiligen Lebensgeschichte bezogen zu verstehen. So spielen
auch in Searles Berichten aus seiner therapeutischen Arbeit
Erinnerungen an Ereignisse in der (frühen) Kindheit eine wichtige
Rolle. Aber auch das Verhalten der jeweiligen Patienten kann sich
in das eines (Klein)Kindes zurückentwickeln. Dem Autor zufolge ist
dies ein Ausdruck der einsetzenden Gesundung; der Punkt von dem aus
eine Weiterentwicklung wieder möglich ist.
Die folgenden Kapitel verschieben den Fokus von der
Selbstwahrnehmung der Patienten hin zu deren Umgang mit ihrer
Umwelt. In Kapitel zehn geht es um den Umgang mit anderen Menschen,
die nicht wie Menschen behandelt werden. Eine Vermutung, die
Searles in diesem Zusammenhang äußert, ist, dass es sich dabei um
Projektionen handelt: »er (der Patient, Anm. A.D.) projiziert die
verdrängte Vorstellung von sich selbst (oder etwas in ihm) als
etwas Nichtmenschliches auf seine Umwelt und auch auf seine
Mitmenschen.« Kontrastierend dazu behandelt der Autor im Kapitel
elf das Phänomen, »wenn auf Teile der nichtmenschlichen Umwelt
reagiert wird, als wäre sie menschlich« (S. 215–229). In seinen
Analysen bezieht sich Searles auch immer wieder auf die im zweiten
Teil des Buches entwickelten Thesen zur Funktion der
nichtmenschlichen Umwelt in der Persönlichkeitsentwicklung. So
können ihm zufolge Ereignisse aus der Kindheit, die eine Konfusion
bezüglich der Differenzierung von Ich und Umwelt bzw. der
Selbstidentifikation als Mensch begünstigt haben, bei erkrankten
Menschen ein Auslöser für bestimmte Symptome bzw. Ausprägungen
ihrer Krankheit sein und sind somit auch für den therapeutischen
Prozess von Bedeutung. Im zwölften Kapitel legt der Autor eine
ausführliche Analyse von »Übertragungs- und andere(n) Verzerrungen
in der Wahrnehmung der Umwelt« vor, in der er u.a. aufzeigt, wie
Patienten Gefühle, die sie beispielsweise in der Kindheit für
andere Personen hegten, auf nichtmenschliche Lebewesen oder
Gegenstände übertragen.
Das dreizehnte Kapitel stellt eine umfangreiche Materialsammlung
und tiefgreifende Reflexion über die Beziehung zwischen Patient und
Therapeut dar. Darin beschäftigt Searles sich mit den vorher
beschriebenen Phänomenen im Kontext der Psychoanalytischen
Therapie, also beispielsweise damit, dass der Therapeut den
Patienten nicht wie einen Menschen behandelt und umgekehrt. Searles
Analysen beziehen dabei immer auch seine eigene Arbeit und seine
Erfahrungen mit PatientInnen mit ein, was seinen theoretischen
Überlegungen zum Patient-Therapeut Verhältnis Anschaulichkeit und
Nachvollziehbarkeit verleiht. Gerade in seiner Analyse der Angst
des Therapeuten, durch die Arbeit mit bestimmten Patienten in
seinem eigenen Menschsein gefährdet zu sein (S. 260–267), zeigt der
Autor sehr eindrücklich, dass es sowohl beim Gesunden, wie auch
beim Erkrankten Menschen dieselben Zusammenhänge sind, die für
derartige psychische Zustände verantwortlich sind – der Unterschied
liegt, neben anderen Faktoren, die bei einigen Menschen dazu
führen, dass sie erkranken, auch in der Fähigkeit mit diesen
Erfahrungen umzugehen.
Zum 4. Teil
In dem »Kulturell geprägte Einstellungen zur nichtmenschlichen
Umwelt« betitelten Kapitel vierzehn (S. 271–291), dass auch das
einzige dieses Teils ist, geht der Autor auf die Frage ein, ob die
kulturellen Bedingungen seiner Zeit die »gesunde Verbundenheit mit
der nichtmenschlichen Umwelt begünstigt oder beeinträchtigt«
(S. 271). Dieser Aspekt sei besonders wichtig, da er sich auch
»fördernd oder abträglich auf die ›Verbundenheit mit den anderen
Menschen‹« auswirke (ebda.).
In seiner Analyse kommt Searles zu dem Schluss, dass die
kulturellen Gegebenheiten seiner Zeit tendenziell eher abträglich
für eine solche gesunde Verbundenheit wirken. So sieht er
beispielsweise in der fortschreitenden Mechanisierung der
Landwirtschaft einen Verlust von Tieren »entgegengebrachte(m)
Respekt und (dem) Gefühl einer bedeutsamen Verwandtschaft mit
diesen nichtmenschlichen Geschöpfen« (S. 273). Die gesteigerten
sozialen Mobilität, die unter großem Druck ein rasches streben nach
Prestige fordert (1) sowie eine »hochindustrialisierte(n) Ökonomie,
die nur dadurch aufrechterhalten werden kann, dass die Erzeugnisse
dieser Ökonomie ständig im Übermaß konsumiert werden« (S. 275) (2)
führt er als kausale Basis an. Die damit angesprochene Dynamik
greift der Autor am Ende des Kapitels erneut auf und verweist
darauf, dass zwar nicht die Mehrheit der Bevölkerung schizophren
sei, es aber große Ähnlichkeiten zwischen den »Gesunden«“ und
schizophrenen Patienten gibt: beide ertragen es »nur bis zu einem
gewissen Grad (…), der Komplexität und den Veränderungen in unserer
nichtmenschlichen Umwelt ausgesetzt zu sein« (S. 290).
Zum 5. Teil
In diesem letzten Teil des Buches geht Searles auf die aus seiner
Sicht möglichen Anknüpfungspunkte an die von ihm vorgelegten Thesen
und Theorieansätze ein. Zum einen sieht er für die stationäre
Versorgung psychiatrischer Patienten einen gewinnbringenden Ansatz
darin, sich der Bedeutung der nichtmenschlichen Umwelt für die
Patienten bewusst zu sein und diese entsprechend in das
Gesamtkonzept der klinischen Versorgung mit ein zu beziehen. So
könnten etwa bei Patienten, die noch während der psychotischen
Erkrankung bedeutsamen Beziehungen zu nichtmenschlichen Elementen
der Umwelt haben, zunächst diese »nichtmenschlichen und erst dann
die menschlichen Elemente ihrer Umwelt ihnen dabei helfen, sich
langsam wieder in der Realität zurechtzufinden« (S. 296).
Auch für die Psychoanalyse und die Psychotherapie sieht der Autor
wichtige Anknüpfungspunkte: »Insbesondere würden wir, so meine ich,
mehr über die frühe Ichentwicklung erfahren« (S. 299). Aber auch in
der konkreten therapeutischen Arbeit würde die Einbeziehung der
nichtmenschlichen Umwelt als relevanter Fluchtpunkt für
Persönlichkeitsstrukturen ein besseres Verständnis für die
Patienten mit sich bringen.
Abschließend macht der Autor auch darauf aufmerksam, dass
Psychologie und Psychiatrie (aber auch andere Wissenschaften) von
den Erkenntnissen der Naturwissenschaften profitieren und aus
diesen erkenntnisfördernde Anstöße erhalten. Im Gegenzug hätten
aber Psychologie und Psychiatrie nach Searles Einschätzung auch
interessante und relevante Erkenntnisse für die Naturwissenschaften
zu bieten. Bislang seien aber kaum derartige Beiträge geleistet
worden. Eine solche Zusammenarbeit systematisch zu vertiefen ist in
seinen Augen ein lohnenswertes, wenn nicht unumgängliches
Unterfangen.
Diskussion
Die Arbeit des Autors ist sehr lesenswert und in dieser
deutschsprachigen und gekürzten Ausgabe auch äußerst kurzweilig und
erkenntnisreich. Gerade die zahlreichen Beispiele aus der
therapeutischen Praxis machen den theoretisch anspruchsvollen Text
auch für Vertreter/ -innen andere Disziplinen und interessierte
Laien zugänglich und nachvollziehbar.
Durch die systematische Gliederung gelingt es dem Autor, die Fülle
des Materials, den theoretischen Anspruch sowie die Relevanz für
die Praxis durchgehend klar und fundiert zu vermitteln. Bei aller
Vorläufigkeit seines Vorhabens, die der Autor selbst auch immer
wieder hervorhebt, legt er mit diesem Werk weitaus mehr vor, mehr
als nur den Versuch, sich ein neues Themenfeld zu erschließen.
Auch knapp 60 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung bietet das
Werk eine Fülle an (immer noch) aktuellen Bezügen und
Anknüpfungspunkten. Dies gilt auch über die Grenzen der
einschlägigen Fächer wie Psychologie und Psychiatrie hinaus. So
liefert Searles auch für die kultur- und sozialwissenschaftliche
Auseinandersetzung mit Materieller Kultur wichtige Hintergründe und
Ansätze zur Vertiefung der Forschungstätigkeit. Auch seine
Ausführungen zu einer psychoanalytisch fundierten Kulturkritik
bieten erhellende Einsichten und eröffnet vielversprechende
Perspektiven.
Durch die vielfältigen Bezüge zu Autoren aus Psychologie,
Philosophie, Anthropologie und Naturwissenschaft entsteht ein
komplexes Bild der Funktion und der Bedeutung der nichtmenschlichen
Umwelt für die seelische Entwicklung von Personen, die gleichsam in
einen überindividuellen Zusammenhang gestellt wird.
Fazit
Ein lesenswertes Buch, das sich mit der Bedeutung der
nichtmenschlichen Umwelt für die seelische Entwicklung
auseinandersetzt. Der Autor entfaltet im Anschluss an eine
grundlegende Überlegung zum Verhältnis des Menschen zu seiner
nichtmenschlichen Umwelt ein Entwicklungspsychologisches Panorama
der Funktion und Bedeutung nichtmenschlicher Lebewesen und
Gegenstände. Anhand zahlreicher Beispiele aus der therapeutischen
Praxis führt er subtile Differenzierungen und Analysen durch, die
den berechtigten Anspruch erheben, durch Rezeption und
Weiterführung den Kernbereich der Psychologie, Psychoanalyse und
Psychiatrie zu erweitern. Darüber hinaus bietet das Werk auch
zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere Wissenschaften wie
beispielsweise die Kultur- und Sozialwissenschaften und die
Anthropologie.
Rezensentin
Anamaria Depner
Kulturanthropologin / (europäische) Ethnologin, Universität
Heidelberg, Institut für Gerontologie
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