Rezension zu Ausverkauf des Menschen!? (PDF-E-Book)
Forum Sozial. Die berufliche Sozialarbeit 1/2016
Rezension von Ruth Mörschel
Im Anschluss an die Finanzkrise 2008 ist die Kritik an der
Wirtschaft gewachsen. Die Hintergründe des Zusammenbruchs der
Lehmann Group haben deutlich gemacht, dass ethische Maßstäbe für
wirtschaftliche Verfahrensweisen durchaus von Bedeutung sind. Es
gilt daher, gesamtgesellschaftliche wirtschaftliche Zusammenhänge
transparenter darzustellen und sie unter Berücksichtigung ethischer
Fragestellung zu betrachten. »Ausverkauf des Menschen!?« ist ein
Plädoyer für einen (ethischen) Dialog zwischen Gesellschaft,
Wissenschaft und Kirche.
Siegfried Karl und Hans-Georg Burger leisten mit der Herausgabe
dieses Sammelbandes einen wertvollen Beitrag zu einem
differenzierten Blick auf diskursfähige Anknüpfungspunkte der drei
bereits genannten gesellschaftlichen Teilbereiche. Impulsgebend zum
Stellenwert der Verantwortung in der modernen Gesellschaft fordert
Franz Müntefering zu Beginn eine grundsätzlich demokratisch
begründete Verantwortungssolidarität. Im Hauptteil werden Beiträge
von Vertreterinnen aus den Bereichen Wirtschaft, Theologie, Bildung
und Psychologie zu vier großen Themenbereichen aufgeführt. Erster
thematischer Schwerpunkt ist die Frage »Was ist der Mensch wert?«.
Mit diesem Kapitel wird zunächst die Ambivalenz zwischen
subjektiven Freiheitswunsch und marktwirtschaftlich geforderter
Planwirtschaft deutlich gemacht.
Die Moral des Marktes und eine am von Papst Franziskus verfassten
Evangelii Gaudium orientierte Wirtschaftsethik bilden weitere
thematische Ausführungen. »Wirtschaft und Verantwortung« schließt
als zweiter inhaltlicher Schwerpunkt an. Neben möglichen
psychosozialen Auswirkungen von der Wirtschaft dominierten
Gesellschaft erfolgt unter anderem ein Plädoyer für eine an Martin
Buber orientierte, dialogische Wirtschaft. Mit dem darauffolgenden
Kapitel »Jugend und Wirtschaft« stehen die unterschiedlichen
Generationen sowie der gegenwärtige Bildungsauftrag von Schulen im
Fokus.
Das letzte Kapitel des Hauptteils wendet sich Familien zu – »Der
Privathaushalt als Arbeitsplatz« wird dabei in den Blick genommen.
Die Forderung nach Ethik in wirtschaftlichen Studiengängen bildet
neben einem abschließenden Beitrag der ehemaligen CDU-Politikerin
und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth den Abschluss. Rita
Süssmuth weist auf die Komplexität und Diversität in Gesellschaft
hin, in der Menschen nach wie vor im Zentrum stehen sollten.
Fazit
Die Autor_innen des Buches fördern einen dringend notwendigen
Dialog zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Den
Herausgebern ist es gelungen, verschiedene gesellschaftliche
Bereiche (Politik, Religion, Wirtschaft, Bildung, Psychologie,
Ethik) und gesellschaftliche Gruppen (Familien, Jugendliche,
Arbeitgeber etc.) in den Blick zu nehmen. Es wird deutlich, welche
Wirkkraft Wirtschaft hat und welche (sozialen) Probleme damit
verbunden sein können. Das Buch lädt Soziale Arbeit ein sich an
diesem Dialog aktiv zu beteiligen. Als vermittelnde Instanz
zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteur_innen bleibt
beispielsweise die Frage nach ethischen Maßstäben für eine
ökonomisch beeinflusste Soziale Arbeit nicht außen vor.
Dialog, so zeigt dieser Sammelband, heißt nicht einer Meinung zu
sein. Vielmehr geht es darum, ins Gespräch zu kommen, Standpunkte
darzustellen, Verstehen möglich zu machen und damit eine Grundlage
für gesellschaftliche Veränderungen zu schaffen.