Rezension zu SM-Sexualität
Männer 2006/08
Rezension von Carsten Bauhaus
De Sades umtriebige Erben
In den Medien ist SM-Sex seit den 90er Jahren immer
wieder präsent. Anders dagegen in der akademischen Welt: Dort führt
der Sado-Masochismus – ganz gegen seine Natur – ein
Mauerblümchen-Dasein. Norbert Elb hat die dunkle Thematik jetzt in
das gleißende Licht der wissenschaftlichen Betrachtung gezogen. Der
Titel seiner Arbeit: »SM-Sexualität. Selbstorganisation einer
sexuellen Subkultur«.
Was uns erwartet:
Wie der Untertitel vermuten lässt, handelt es sich um eine streng
wissenschaftliche Arbeit. Kein einziger Lustschrei hallt durch die
334 Seiten. Erhellende Erkenntnisse muss man sich hier sorgfältig
und mühsam erarbeiten. Für den wirklich Interessierten aber kann
sich das lohnen. Diskutiert werden das Gewalt-Dilemma, die
Nähe-Distanz-Problematik und die Politisierung des Privaten. Aber
auch die schwule Vorreiterrolle für die SM-Kultur wird ausreichend
gewürdigt.
Let’s talk about sex:
Beim schwulen Sex kann zuviel Gequatsche eine Nummer schnell
verderben. Ganz anders beim SM: Vorher, nachher und auch mittendrin
ist das miteinander Reden ganz wichtig. Man spricht alles durch:
Auf was stehst du, was ist möglich, wo sind die Grenzen?
Sado-Masochismus bedeutet also auch eine ganz andere
Gesprächskultur in Sachen Sex. .
Wir lernen:
Die unterschiedlichen Kommunikationsgewohnheiten können auf
SM-Partys auch schon mal zu Stolpersteinen werden. So ist es nicht
ratsam, als Schwuler vor einem geilen SM-Hetero-Pärchen einfach
ungefragt zu onanieren: Dieses Kompliment wird dort nicht immer als
solches verstanden. – Gut, dass wir darüber gesprochen haben.
Unser Lieblingskapitel:
Wer sich bis zum Schluss durchgeboxt hat, wird mit
Interviewauszügen belohnt. Hier gibt es endlich Butter bei die
Fische. Uwe, Verena und Sahra berichten über Macht und
Erniedrigung, über Gewalt, Ekel und Scham. So wird die Begeisterung
für SM am Schluss doch noch greifbar.
Fazit:
Das Buch ist trotz allem keine leichte Sommerlektüre. Der Autor mag
sich um die Sozialwissenschaft verdient gemacht haben – dem Leser
nützt das eher wenig. Für den neugierigen Nicht-Akademiker kann die
Lektüre schnell zur Qual werden. Quasi eine erlesene Foltermethode
für SM-Profis: Los, du Sau! Lies!