Rezension zu Handbuch Mentalisieren
Beratung Aktuell. Zeitschrift für Theorie und Praxis in der Beratung Jahrgang 17, 1/2016
Rezension von Rudolf Sanders
Mentalisieren wird als die Basis sämtlicher psychotherapeutischer
Behandlungsmethoden verstanden, weil es im Kern um die grundlegende
menschliche Fähigkeit geht, die eigene wie auch die fremde Psyche
als Psyche zu begreifen. Denn dysfunktionales, zu Störungen des
Selbsterlebens führendes Mentalisieren ist nicht selten die
Ursache, sich in nahen Beziehungen, in einer Partnerschaft, in der
Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz in den Interaktionen gekränkt
oder verletzt zu fühlen. Dieses führt dann häufig zu unangemessenen
Reaktionen. Deshalb bietet dieser Ansatz für Beratungsprozesse und
darüber hinaus für alle psychotherapeutischen Begegnungen einen
wichtigen Schlüssel dafür, zu befriedigenden Beziehungen zu
gelangen. Denn nach Ansicht der Autoren macht die Aktivität des
Mentalisierens unsere Menschlichkeit aus. Sie ermöglicht, eigene
und fremde mentale Zustände zu beachten, zu beobachten und zu
berücksichtigen. Das führt dazu, eigene Handlungsweisen ebenso wie
das Verhalten anderer Menschen mit Blick auf zugrundeliegende
intentionale innere Zustände zu verstehen. Deshalb kann es ohne das
Mentalisieren kein stabiles Selbstwertgefühl geben, keine
konstruktive soziale Interaktion, keine Wechselseitigkeit und
Gemeinsamkeit in Beziehungen und kein Gefühl der persönlichen
Sicherheit.
Das vorliegende Sammelwerk bietet den aktuellen wissenschaftlichen
Stand zum Thema. Es gliedert sich in einen ersten Teil mit der
klinischen Praxis zu Themen wie dem Grundmodell in der
Einzelpsychotherapie, Kurzzeittherapie oder auch der
mentalisierungsbasierten Familientherapie. In einem zweiten Teil
werden spezifische Anwendungen, wie etwa bei der Behandlung der
Borderline-Persönlichkeitsstörung, bei Essstörungen oder die
Bedeutung des Mentalisierens für Risikomütter mit Babys und
Kleinkindern vorgestellt