Rezension zu Handbuch Mentalisieren
Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie Nr. 1/2016 (Februar)
Rezension von Thomas Bolm
Das starke Interesse am Mentalisierungskonzept hat die letzten
Jahre dazu geführt, dass endlich auch im deutschsprachigen Bereich
die entsprechende Originalliteratur in Übersetzungen zugänglich
gemacht wurden. Dies gilt auch für das 2012 erschienene »Handbook
of Mentalizing in Mental Health Practice«, herausgegeben durch
Anthony Bateman und Peter Fonagy.
Schon im Titel ist der weitgefasste Anspruch dieses Buches
erkennbar. Wie die Herausgeber im Vorwort betonen, macht die
Aktivität des Mentalisierens schliesslich unsere Menschlichkeit
aus. Sie versammeln folgerichtig in diesem Handbuch sowohl
theoretische Beiträge als auch Aufsätze, die in die breite
klinische Anwendbarkeit einführen. Wem die Arbeiten zur
Mentalisierungsbasierten Therapie (MBT) von Borderline-Störungen
bekannt sind, der wird hier auf reichhaltige Anregungen zur
Erweiterung des Anwendungsspektrums des Mentalisierungskonzepts
stossen.
Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, von denen sich der erste der
klinischen Praxis, insbesondere verschiedenen Settings, der zweite
Teil den wichtigsten spezifischen Anwendungen widmet. Schon die
theoretische Einführung repräsentiert die Entwicklung, welche die
Autoren im letzten Jahrzehnt gemacht haben. Die Darstellung hat
gegenüber den früheren Veröffentlichungen deutlich an Klarheit der
Gedanken und Formulierungsschärfe gewonnen, was sicherlich zur
Verständlichkeit der Folgekapitel beiträgt. Einzel- und
Gruppensetting, Familien- und Kinderpsychotherapie, Kurzzeit-,
ambulante und teilstationäre Behandlung sowie die Einbettung in
stationäre psychodynamische Psychotherapie werden dargestellt. Im
speziellen Teil widmet sich das Handbuch der Borderline-Behandlung
und den Adaptionen für antisoziale Persönlichkeitsstörungen, die
Arbeit mit Risikomüttern, für Essstörungen, Depression, Trauma,
Drogensucht und die Arbeit mit Adoleszenten.
Wer in diesem breiten Spektrum wertvolle Anregungen sucht, wird
nicht enttäuscht. Die Länge der Kapitel ermöglicht ein gutes
Grundverständnis der einzelnen mentalisierungsbasierten
Anwendungen, zahlreiche Vignetten erläutern nachvollziehbar das
praktische Vorgehen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit diesem Handbuch ein
bestmöglicher Überblick über das Mentalisierungskonzept und das
breite Spektrum seiner Anwendungen gelungen ist. Zur Vertiefung von
Theorie und Praxis, etwa mit dem Wunsch der klinischen Umsetzung,
ist aber vertiefende Literatur empfehlenswert, welche Haltung und
Interventionstechnik noch detaillierter verdeutlichen.