Rezension zu Kinder brauchen Männer

Perspektive Mediation. Beiträge zur Konfliktkultur 1/2016

Rezension von Sabine Zurmühl

Gute Väter und böse Männer?

Hier wird in einer Reihe von Aufsätzen die große Frage angegangen, wie eigentlich das Männerbild und die Männererfahrung für Kinder in unserer Gesellschaft vermittelt wird. Die beiden Herausgeberarbeiten am Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung der Universität Innsbruck und haben für diesen Band ein früheres Heft der Zeitschrift psychosozial (Nr. 126 von 2011) noch einmal aktualisiert und ausführlicher gestalten lassen. Auch wenn die Hauptrichtung der Beispiele sich auf die öffentliche Erziehung in Kindergarten, Hort und Schule durch männliche Bezugspersonen bzw. ihre Wünschbarkeit bezieht, so kommen doch sehr interessante und in ihrer Konflikthaftigkeit aktuelle Fragestellungen zur Sprache: von »Fragmentierten Vaterschaften« ist die Rede, die die Gegenwart verlässlicher Leitbilder vermissen lassen vor dem Hintergrund der These, dass viele Männer ihre Väterlichkeit aufgrund eigener Bedürftigkeit und gesellschaftlicher Verführungen nicht leben und zu vermitteln imstande sind. (Hans-Gert Metzger). Daneben wird der Begriff der »Public Fathers« von Josef Christian Aigner entwickelt: »Wie werden Männer – mächtige, alltäglich bestimmende, Angst machende, freundlich zugewandte usw. – in der Öffentlichkeit wahrgenommen...?« Wie kann eine positive Väterlichkeit (wieder neu?) entstehen, nachdem durch den letzten Weltkrieg und die Entwertungen bzw. Abwesenheiten der Väter eine konstruktive Suche nach einem anderen Männerbild (auch nach Mitscherlich immer noch) notwendig scheint. Dies auch auf dem Hintergrund einer möglichst gelingenden Triangulierung als Stützung der kindlichen Entwicklung.

Die feministische Debatte hat das Verdienst, für Abwertungen und blinde Flecke im Bereich der Geschlechterwahrnehmung zu sensibilisieren. Die Genderdebatte auch dieses Buches bezieht inzwischen das gegebene bzw. vermittelte Männerbild in seinen Aufgaben und auch seinem Versagen (selbst)kritisch mit ein. Wer Familienmediationen erlebt und in diesem Feld arbeitet, weiß um die so heikle und so unterschiedlich praktizierte Gegenwart der Väter mit den Kindern nach einer Scheidung. Aber auch für andere Konfliktfelder ist die Wachsamkeit gegenüber den darin wirkenden Geschlechterbildern, im Selbstverständnis der jeweiligen Männer und Frauen und in der angezielten Aussenwirkung von kaum zu überschätzender Wichtigkeit. Die Lektüre dieses Bandes ist anregend und lohnend, sowohl für die Selbstwahrnehmung als auch für eine größere Wachheit im Bezug darauf, wie Männer sich zeigen, wie sie auf die neue Generation Einfluss nehmen können und wollen und sollten.



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