Rezension zu Cinépassion - The Sequel

35 Millimeter – Das Retro-Film-Magazin, Nr. 19, 02/2017

Rezension von Jörg Mathieu

CINEPASSION - THE SEQUEL. EINE PSYCHOANALYTISCHE FILMREVUE

Der Film als Medium wie gleichzeitige Kunstform hat besonders die Kultur des 20. Jahrhunderts entschieden geprägt. Während die Leinwand den einen als sexuelle Wunschmaschine diente, setzten sie andere wiederum als doktrinäres Propagandainstrument ein. Wieder andere sahen darin lediglich eine bloße Unterhaltungsplattform. Auch verschiedene Wissenschaftszweige wie beispielsweise die psychoanalytische Forschung hatten sich spätestens seit den 1980er Jahren jener populären Kunstform verstärkt zugewandt. Besonders im deutschsprachigen Bereich erfreuen sich »Film und Psychoanalyse«-Reihen im öffentlichen Raum vermehrter Aufmerksamkeit, wie beispielsweise auch die Besucherzahlen im Filmmuseum München zeigen, wenn dort wieder eine neue Filmreihe zum Thema – kuratiert von einigen überaus engagierten Psychoanalytikern – startet. Auch in der deutschsprachigen Schweiz, besonders im Raum Zürich, existiert ein wesensverwandter Club von Cinéphilen mit akademischen Hintergrund, die im Rahmen ihres Langzeitprojekts »Cinépassion« nun schon seit zehn Jahren ihrer persönlichen Filmleidenschaft unter psychoanalytischen Gesichtspunkten frönen. Über 100 Filme wurden dort bereits öffentlich präsentiert und im Anschluss miteinander diskutiert. Als Resultat dieser Debatten ist nun schon zum dritten Mal eine Publikation im Gießener Psychosozial-Verlag erschienen. Dieser Band versammelt zwanzig psychoanalytische Filmkommentare, die in den Jahren 2012–2015 entstanden sind. Natürlich bieten die insgesamt recht heterogenen Textbeiträge allesamt keine filmhistorischen und erst recht keine filmästhetischen Analysen, was auch gar nicht der Sinn dieser Textsammlung ist. Vielmehr schaffen die darin versammelten psychoanalytischen Beiträge zu Kino-Klassikern wie Fritz Langs MEINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER (D 1931), Fred Zinnemans HIGH NOON (USA 1952) oder Rainer Werner Fassbinders DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS (D 1982) vielfach interessante Querverbindungen zu Bekanntem aus anderen (film-)wissenschaftlichen Disziplinen. Im Ergebnis durchaus lesenswert. (SH)

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