Rezension zu Bindung und Autonomie in der frühen Kindheit
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Rezension von Franz Sedlak
Bindung und Autonomie in der frühen Kindheit
Das Buch vermittelt neue theoretische und praktische
Erkenntnisse.
Zum Inhalt
Die Autorin hat Pädagogik studiert und ist Humanethologin und
EEH-Fachberaterin.Von ihr sind etliche Initiativen ausgegangen.
Z.B. die Leitung von Teams für ambulante Familienbegleitung. Diese
bindungs-unterstützenden Maßnahmen sind ein Charakteristikum des
462 Seiten starken, informationsdichten Buches: Henzinger
untersucht das interaktive Verhalten von Kindern in den ersten vier
Lebensjahren, belässt es aber bei dieser Bestandsaufnahme nicht,
sondern schlägt eine Brücke zum praktischen Einsatz der
Erkenntnisse in der Arbeit mit Eltern und Kleinkindern.
Das Buch besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil beleuchtet das
Eltern-Kind-Verhalten aus evolutionärer Perspektive und bringt
interessante Einblicke in die Forschungsmethoden der
Humanethologie: Beobachten, Dokumentieren, Beschreiben in der
Feldforschung seien es traditionale Kulturen oder traditionale
Eltern-Kind-Gruppen; Vergleichen z.B. von Tier und Mensch; Fragen
etwa nach der Stammesgeschichte, nach Ursachen etc. Ein weiteres
Kapitel widmet sich dem Thema Natur und Kultur in der
Eltern-Kind-Beziehung.
Teil 2 befasst sich mit dem frühkindlichen Interaktionsverhalten:
Beginnend mit der Darstellung der Bindungstheorie und dem Zürcher
Modell von Bischof sowie mit Ergebnissen der Feldforschung zum
spontanen Sozialverhalten (hier detailliert angeführt die
Nähe-Distanz-Regelung in den Altersstufen von der Geburt bis zum
Lebensalter von mindestens vier Jahren).
Faszinierend ist die Schilderung der Einübung von wohltuendem
Verhalten: Im Spiel (hier mit den Differenzierungshinweisen auf
Themen wie »Wie weit darf ich gehen?«, »Was denken die anderen?«,
»Mit dir zusammen« u. v. a. m.), im Lernen aufgrund von
Herausforderungen z.B. in der Trotzphase oder in der Nachahmung des
Verhaltens von Geschwistern und anderen Kindern.
Das Buch enthält viele anschauliche Fallbeispiele, aber auch
Zusammenfassungen der wesentlichen Erkenntnisse und Aussagen. Die
Autorin schafft es trotz der schon sehr umfangreichen Literatur zur
Bindung und Autonomie durch einen originellen Zugang viel Neues zu
vermitteln.
Das Buch von Henzinger stellt eine Bereicherung im theoretischen
und praktischen Bereich dar. Es kann allen beruflich mit der
frühkindlichen Interaktion befassten Personen, aber auch
interessierten Leserinnen und Lesern ans Herz gelegt werden!
Mag. DDr. Franz Sedlak am 14.03.2017
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