Rezension zu Die innere Arbeit des Beraters (PDF-E-Book)
Swiss Archives of Neurology, Psychiatry and Psychotherapy, 2017
Rezension von Erich Otto Graf
Das zu besprechende Buch umfasst 12 Beiträge und ist aus einer
Fachtagung des Triangel-Instituts in Berlin heraus entstanden. Die
Autorinnen beziehen sich dabei auf systemtheroretische und/oder
psychoanalytische Konzepte. »Keine Beobachtung ohne eine
Beobachter/-in« stellt dabei nicht bloss ein aus dem
Konstruktivismus entlehntes Konstrukt dar, sondern wird im
Beratungsgeschäft zum kritischen Moment, dessen Verstehen das
Handeln der Berater/-in orientiert.
Die Beiträge des Bandes drehen sich um die schwierige und letztlich
unbefriedigende Unterscheidung von »innen« und »aussen« im Hinblick
auf die Prozessaspekte von Beratung. Die Berater/-in wird durch den
Beratungsprozess, den sie eingeht, selbst Teil des zu beratenden
Systems. Im Hinblick auf das Handeln der systemischen Akteur/-innen
ausserhalb der Beratungssituation, gehört sie dem Handlungsfeld des
Systems aber nicht an. Die Beratung von Organisationen wird als ein
Geschäft dargestellt, für welches die Einbezogenheit der
Berater/-in in das Beratungsgeschehen selbst unumgänglich ist. Sie
ist unumgänglich, weil nur über ihre ›Resonanz‹, psychoanalytisch
orientierte Berater/-innen sprechen hier von ›Gegenübertragung‹,
die Berater/-in ihr Handeln konzipieren und praktizieren kann. Nur
so kann sie in und mit den in der zu beratenden Organisation
operierenden Gruppen überhaupt arbeiten. Zur gleichen Zeit gerät
sie durch ihre Tätigkeit als Berater/-in unweigerlich in
verschiedene Verstrickungen mit dem zu beratenden
Organisationssystem.
Die Beiträge des Buches kreisen denn auch um die Position der
Berater/-in und deren Konzeption des »Innen« und des »Aussen«.
Dabei wird klar, dass die Analyse der inneren Prozesse, die
»innerhalb« der Berater/-in ablaufen, nicht ohne deren Bezug zu
»ihrem Aussen« sein können. Das »Aussen« der Be-rater/-in ist
allerdings selbst stets ein »Inneres«, da sie ihre Erfahrungen aus
der Arbeit mit ihren Klientensystemen, die im beschriebenen Buch
meistens Organisationen bzw. Gruppen in Organisationen sind, stets
nur in der Reflexion, im Nachhinein des eben Geschehenen verstehen
kann. Wirklichkeitsbeschreibungen, die Berater/-innen vornehmen,
sind an deren Subjektivität gebunden. »In der
interaktionellen-psychoanalytischen Perspektive ist die
Subjektivität des Beraters mit ihren habituellen, bewussten und
unbewussten Aspekten unhintergehbar und prozessprägender Teil des
Beratungssystems« (S.9).
Eine insgesamt vielschichtige, bereichernde und daher sehr
lesenswerte Publikation.
Erich Otto Graf, Basel