Rezension zu Frauen- und Männerbilder im Kino
35 Millimeter – Das Retro-Film-Magazin, 12/2015
Rezension von Daniel Kotowski
Wie der Titel schon vermuten lässt, drehen sich die verschiedenen
wissenschaftlichen Texte in dem Sammelband um den Film »Es war
einmal« (»La Belle et la Bete«, 1946) von Jean Cocteau. Bei dem
Film handelt es sich um eine Adaption des Märchens »Die Schöne und
das Biest«. Die Geschichte sollte soweit bekannt sein und für die
Beschäftigung mit dem Sammelband wäre es empfehlenswert, den
Filmklassiker von Cocteau gesehen zu haben. Zwar sind einige der
Texte mit Screenshots aus dem Film versehen, doch zum besseren und
dezidierten Verständnis ist eine Sichtung des Films nahezu
unumgänglich. Allgemein gesprochen stehen die einzelnen Texte des
Sammelbandes unter der Fragestellung der Gender- und insbesondere
der Männlichkeitskonstruktion im Film »La Belle et la Bête«. Die
interdisziplinären Beiträge aus Psychoanalyse, Literatur- und
Filmwissenschaft zeigen, wie im Film unterschwellige Themen von der
sexuellen Entwicklung bis zur Krise der Männlichkeit verhandelt
werden. Herausgeber des Buches ist Prof. Dr. Andreas Hamburger, der
Professor an der International Psychoanalytic University in Berlin
ist und sich nebst anderen Forschungsschwerpunkten mit Literatur-
und Filmpsychoanalyse beschäftigt. Er selbst ist in dem Buch mit
zwei Texten vertreten. Zum einen sorgt Hamburger in seiner
Einleitung für einen allgemeinen theoretischen Unterbau, indem er
wichtige Thesen zu Männer- und Frauenbildern im Kino zusammenfasst.
Zum Anderen ist sein mit gut 50 Seiten äußerst ausführlicher Text
»Schöne Biester: Zur Motivgeschichte und Filmpsychoanalyse von Jean
Cocteaus La Belle et la Bête« der vielleicht spannendste Beitrag
des Bandes. Mit vielen Bildern und Filmstills bestückt, weist
Andreas Hamburger – unter Einbezug eines Literatur- und
kunsthistorischen Diskurses – die Dekonstruktion hegemonialer
Männlichkeit in Cocteaus Inszenierung auf. Weitere Beiträge im Band
stammen von Christine Kirchhoff, Marianne Leuzinger-Bohleber,
Wolfgang Mertens, Andreas Rost und Andrea Sabbadini.