Rezension zu Sozialwissenschaftlich fundierte Beratung in Pädagogik, Supervision und Sozialer Arbeit (PDF-E-Book)

Zeitschrift für Individualpsychologie, 41. Jahrgang 4/2016

Rezension von Jürg Frick

Lesen Sie hier Ausschnitte aus der Rezension:

»Vorweg: Wer die 159 Textseiten genau liest und durchdenkt, wird mit sehr vielen wichtigen Erkenntnissen, Anregungen und Aha-Erlebnissen belohnt – so jedenfalls erging es dem Rezensenten. Aus der Fülle des Textes hier einige ausgewählte Splitter.«

»Die Autorin, Katharina Gröning, ist Professorin an der Fakultät für Erziehungswissenschaften an der Uni Bielefeld und plädiert für eine Beratung als eigene, nicht-therapeutische Profession im Feld der Bildung, der Sozialen Arbeit, der Pädagogik in der Berufsbildung und Berufsberatung sowie in der Supervision. Die Beratung als Profession folge mehrheitlich einem klinischen Modell und vernachlässige dabei sowohl gesellschaftliche als auch sozialwissenschaftliche Erkenntnisse.«

»Die heutige Suche nach schnellen Lösungen (Stichwort: lösungsorientiert) droht Beratung zu normalisierenden, instrumentellen, gouvernementalen Handlungen zu degradieren. Gröning kritisiert zu Recht die bisherige Fokussierung auf die methodische Dimension von Beratung (Stichwort Methodenvielfalt), Beratung gerät in Gefahr, als Ordnungsfunktion verstanden zu werden: die Klienten und Klientinnen werden bei Beratungen in Ämtern immer häufiger zu stetiger Leistungssteigerung, zu Anpassung gezwungen (Normalismus).«

»In einem weiteren Teil des Buches hat die Autorin wichtige Gründerinnen und Exponentinnen der Beratung und Supervision (Frommann, Thiersch, Aurin, Leuschner) in der Bundesrepublik befragt und ihre Ansätze in ihre Darstellung integriert, so etwa die Definition einer auf Anerkennung beruhenden beraterischen Beziehung, die Personenzentrierung, die Bedeutung des Dreieckskontraktes.«

»Techniken des helfenden Gesprächs zu erlernen ohne die dahinterliegende Theorie zu vertreten, hält sie für einen schwerwiegenden Beratungsfehler. Auch die häufige Praxis, Diagnosen ausschliesslich mittels Tests zu stellen, ohne die Tests an den Beratungsprozess anzukoppeln, kritisiert Gröning scharf.«

»Weitere Aspekte, die Gröning behandelt, sind: die Lebenslaufstrukturanalyse, die Lebenslageanalyse, die Habitusanalyse in Anlehnung an Bourdieu, die Beratung unter dem Gesichtspunkt als geschützter und besonderer Raum, die Bedeutung der Einstellung und des Klientenbildes der Beratungsperson, der Kontrakt und das Arbeitsbündnis unter gleichwertigen Partnern, sowie die Deutungsmuster zugunsten von Refiexivität zu erweitern und zu überwinden, denn ›gute Beratung heißt also zuallererst und konsequent reflexiv zu denken« (S. 156).‹«

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