Rezension zu Frauen- und Männerbilder im Kino
Literaturkritik.de Nr. 3, März 2016
Ein von Andreas Hamburger herausgegebener Sammelband beleuchtet die
Genderkonstruktionen in »La Belle et la Bête« von Jean Cocteau
Drei Autoren und ebenso viele Autorinnen gehen in dem von Andreas
Hamburger herausgegebenen Sammelband »Frauen- und Männerbilder im
Kino« den Genderkonstruktionen in Jean Cocteaus 1946 auf die
Leinwand gelangter Literaturverfilmung »La Belle et la Bête« nach,
die bekanntlich auf dem gleichnamigen, nahezu 200 Jahre zuvor
verfassten Märchen der französischen Erzieherin und Verfasserin
zahlreicher Werke der Kinder- und Jugendliteratur Jeanne-Marie le
Prince de Beaumont fußt.
Ziel der Beitragenden des reich bebilderten Bandes ist es
herauszuarbeiten, wie der ebenso dem Märchen- wie dem Horror-Genre
zuzurechnende Film, dessen zentrales Thema auf das »antike
Tierbräutigam-Motiv« zurückgeht, »unterschwellige Themen von der
sexuellen Entwicklung bis zur Krise der Männlichkeit« vor dem
Hintergrund der nach Weltkrieg und Holocaust »abgewirtschafteten
hegemonialen Männlichkeit« verhandelt.
Der Herausgeber hat vier der Beiträge in zwei Rubriken aufgeteilt,
deren erste sich den »Beauties« und deren zweite sich den »Beasts«
widmet. Die praktizierende Psychoanalytikerin Andrea Sabbadini geht
in ihrem Aufsatz mit dem Titel »La Belle, La Bête et la Rose« dem
Motiv der Rose in Cocteaus »Kultfilm« nach, während Christine
Kirchhoff, Juniorprofessorin für psychoanalytische
Kulturwissenschaft, ihren Text unter das David-Bowie-Zitat »You
can’t say no to the Beauty and the Beast« stellt und sich vom
»triumphalen Happy End« des Films enttäuscht zeigt. Die Professorin
für Psychoanalyse Marianne Leuzinger-Bohleber erörtert hingegen
unter der Assoziationen zu den Märchen der Gebrüder Grimm
evozierenden Überschrift »Es war einmal … die Schöne und das
Biest«, ob es sich bei dem cineastischen Werk Cocteaus
möglicherweise um einen »surrealistischen Überlebensversuch«
handelt. Der Kulturhistoriker und Filmwissenschaftler Andreas Rost
stellt »animalische Erotik und gezähmte Wildheit« einander
gegenüber, indem er sich weniger der (hegemonialen) Männlichkeit
als vielmehr »sehnsüchtigen Frauen im Bestiarium der
Filmgeschichte« widmet und dabei den Blick zugleich über Cocteaus
Werk hinaus auf andere bekannte Horrorfilme wie etwa »King Kong und
die weiße Frau« (1933) oder Francis Ford Coppolas »Dracula« (1992)
richtet.
Den beiden Hauptteilen vorangestellt hat der lehrende und
praktizierende Psychoanalytiker Hamburger zwei nicht rubrizierte
Aufsätze über das Verhältnis seiner Disziplin zum Film, von denen
er einen selbst verfasst hat. In ihm stellt er unter der
Überschrift »Schöne Biester« Überlegungen »zur Motivgeschichte und
Filmpsychoanalyse von Jean Cocteaus ›La Belle et la Bête‹« an,
während der emeritierte Professor für Klinische Psychologie
Wolfgang Mertens im anderen die »Möglichkeiten und Grenzen« der
»psychoanalytischen Filminterpretation« auslotet.
www.literaturkritik.de