Rezension zu Kinderschutz in der frühen Kindheit

Punktum. Zeitschrift des Schweizerischen Berufsverbandes für Angewandte Psychologie, September 2015

Rezension von Hansjörg Abegglen-Pfammatter

Hilfreicher Leitfaden
Edelhard Thoms et al.: Kinderschutz in der frühen Kindheit

Wenngleich Gefühle von Glück und Erfüllung werdender oder bereits gestandener Mütter und Väter das Erleben ihres Elternseins mit ihren Säuglingen und Kleinstkindern vermutlich dominieren dürften – Beispiele von anderem Empfinden, welches mitunter sogar in tödliche Verhaltensweisen mündet, machen offenbar, dass Kinder und ihre Familien mit ihren Schutzbedürfnissen nicht früh genug begleitet, rechtzeitig geschützt oder vor Schaden bewahrt werden konnten. Die Autorinnen greifen genau diesen Aspekt auf, indem sie handlungsleitende Überlegungen in Bezug auf den Kinderschutz vorlegen und in Ergänzung bewährter Konzepte die spezifischen Entwicklungs- und Beziehungsbedürfnisse von Kleinstkindern und ihren Familien in den Fokus einer interdisziplinären Betrachtungs- und Vorgehensweise stellen. Der dafür gewählte Kapitelstrang ist knapp gehalten und inhaltlich einladend. So wird im einleitenden Abschnitt der Themenfächer aufgespannt und in die gesetzlich-rechtliche Basis früher Hilfen eingeführt. Hier wird auch erklärt, dass die Publikation, der Tradition der »Gesellschaft für seelische Gesundheit in der frühen Kindheit« folgend, als Diskussionsbeitrag für den ganzen deutschsprachigen Raum dienen soll.

Das erste Kapitel thematisiert den Kinderschutz in der frühen Kindheit, indem die besonderen Schutzbedürfnisse von Säuglingen und ihren Familien, präventive Aspekte und insbesondere rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen erörtert werden. Das zweite Kapitel bespricht spezifische Merkmale in der kindlichen Entwicklung einerseits, Variablen, die eine gesunde Entwicklung und/oder das Wohl von Kleinstkindern beeinträchtigen, andererseits und schliesslich Aspekte, welche die Kleinsten in Belastungssituationen stärken und/oder schützen können. Dass Kinderschutz eine von verschiedenen Fachdisziplinen verantwortete und in Interdisziplinarität verstandene Angelegenheit sein sollte, wird im dritten Kapitel unterstrichen. Viertens werden wichtige Grundsätze und Bedingungen für wirksamen Kinderschutz, Kontroll- und Unterstützungsmechanismen, Hilfsmittel und -massnahmen sowie die wichtige Frage rund um die Geheimnispflichten und die Weitergabe(-Pflicht) von Informationen dargelegt. Kriseninterventionen, Fremdplatzierungen und andere Interventionen für den Schutz und die Unterstützung von Kleinstkindern werden im fünften, die »Kunst interdisziplinärer Arbeit« im sechsten Kapitel behandelt.

Insgesamt dürfte dieses Büchlein Fachpersonen in der Praxis mit seiner knappen, mit Informationen dicht geführten Form als nützlicher Leitfaden für die Praxis begeistern. Die eingestreuten Fallbeispiele machen das Behandelte lebendig. Offene Fragen und weiterführendes Wissen können anhand der vielen hilfreichen Aufzählungen, Verweise und Verknüpfungen angegangen werden. Hingegen beziehen sich Abschnitte zu juristischen Erörterungen, sozialen Institutionen und Vernetzungspraktiken auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland. Da es sich bei dieser Publikation um die deutsche Bearbeitung der schweizerischen Originalfassung handelt, sei in diesem Zusammenhang auf die Originalquelle verwiesen: Mahrer, M., Meier, P., Mögel, M., Pedrina, F., Ryf, E., & Simoni, H. (2007): Kinderschutz in der frühen Kindheit. Zürich: GAIMH, Regionale Arbeitsgruppe der GAIMH. Online verfügbar unter www.gaimh.org > Publi-kationen > Kinderrechte.

Hansjörg Abegglen-Pfammatter, Psychologe SBAR für Psychotherapie sowie Kinder- und Jugendpsychologie


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