Rezension zu Wenn Sex schmerzt
Weiberdiwan – Die feministische Rezensionszeitschrift, Sommer 2016
Rezension von Lena Hemetsberger
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
Julia Riegler legt mit diesem Buch eine umfangreiche, detaillierte
und hochinteressante Studie vor, welche die Thematik der
chronischen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr aus dem Blickwinkel
einer feministischen Wissenschaftskritik analysiert. Grundsätzlich
beschäftigt sie hierbei die Frage: Wie entstehen sexuelle Normen,
die schmerzhafte Erfahrungen beim Geschlechtsverkehr bedingen
können? Sie präsentiert biografische Einzelstudien, welche durch
die Befragung mit Frauen entstanden, die sich von der Thematik
»Schmerzen beim Sex« betroffen fühlten. Zentral für ihre
Fragestellung ist unter anderem die Tatsache, dass ein Großteil der
befragten Frauen angab, weiterhin eine koitale Praxis
aufrechterhalten zu haben, obwohl sie diese als schmerzhaft
empfanden. Es wird bei den Betroffenen davon gesprochen, keine
»richtige Frau« mehr zu sein und sich »geschlechtslos« zu fühlen,
wenn die Involvierung in eine koitale Praxis nicht mehr möglich
wäre. Chronische Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können laut
Riegler nicht isoliert von der sozialen Praxis der heteronormativen
Sexualität betrachtet werden. Auch die Dynamiken der
partnerschaftlichen Interaktion innerhalb der Konstruktion der
heterosexuellen Mann-Frau Partnerschaft müssen herangezogen
werden.
In diesem Rahmen entstand spannender, empfehlenswerter Lesestoff
für ExpertInnen und Laien, welcher die Ordnung heteronormativer
Geschlechterverhältnisse in Frage stellt und das Phänomen der
chronischen koitalen Schmerzen in ein neues Licht rückt.
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