Rezension zu Unterwegs in der Fremde
Psyche, 70. Jahrgang, Heft 9-10, September-Oktober 2016
Rezension von Sieglinde Eva Tömmel
Lesen Sie hier Ausschnitte aus der Rezension:
»Gegen das Flüchtlingsproblem scheint die ganz ›normale‹ Migration
in den Hintergrund zu treten; im Verlauf der Lektüre des
Sammelbandes zeigt sich jedoch, wie sehr Migrationsschicksale sich
gleichen können. Es ist zu vermuten, dass die ausgewählten und mit
Sorgfalt dargestellten Fallgeschichten von Patienten, die eine
Migration hinter sich haben, von eher privilegierten Menschen
handeln, denen nämlich, die Hilfe suchten und fanden. So berichtet
das Buch nur von einem winzigen Ausschnitt dessen, was an Schmerz
und Leid von Migranten möglich und wahrscheinlich ist, von der
sprichwörtlichen Spitze des Eisbergs oder dem Fenster, das den
Blick auf ein Meer von Schmerz und Leid freigibt. Den Autoren und
insbesondere den Herausgebern des vorliegenden Buches ist zu
danken, dass sie sich durch die Niederschrift von
Migrantenschicksalen dieser Schwierigkeit gestellt haben. Und nicht
nur die Herausgeber, sondern auch eine größere Anzahl der Autoren
haben das Schicksal der Migration selbst erfahren.«
»Im zweiten Abschnitt, im Rahmen der Darstellung ihrer
Supervisionsarbeit, gelingt es Ilany Kogan allerdings tatsächlich
weit jenseits dessen, was durchschnittlich erwartbar ist, die
Aufhebung von Blockaden eines Therapeuten innerhalb eines
Therapieprozesses mittels psychoanalytischer Feinarbeit
aufzuzeigen. Im Abschnitt »Psychotherapie mit Flüchtlingen« ist
auch ein informativer Aufsatz von Sebastian Kudritzki zu finden,
der vor dem mit empirischen Befunden belegten gesellschaftlichen
Hintergrund klar die Schwierigkeiten beschreibt, die in der Arbeit
mit unbegleiteten Jugendlichen entstehen.«
»Insgesamt ist der Sammelband bestens geeignet, sich sowohl
bezüglich der Schwierigkeiten als auch der Schönheiten und
Verdienste der psychoanalytischen Behandlung von Migranten einen
guten Überblick zu verschaffen. Die gelingenden Behandlungen geben
zu vorsichtigem Optimismus Anlass; aus den Schwierigkeiten leiten
sich Lernprozesse ab. Nicht zuletzt fällt die frappierende
Ähnlichkeit von Migrantenschicksalen mit jenen ins Auge, die uns
aus der alltäglichen psychoanalytischen Praxis ohnehin bekannt
sind: denn die Psychoanalyse ist, wie Freud sagte, nach wie vor
weder schwarz noch rot, sondern fleischfarben.«
Die vollständige Besprechung finden Sie im digitalen
Klett-Cotta-Archiv der Psyche:
www.volltext.psyche.de